Schlagwort: Wahlen

  • Wahlen in Indien – Über Hindunationalismus & die Regierung unter Modi

    Warum ist es so wichtig, dass wir uns mit den Wahlen in Indien beschäftigen? Und was droht Minderheiten und der Demokratie, wenn Premierminister Modi und seine Partei BJP wiedergewählt werden?

    In dieser Folge sprechen wir mit Rohit. Er hat afghanische Wurzeln, ist Sikh und ist in Indien aufgewachsen. Rohit erzählt uns, warum er besorgt über die politische Lage in Indien ist, wie er auf die sich verändernden südasiatischen Communities in Deutschland blickt und wie Aktivismus aus der Diaspora aussehen kann. Außerdem haben wir Sprachnachrichten von Dunya und Mathias, den Hosts vom Podcast „Milliarden Stimmen“ bekommen, die uns erklären, wie die Wahlen aktuell ablaufen und wie sich der Hindunationalismus in Indien etabliert hat.

    Infos zu Milliarden Stimmen findet ihr hier.

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  • Kazım Abacı: „Wir wollen, dass die Stadt zusammenhält“

    Hallo Herr Abaci, welche migrations- und integrationspolitischen Schwerpunkte setzt die SPD mit Blick auf die kommende Bürgerschaftswahl gerade in Hamburg? 

    In Hamburg haben 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung eine Migrationsgeschichte und jedes zweite Kind kommt aus einer Zuwanderer-Familie. Wir möchten dafür sorgen, dass alle Menschen die gleichen Chancen auf Teilhabe haben. 

     

    In welchen Bereichen ist eine gerechte Teilhabe für Einwander*innen besonders wichtig?

    Wenn wir über Integration sprechen, dann sprechen wir über ein Querschnittsthema. Da geht es um Kitas und Familienpolitik, aber genauso um die Schulen, soziale Fragen und den Arbeitsmarkt – Vieles kommt zusammen. Die SPD hat 2013 ein Integrationskonzept entwickelt, indem Ziele formuliert wurden. Darin geht es zum Beispiel um gerechte Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

     

    Was hat sich seit 2013 denn in Sachen Bildung getan?

    Es gibt eine kostenlose und flächendeckende Kitabetreuung. Davon profitieren alle Kinder, insbesondere aber die aus sozial schwierigen Lagen und aus Zuwanderer-Familien. Außerdem gibt es an den Schulen eine Nachmittags-Betreuung mit Nachhilfeunterricht. Diese Maßnahmen haben dazu geführt, dass auch Kinder mit Migrationshintergrund in der Schule weitergekommen sind. Aber auch im Bereich der Ausbildung, wollen wir keinen jungen Menschen zurücklassen. Wir haben mithilfe der Jugendberufsagenturen dafür gesorgt, dass sie entweder eine berufliche Ausbildung machen oder ein Studium. Die Zahlen zeigen, dass wir mit unserem Konzept schon weit sind.

     

    Welche Rolle schreiben sie den vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Hamburg zu?

    Speziell bei der Integration von Geflüchteten hat die Zivilgesellschaft immer eine sehr wichtige Rolle gespielt, deshalb vernetzen wir uns mit ihnen und haben mehrere Projekte gefördert.

     

    Kann die Finanzierung solcher Organisationen, mit Blick auf den Haushalt, aufrechterhalten werden? 

    Was die Initiativen angeht, die von hamburgischen Landesmitteln finanziert werden, prüfen wir natürlich immer wieder, ob die Projekte gut angenommen werden. Diese wollen und werden wir weiterhin finanzieren.

     

    Und Projekte, die vom Bund finanziert werden?

    Was diese Projekte angeht, ist es in der Tat ein bisschen unsicher. Da schauen wir natürlich auch genau hin und werden uns als Hamburg dafür einsetzen, dass im Bereich der Integration keine Kürzungen vorgenommen werden. Aber ob wir uns durchsetzen können, müssen wir abwarten. 

     

    Gibt es auch Auswirkungen auf die Unterbringung von Geflüchteten?

    Der Wohnungsmarkt ist kein einfaches Thema, und zwar nicht nur in Hamburg, sondern in vielen Metropolen. Denn wir haben natürlich nicht nur Flüchtlinge, die hier wohnberechtigt sind, sondern auch andere Menschen. Deshalb wollen wir weiterhin viel bauen, sodass auch diese Menschen eine Wohnung bekommen. Auf der anderen Seite gibt es aber eine Flächenproblematik. Deshalb ist das Unterbringen von Flüchtlingen immer eine Herausforderung.

     

    Wie sieht es mit der geplanten Unterkunft für queere Geflüchtete in Hamburg aus?

    Es ist wichtig, Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge, die queer sind oder einen anderen spezifischen Bedarf haben, zu schaffen. Insgesamt wollen wir, das jede*r ein Dach über den Kopf hat, aber auch, dass möglichst viele schnell in den Wohnungsmarkt integriert werden.

    Für die Integration wäre es besser, wenn man nicht 100 Menschen in einer Unterkunft hat, sondern in kleinere Wohneinheiten unterteilt.

     

    Was sagen andere Stimmen aus der Bürgerschaft zu diesem Vorhaben?

    Es gibt in Hamburg auch politische Kräfte, die versuchen, Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen. Die fragen, warum Flüchtlinge Wohnraum bekommen, und Deutsche benachteiligt werden. Als SPD fahren wir eine Politik, die alle Menschen im Blick hat. Wir wollen, dass die Stadt zusammenhält. Dazu gehört auch, dass möglichst viele Menschen Zugang zu bezahlbarem Wohnraum haben.

     

    Was ist die größte migrationspolitische Herausforderung der Hamburger SPD abseits der Wohnthematik?

    Integration läuft nur dann gut, wenn die Sprache gesprochen wird und die Menschen eine Beschäftigung haben. Deshalb ist es eine wichtige Herausforderung, Menschen, die eine Bleibeperspektive haben, schnellstmöglich und systematisch besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren – besonders Frauen. Wir wollen das Ganze verbindlicher machen und haben in unserem Regierungsprogramm angekündigt, dass wir ein Landesintegrationsgesetz bringen werden. Das wird die Grundlage unserer Integrationspolitik in Hamburg sein. 

     

    Gibt es auch Pläne, um mehr Fachkräfte anzuwerben?

    Auf der Landesebene nehmen wir die Fachkräfte-Einwanderung sehr ernst. Wir haben in Hamburg ein Welcome-Center, wo viele Behörden unter einem Dach zusammenarbeiten. Wir wollen dieses Center weiterentwickeln und entbürokratisieren, damit Unternehmer*innen aus dem Ausland schneller Arbeitskräfte nach Hamburg holen können. 

     

    Was wünschen Sie sich als Landespolitiker von der neuen Bundesregierung?

    Die Migrationspolitik ist überwiegend ein Bundesthema, denn die Gesetze in dem Bereich sind Bundesgesetze. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung bzw. die Parteien, die im Wahlkampf Migrationsdiskussionen negativ geführt haben, das erst mal ablegen und dann und rational und humanitär an die Sache rangehen. Migration heißt auch Arbeitsmigration und die brauchen wir aus demografischen und wirtschaftlichen Gründen.

    Die noch amtierende Bundesregierung hat das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz auf den Weg gebracht. Das ist ein Schritt in die Richtung einer modernen Einwanderungspolitik. Und im Bereich der Asyl- und Flucht sind wir humanitär und rechtlich verpflichtet, die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, aufzunehmen und zu versorgen. Gleichzeitig aber müssen wir auch dafür sorgen, dass „irreguläre“ Migration gesteuert wird und damit auch die Integrationskapazitäten, des Landes nicht überfordern. Diese Steuerung muss im Einklang mit europäischem Recht und auf der europäischen Ebene passieren und nicht im Alleingang. Das kann nicht funktionieren und das kann auch keine humanitäre Politik sein.

  • Migrantische Perspektiven zur Bundestagswahl: Die Spuren des Wahlkampfs

    „Wenn ich die Parteiprogramme durchlese, wird mir angst und bange“, berichtete Carmen Colinas vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften noch einige Wochen vor dem Wahlsonntag. Große Hoffnungen setzte sie sowieso nicht in den Regierungswechsel. In ihrer Arbeit begegnet sie häufig Familien, die bereits in zweiter, dritter oder sogar vierter Generation in Deutschland leben. Eltern berichten ihr, dass ihre Kinder aus der Schule heimkommen und plötzlich fragen, wie lange sie noch in Deutschland bleiben dürfen. Angst mache sich breit. Laut Colinas sei die Migrationsdebatte schon seit Jahren negativ belastet. Denn sie werde in der Politik meist als Problem dargestellt, und das führe dazu, dass viele wichtige Fragen unbeachtet blieben. Sie denkt dabei zum Beispiel an Paare, die sich im Ausland kennengelernt haben und nun gemeinsam in Deutschland leben möchten. „Wie sieht es aus mit Integrationskursen, mit Mehrsprachigkeit in der Schule oder mit dem Antirassismusbeauftragten des Bundes?“, fragt sie.

    „Die realen Probleme werden (…) kaschiert“

    In ihrer Bewertung der Wahlkampfthemen unterschieden sich Menschen mit Migrationshintergrund kaum vom Rest der Bevölkerung. Wie alle anderen sorgen sie sich im Moment vor allem um ihre finanzielle Lage, die Auswirkungen der Inflation und die gesetzliche Altersvorsorge. Dazu bereitet auch das Erstarken extremistischer Ansichten vielen Unbehagen.

    Die Politikwissenschaftlerin Simin Jawabreh kritisiert, dass Migration zum zentralen Wahlkampfthema gemacht wurde. Dadurch rücke der Fokus von anderen drängenden Problemen ab. „Das Thema wird zum Steigbügelhalter eines neuen Law & Order-Auftretens. Die realen Probleme werden damit kaschiert“, bemängelt sie. Fragen wie bezahlbare Mieten oder der Schutz sozialer Sicherungssysteme hätten dabei zu wenig Beachtung gefunden.

    Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes leben in Deutschland etwa 17,1 Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte – entweder sie selbst oder ihre Eltern sind nach Deutschland eingewandert. Von ihnen waren 7,1 Millionen auch stimmberechtigt. Im Schnitt leben diese wahlberechtigten Einwanderer*innen bereits seit 32 Jahren in Deutschland.

    Die Künstlerin Elif Çelik, Tochter türkischer Eltern, ist in Ulm aufgewachsen. In ihrer Kunst setzt sie sich mit den Auswirkungen gesellschaftlicher Bedingungen auf ihre deutsch-türkische Identität auseinander. Mit ihrer Malerei eröffnet sie einen Diskurs darüber, wie migrantische Menschen ständig unter Beobachtung stehen, weil sie nicht den Normen der Mehrheitsgesellschaft entsprechen. Das Erstarken der rechten Parteien bei der Bundestagswahl löst in ihr manchmal Auswanderungsgedanken aus. „Früher dachte ich oft, dass ich meine türkische Staatsbürgerschaft irgendwann ablegen würde, aber mittlerweile kommt das für mich nicht mehr infrage“, sagt die Doppelstaatlerin. Zwar gebe es auch in der Türkei repressive Strukturen, doch dort hätte sie zumindest eine Alternative, wenn es in Deutschland zu heikel werden sollte.

    „Es fühlt sich an wie ein Dolch im Rücken“

    Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) glauben Migrant*innen in Deutschland seltener daran, dass Politik und Wahlen ihre Lebensrealität verbessern können. Diesen Pessimismus beobachtet Çelik auch in ihrer Familie. Ihre Mutter, die als Kind türkischer Gastarbeiter*innen nach Deutschland kam, fühlt sich hier derzeit so unwohl wie noch nie. „Sie fühlt sich ausgenutzt“, sagt Çelik. Die Gastarbeiter*innen hätten maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufbau Deutschlands beigetragen, doch nun scheine es, als seien sie überflüssig geworden. „Es fühlt sich an wie ein Dolch im Rücken“, so Çelik.

    Als am Wahltag die ersten Hochrechnungen veröffentlicht wurden, lag die CDU deutlich vorne und auch die AfD erzielte das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Beide Parteien forderten in ihren Wahlprogrammen unter anderem die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft.
    Wenn Çelik sich ausmalt, wie ihr Leben unter einer streng konservativen Regierung aussehen könnte, unterscheidet sie allerdings zwischen Politik und Alltag: gesetzliche Änderungen bekomme man im Alltag oft erst später mit. Viel größere Sorgen bereiten ihr jedoch die gesellschaftlichen Veränderungen, die durch konservative Politiker*innen angestoßen würden. „Vielleicht werde ich in Zukunft an bestimmten Orten Angst haben“, überlegt sie. Laut einer DeZIM-Studie aus dem Januar dieses Jahres wächst bei vielen weiteren Migrant*innen die Sorge, Opfer von Gewalttaten zu werden. Besonders Menschen mit Wurzeln in der Türkei und der MENA-Region („Mittlerer Osten“ und Nordafrika) fürchten Rechtsextremismus stärker als andere Gruppen.

    Die Bundestagswahl fand in einer kritischen Phase für Deutschland statt. Damit möglichst viele der stimmberechtigten Migrant*innen ihre Stimme abgeben, hatte der Verein Mosaiq e.V. bereits zur Europawahl 2024 die Aktion „QWAHL“ ins Leben gerufen. Die Organisation setzt sich für die Belange von Muslim*innen ein und rief auch 2025 zur Wahlteilnahme auf. In einem Video auf ihrer Website erklärten verschiedene Menschen, warum es sich lohne, wählen zu gehen. Ein junger Mann erinnerte daran, dass das Wahlrecht in Deutschland nicht immer selbstverständlich war – viele Gruppen, darunter Frauen, Menschen aus der Unterschicht und Migrant*innen, mussten es erst erkämpfen. Historisch gesehen wurde die Mitbestimmung in der Gesellschaft also immer diverser. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Kunstszene wider. Çelik erinnert sich: „Anfangs fühlte ich mich dort wie ein Alien, aber vor Kurzem wurde ich gezielt von anderen jungen Migrant*innen eingeladen, um in der Bremer Kunsthalle auszustellen.“ Ihr Fazit: „Wir haben ein Mitspracherecht – und das gibt mir Hoffnung.“

     

    Das Bild zu diesem Beitrag stammt von der Künstlerin Elif Çelik. Sie sagt über das Kunstwerk: „Die Wahrnehmung der Wahlergebnisse in Deutschland erweckt in mir das Gefühl, dass alles auf dem Kopf steht. Dieses Gefühl spiegelt sich auch in meinen Bildern wider, vor allem dann, wenn ich mich in meinem Land nicht ganz zu Hause fühle. Erst während meiner Schulzeit wurde mir bewusst, wie groß die Verantwortung und Last ist, die ich trage, um meinen Privilegien gerecht zu werden. Als Kind von Migranten ist es keineswegs einfach, gesellschaftlich und akademisch aufzusteigen. Meine Kunstwerke drücken diesen inneren Zwiespalt und meine Fragen nach Zugehörigkeit aus.“

  • Duha und Hamza blicken auf ihre erste Bundestagswahl

    Für Duha und Hamza war die Entscheidung, nach Deutschland zu migrieren, nicht einfach. Wie viele Menschen, die aus Krisengebieten fliehen, suchten sie nicht nur nach Sicherheit, sondern auch nach einer Möglichkeit, ein neues Leben aufzubauen. Der Krieg in Syrien trieb sie beide in die Flucht, jeweils auf eine eigene Weise.

    Der Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft

    Duha Marati (28) ist Master-Studentin im Bereich Architektur und verließ Syrien vor zehn Jahren, als die Bombardierungen und willkürlichen Verhaftungen in ihrem Heimatland immer unerträglicher wurden. „Wir mussten unser Zuhause verlassen und flohen vor den heftigen Bombenangriffen“, erinnert sich Duha, die heute in einem Ingenieurbüro arbeitet, um ihr Studium zu finanzieren. In Deutschland angekommen, stellte sie fest, dass der Weg zu einem neuen Leben voller Herausforderungen war – angefangen bei bürokratischen Hürden über das Erlernen der deutschen Sprache bis hin zum Finden eines Arbeitsplatzes.

    Ähnlich erging es Hamza Nhile, (27), der als Bauingenieur bei der Deutschen Bahn arbeitet und einen Masterabschluss in Bauingenieurwesen besitzt. Auch er musste aufgrund des Krieges in Syrien mehrfach fliehen und sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, seine akademische und berufliche Laufbahn unter extremen Bedingungen fortzusetzen. „Vor meiner Ankunft in Deutschland musste ich innerhalb Syriens mehrfach fliehen, was dazu führte, dass ich mein Studium ein Jahr lang unterbrechen musste“, erzählt Hamza. „Als der Krieg eskalierte, verlor ich die Hoffnung, meine Ausbildung fortzusetzen, und sah in Deutschland die einzige Chance, dem Krieg zu entkommen und neu zu beginnen.“

    Jedoch war der Weg in die deutsche Gesellschaft nicht einfach. Duha und Hamza mussten ihre beruflichen Qualifikationen anerkennen lassen, sich mit den Herausforderungen des deutschen Arbeitsmarktes auseinandersetzen und die deutsche Sprache meistern – eine enorme Leistung, die sie beide schließlich erfolgreich bewältigten.

    Ein Moment der Zugehörigkeit

    Nach Jahren des Kampfes haben Duha und Hamza endlich die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Diese Anerkennung ihrer Anstrengungen ist für sie nicht nur ein bürokratischer Akt, sondern ein bedeutender Schritt in ihrem Leben. Für Duha bedeutet der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft vor allem eines: „Ich fühle mich sehr stolz und dankbar, die deutsche Staatsbürgerschaft nach zehn Jahren im Land erhalten zu haben. Ich betrachte mich nun als ein integraler Teil der deutschen Gesellschaft und habe das Recht, die Staatsbürgerschaft dieses Landes zu tragen, das mich aufgenommen hat.“ Ihre Worte sind von einer tiefen Dankbarkeit geprägt, die auf den Erfahrungen eines schwierigen Weges basiert.

    Auch Hamza zeigt sich stolz: „Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft nach diesem langen Weg der Anstrengung und Herausforderungen war eine wohlverdiente Belohnung.“ Die Jahre der Unsicherheit, der Sprachbarrieren und der Anpassung an eine neue Kultur, die oft als fremd empfunden wurde, sind nun Vergangenheit. Sie sind angekommen. Als deutsche Staatsbürger*innen haben sie nun nicht nur ein Stück Papier in der Hand, sondern auch das Gefühl, in der Gesellschaft und dem Land, das sie aufgenommen hat, einen festen Platz zu haben.

    „Ich bin stolz darauf, dass meine Stimme nun gehört wird und dass ich aktiv zur Gestaltung der Zukunft dieses Landes beitragen kann.“

    Mit der deutschen Staatsbürgerschaft kommt eine neue Verantwortung – und das Recht, an demokratischen Prozessen teilzunehmen. Für Duha und Hamza bedeutet die Teilnahme an der Bundestagswahl ein ganz besonderes Ereignis. Für Duha ist es eine Gelegenheit, ihre Stimme in der deutschen Politik zu erheben und aktiv zur Gestaltung der Zukunft dieses Landes beizutragen. „Es bedeutet mir sehr viel“, sagt sie. „Ich bin stolz darauf, dass meine Stimme nun gehört wird und dass ich aktiv zur Gestaltung der Zukunft dieses Landes beitragen kann.“

    Hamza teilt diese Begeisterung: „Es wird meine erste Wahl in einem demokratischen System sein, und ich bin sehr aufgeregt. Die Teilnahme an den Wahlen gibt mir das Gefühl, zur deutschen Gesellschaft zu gehören und meine Meinung zu äußern.“ Für Hamza ist es nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verantwortung, seine Stimme abzugeben und sich an der politischen Gestaltung der Gesellschaft zu beteiligen.

    Doch auch wenn der Moment der Wahl ein Anlass zur Freude ist, blicken beide mit einer gewissen Besorgnis auf die politischen Entwicklungen in Deutschland. Die zunehmende Unterstützung rechter Parteien und der wachsende Populismus bereiten sowohl Duha als auch Hamza Sorgen.

    Der Aufstieg rechter Parteien

    Ein Thema, das beide in den letzten Jahren zunehmend beschäftigt hat, ist der Aufstieg rechter und extrem rechter Parteien in Deutschland. In ihren Antworten auf die Fragen zu den aktuellen politischen Entwicklungen wird deutlich, dass Duha und Hamza nicht nur die politische Lage aufmerksam verfolgen, sondern auch eine klare Haltung zu den Herausforderungen und Gefahren eingenommen haben, die mit dieser Entwicklung verbunden sind.

     „Ja, ich habe echte Bedenken. Dieser Aufstieg verstärkt meine Motivation, aktiv an den Wahlen teilzunehmen, um der Ausbreitung extrem rechter Parteien entgegenzuwirken“, äußert sich Duha besorgt. Für sie ist der politische Diskurs rund um Migrant*innen und Geflüchtete oft von einer Sprache geprägt, die eine Feindseligkeit schürt und Spannungen verstärkt. Doch sie hofft, dass ihre Teilnahme an den Wahlen und die Stimmen anderer Migrant*innen einen positiven Einfluss auf das Wahlergebnis haben werden.

    „Ja, es gibt klare Bedenken wegen des Aufstiegs rechter extremistischer Parteien, die zu einer verstärkten Feindseligkeit gegenüber Migranten führen und Spannungen in der Gesellschaft schüren“, teilt Hamza diese Sorge. Auch er hat den Eindruck, dass politische Rhetorik in den letzten Jahren immer mehr auf Polarisierung setzt und Migrant*innen als Sündenböcke und Feindbild genutzt werden. Für ihn steht fest, dass die Teilnahme am demokratischen Prozess eine Möglichkeit ist, sich gegen diese Entwicklung zu stellen.

    Hoffnung auf Solidarität in einem vielfältigen Land

    Trotz der Herausforderungen, die sie während ihrer Zeit in Deutschland gemeistert haben, sind Duha und Hamza zuversichtlich, was die Zukunft des Landes betrifft. Ihre Erwartungen für Deutschland als neue Staatsbürger*innen sind optimistisch: Duha hofft, dass Deutschland ein Land bleibt, das für kulturelle Vielfalt offen ist. Ich hoffe, dass Deutschland ein offenes Land für verschiedene Kulturen bleibt und weiterhin Frieden und Stabilität genießt“, sagt sie. Auch Hamza teilt diese Vision. „Ich hoffe, dass Deutschland ein offenes, multikulturelles Land bleibt und dass die deutsche Wirtschaft ihre Stärke wiedererlangt, wovon alle profitieren können.“

    Für beide ist der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft nicht nur ein persönlicher Erfolg, sondern auch eine Verpflichtung, das Land aktiv mitzugestalten und positiv zu beeinflussen. Sie sehen sich als Teil einer Gesellschaft, die sich weiterentwickeln kann, wenn alle – einschließlich der Migrant*innen – ihren Beitrag leisten.

    Ihre Botschaft an andere Migrant*innen, die noch keine Staatsbürgerschaft erhalten haben, ist klar: „Arbeitet hart, um dies zu erreichen. Ein deutscher Reisepass zu haben, gibt ein großartiges Gefühl von Stolz und Zugehörigkeit.“ Hamza fügt hinzu: „Lernt die deutsche Sprache gut, haltet euch an die Gesetze und seid ein aktiver Teil der Gesellschaft. Es gibt viele Chancen, aber sie erfordern kontinuierliche Anstrengung und Arbeit, um erfolgreich zu sein.“

    Für das deutsch-syrische Paar ist die Teilnahme an den Bundestagswahlen ein Symbol für die Verwirklichung ihrer Träume und Anstrengungen. Ihre Geschichte ist nicht nur die einer Migration, sondern auch die einer erfolgreichen Integration in ein Land, das ihnen die Möglichkeit gegeben hat, ein neues Leben zu beginnen. Am heutigen Sonntag werden sie ihre Stimmen abgeben – für sich selbst, für die Gesellschaft, in der sie leben, und für die Zukunft Deutschlands.

     

  • Wie syrischstämmige Wahlberechtigte Deutschlands politische Zukunft mitbestimmen

    Ende 2023 lebten 1,3 Millionen Menschen mit syrischen Wurzeln in Deutschland, darunter 214.000 mit deutschem Pass. Durch das neue Einbürgerungsgesetz, das kürzere Fristen und die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht, dürfte die Zahl der Wahlberechtigten mit syrischer Migrationsgeschichte weiter steigen. 2023 erhielten 75.485 Syrer*innen die deutsche Staatsbürgerschaft. Selbst wenn die politische Debatte von strengeren Asylgesetzen und Rückkehrbewegungen geprägt ist, wächst mit jeder Einbürgerung ihr Gewicht im politischen Diskurs Deutschlands.

    Denn für viele syrischstämmige Menschen markiert die Einbürgerung das Ende des politischen Abseits: Endlich nicht mehr nur Zaungäste, sondern Mitgestaltende der Demokratie. Obwohl nicht alle politischen Kräfte sie willkommen heißen, ist eines klar: Keine demokratische Partei kann es sich leisten, diese Wähler*innengruppe zu ignorieren. Wer langfristig erfolgreich sein will, muss ihre Anliegen ernst nehmen.

    Was bewegt Wähler*innen mit syrischen Wurzeln?

    Lebensrealitäten, Erfahrungen und Werte prägen die politische Haltung aller Wähler*innen in Deutschland, auch der syrischstämmigen. Dabei spielen nicht nur kollektive Erfahrungen, sondern auch persönliche Überzeugungen eine Rolle.

    Viele Syrer*innen erleben soziale Unsicherheit im Alltag – von beengten Wohnsituationen bis hin zu prekären Arbeitsverhältnissen. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiten 75 Prozent der syrischen Erwerbstätigen in qualifizierten Berufen – doch oft unterhalb ihres Ausbildungsniveaus. Fragen nach sozialer Gerechtigkeit und fairen Arbeitsbedingungen sind deshalb für viele von hoher Relevanz und machen eher linke Parteien attraktiv. Mit wirtschaftlichem Aufstieg könnten in Zukunft auch konservativere Parteien stärker in den Fokus rücken.

    Erfahrungen mit Diskriminierung sind ein weiterer Faktor, der politische Einstellungen beeinflusst. Laut einer Bertelsmann-Studie haben 35 Prozent der Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland in den letzten zwölf Monaten Diskriminierung erlebt. Besonders bei der Arbeitssuche oder der Wohnungsvergabe berichten besonders muslimische Menschen von Benachteiligungen – weshalb Parteien, die sich für Antidiskriminierung und Minderheitenrechte starkmachen, in dieser Wählergruppe an Vertrauen gewinnen könnten.

    Auch Werte und Ideale sind prägend für die politische Orientierung. Die Flucht vor dem Assad-Regime hat zahlreiche Syrer*innen für soziale Gerechtigkeit und eine offene Gesellschaft sensibilisiert – Themen, die insbesondere progressive Parteien aufgreifen können. Gleichzeitig gibt es religiös geprägte Gruppen, darunter konservative Muslim*innen und christliche Minderheiten, die traditionellen Familienstrukturen große Bedeutung beimessen. Diese könnten sich stärker zu konservativen Parteien hingezogen fühlen.

    Parteien auf dem Prüfstand: Wem vertrauen syrischstämmige Wähler*innen?

    Demnach sind unterschiedliche Entwicklungen des Wahlverhaltens möglich – von einer stärkeren Neigung zu linken Parteien bis hin zu konservativen oder themenbezogenen Entscheidungen. Doch ein genauerer Blick zeigt bereits klare Tendenzen auf.

    So verdeutlicht eine aktuelle Studie des DeZIM-Instituts, dass sich Menschen mit Migrationsgeschichte häufiger als Menschen ohne Migrationsgeschichte Sorgen um ihre materielle Sicherheit, Wohnsituation und Altersversorgung machen. Diese Faktoren deuten darauf hin, dass soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stabilität für viele Wahlberechtigte mit syrischer Migrationsgeschichte zentrale Themen sind – und warum Parteien, die diese Aspekte priorisieren, besonders von ihrer Unterstützung profitieren.

    Befragte mit Bezug zur sogenannten MENA-Region (“Mittlerer Osten” und Nordafrika), zu denen auch syrischstämmige Wähler*innen gehören, nennen soziale Ungleichheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt häufiger als zentrale politische Herausforderungen. In Fragen sozialer Gerechtigkeit gelten SPD und Die Linke als besonders kompetent. Entsprechend sehen viele in der MENA-Gruppe die SPD als stärkste Partei, während auch Die Linke und das BSW hohe Zustimmung erhalten. Die AfD hat in dieser Wähler*innengruppe das geringste Potenzial, obwohl sie gezielt versucht, Menschen mit längerer Migrationsgeschichte für sich zu gewinnen, indem sie diese gegen neuere Migrant*innen ausspielt.

    Gleichwohl bedeutet programmatische Nähe nicht automatisch Vertrauen in das politische System. Das Misstrauen in Parteien ist bei vielen Wähler*innen verbreitet, insbesondere bei Wahlberechtigten mit Migrationsgeschichte. Sie fühlen sich vor allem in Wahlkampfzeiten umworben – und danach schnell wieder vergessen.

    Härtere Asylgesetze, schwindendes Vertrauen

    Eine zunehmend restriktive Migrationspolitik verstärkt dieses Misstrauen. Neben rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien setzen auch weite Teile der Union auf Abschottung und Härte.

    Friedrich Merz setzte jüngst seinen „Fünf-Punkte-Plan“ zur Migrationspolitik, der unter anderem Inhaftierungen ausreisepflichtiger Personen vorsah, mit den Stimmen der AfD durch. Mit diesem Manöver hat er die Brandmauer der politischen Mitte zur extremen Rechten eingerissen. Die dazugehörige Gesetzesvorlage, das „Zustrombegrenzungsgesetz“, scheiterte nur zwei Tage später knapp. Solche Strategien untergraben nicht nur das Vertrauen von Migrant*innen in etablierte Parteien, sondern beschädigen auch den Anspruch der Union, Volkspartei zu sein.

    Doch nicht nur AfD und CDU/CSU stilisieren Migration als Bedrohung – auch innerhalb der etablierten Regierungsparteien gewinnen restriktive Positionen zunehmend an Einfluss. Für syrischstämmige Menschen wirken diese Maßnahmen wie ein Angriff auf ihre Zukunft. Statt klare Orientierung zu bieten, senden Parteien widersprüchliche Signale: Einerseits betonen sie die Bedeutung der Integration, andererseits verschärfen sie Gesetze, die diese Integration erschweren.

    Neue Stimmen, alte Muster: Begreifen Parteien den Wandel?

    Wähler*innen mit syrischen Wurzeln sind keine homogene Gruppe, doch ihre politische Präsenz ist nicht mehr zu übersehen. Gleichwohl stehen sie den Parteien oft skeptisch gegenüber, da sie an ihrer Lösungskompetenz zweifeln – ein deutliches Signal an die Politik.

    „Ich habe Angst, mich für eine Partei zu entscheiden, und dann erfährt man am nächsten Tag, dass sie ganz andere Absichten hat. Ich glaube, viele Syrer denken wie ich, weil wir das Vertrauen in Politik und Parteien verloren haben“, erklärt Waed Boßler (29), eine Erstwählerin aus Nordheim in Baden-Württemberg.

    Auch Ukba Aldjmaideh aus Hannover (30), der erstmals in Deutschland wählt, teilt diese Skepsis: „Flüchtlinge, insbesondere aus Syrien, werden oft als Mittel zur Wählerstimmengewinnung benutzt, statt nachhaltige Lösungen für Integration zu schaffen.“

    Syrischstämmige Wähler*innen sind gekommen, um zu bleiben – und um mitzuentscheiden. Parteien müssen ihre realen Sorgen ernst nehmen und greifbare Lösungen bieten: von Arbeitsplatzsicherheit über Wohnraum bis hin zur Angst vor rechtsextremer Gewalt. Ebenso braucht es Plattformen und Formate für Dialog, Teilhabe und politische Sichtbarkeit, zum Beispiel im Austausch mit syrischen Vereinen und Selbstorganisationen.

    Denn viele syrischstämmige Wähler*innen möchten trotz mancher Vorbehalte mitgestalten und von ihren neuen demokratischen Rechten Gebrauch machen. Waed Boßler sieht die anstehende Bundestagswahl mehr als eine Pflicht: „Es ist ermutigend für uns, am politischen Prozess teilzunehmen und zu wissen, dass jede Stimme zählt. Das ist für uns ein wichtiger Schritt, um Veränderungen und die Vielfalt der Meinungen in unserer Gesellschaft zu repräsentieren.“

    Demokratische Parteien müssen die Möglichkeiten erkennen, die sich aus dem wachsenden politischen Engagement von Wähler*innen mit syrischen Wurzeln ergeben. Bleibt diese Chance ungenutzt, wäre das eine vertane Gelegenheit – nicht nur für die Parteien, sondern auch für die Demokratie.

     

  • Wie sich Wähler*innen informieren und entscheiden

    Für die Sozialarbeiterin Nour Al Zoubi ist das Wahlrecht nicht nur eine demokratische Pflicht, sondern auch ein persönlicher Erfolg. Als syrische Geflüchtete, die in Deutschland Sicherheit gefunden hat, ist sie durch Bildung und Integration deutsche Staatsbürgerin geworden. Sie sieht ihre doppelte Identität als Bereicherung – doch gleichzeitig hat sie in den letzten Jahren festgestellt, dass Migrant*innen und Geflüchtete in der Politik oft benachteiligt werden.

    Für viele Menschen, insbesondere für diejenigen mit Migrationsgeschichte, ist das Wahlrecht ein Privileg, das nicht selbstverständlich ist. Es bedeutet Mitbestimmung, Verantwortung und die Möglichkeit, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Wer wählt, trifft nicht nur eine Wahl für sich selbst, sondern auch für die kommenden Generationen.

    „Rechte Parteien gewinnen an Einfluss, und selbst demokratische Parteien rücken nach rechts, indem sie Migranten für gesellschaftliche Probleme verantwortlich machen“, kritisiert Nour. Dabei sieht sie die wahren Herausforderungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Arbeitsmarkt – Bereiche, in denen Deutschland dringend Lösungen braucht. Statt Migration als Chance zu begreifen, werde das Thema immer wieder für Wahlkampagnen missbraucht. Dennoch bleibt sie optimistisch: „Ich werde mein Wahlrecht nutzen und meine Stimme für eine gerechte Gesellschaft abgeben.“ Ihre Empfehlung ist klar: Linke Parteien setzen sich stärker für Menschenrechte und wahre Gerechtigkeit ein und sind daher für sie die beste Wahl.

    Auch Christina Kiefer, Lehrerin der Internationalen Klasse am Berufskolleg in Leverkusen, legt großen Wert darauf, gut informiert zu sein. Sie verfolgt politische Nachrichten, hört Podcasts und liest Wahlprogramme – auch in einfacher Sprache, um die Inhalte besser zu verstehen. Ein zentrales Hilfsmittel ist für sie der Wahl-O-Mat, der eine erste Orientierung bietet. Auch der Real-O-Mat wurde von vielen Menschen in diesem Jahr als Bereicherung für die Wahlentscheidung gesehen. Doch sie verlässt sich nicht nur auf digitale Tools: „Wichtig sind für mich auch Gespräche mit meinem Vater und meinem Mann über politische Fragen“, erklärt sie. Ihr Tipp für Neuwähler*innen: sich nicht nur oberflächlich mit Wahlprogrammen (Übersicht zu den asylpolitischen Vorhaben der Parteien und den außenpolitischen Plänen) zu beschäftigen, sondern gezielt nach Themen zu suchen, die einem selbst wichtig sind.

    Die Bundestagswahl ist mehr als ein politisches Ereignis – sie ist eine Entscheidung über die Zukunft des Landes. Jede Stimme zählt (so kannst du deine Stimme abgeben), und jede Wahlentscheidung trägt dazu bei, die gesellschaftlichen Weichen für die kommenden Jahre zu stellen.

    In Zeiten von Unsicherheit, wachsendem Populismus und gesellschaftlichen Spaltungen ist es wichtiger denn je, sich intensiv mit den Parteien auseinanderzusetzen, verschiedene Perspektiven zu betrachten und eine informierte Entscheidung zu treffen. Denn Demokratie lebt von Vielfalt – und diese Vielfalt beginnt an der Wahlurne.

    Hier findest du ergänzend Antworten auf die häufigsten Fragen zur Bundestagswahl in Einfacher Sprache.

  • Außenpolitik der Parteien zur Bundestagswahl 2025 in der Übersicht

    Welche außenpolitischen Ziele verfolgen die zur Wahl stehenden Parteien? Hier gibt es eine Übersicht vor der Bundestagswahl. Wenn du wissen möchtest, was die Parteien in Sachen Asyl- und Migrationspolitik vorhaben, findest du hier eine Übersicht.

     

    SPD

    – Stärkung der NATO und EU-Sicherheitsstrukturen.

    – Unterstützung der Ukraine, inklusive Waffenlieferungen, aber ohne Eskalation.

    – EU-Erweiterung für Westbalkan, Ukraine, Moldau.

    – Klare Unterstützung Israels, aber Forderung nach Zwei-Staaten-Lösung.

    – Strategische Partnerschaft mit China unter Wahrung europäischer Interessen.

    B90/Die Grünen

    – Feste Unterstützung für Ukraine durch diplomatische, finanzielle und militärische Hilfe.

    – Ausbau der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

    – Verstärkte Zusammenarbeit mit Globalem Süden in Klima- und Handelsfragen.

    – Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit der EU

    – Schutz kritischer Infrastruktur vor ausländischer Einflussnahme.

    FDP

    – NATO als zentrale Verteidigungssäule, Stärkung des europäischen Pfeilers

    – Unterstützung der Ukraine inkl. Waffenlieferungen und eingefrorener russischer Vermögenswerte.

    – Strenge Haltung gegenüber China mit wirtschaftlichem De-Risking (De-Risking bezeichnet die Praxis von Finanzinstituten, Geschäftsbeziehungen mit bestimmten Kunden oder Kundengruppen zu beenden oder einzuschränken, die als risikoreich gelten, um mögliche Risiken zu minimieren).

    – Perspektivische Unterstützung eines EU- und NATO-Beitritts der Ukraine.

    – Aufbau einer Europäischen Armee langfristig geplant.

    CDU/CSU

    – Stärkung der transatlantischen Partnerschaft mit den USA.

    – diplomatische, finanzielle und humanitäre Unterstützung der Ukraine sowie  Waffenlieferungen

    – Mehr Präsenz im Indo-Pazifik zur Eindämmung Chinas.

    – EU-Kooperation mit Frankreich und Polen.

    – Erhöhung der Verteidigungsausgaben und Modernisierung der Bundeswehr.

     

    Die Linke

    – Diplomatische Initiativen für Friedenslösungen statt Waffenlieferungen (Ukraine, Nahost, Syrien).

    – Keine weiteren Waffenlieferungen an Konfliktparteien.

    – NATO als überholtes Militärbündnis; stattdessen langfristig europäische Sicherheitsarchitektur basieren auf Vereinbarungen der KSZE

    – Kritik an westlichem Imperialismus und globalen Machtblöcken.

    – Unterstützung des Globalen Südens durch faire Handelsstrukturen

     

    AfD

    – Souveräne Außenpolitik ohne Einmischung Deutschlands in fremde Konflikte.

    – Keine Sanktionen gegen Russland, stattdessen Handelsbeziehungen wiederherstellen.

    – Nein zu einer gemeinsamen EU-Außenpolitik.

    – Wiederherstellung der Wehrpflicht und Aufbau einer starken nationalen Armee.

    – Kritische Haltung zur NATO, stärkere Annäherung an Russland und China.

    – Gegen Osterweiterung von NATO und EU

     

    BSW

    – Strikte Ablehnung von Waffenlieferungen und Militärinterventionen.

    – Neutralitätskurs Deutschlands und Fokus auf diplomatische Lösungen.

    – Keine Stationierung von US-Waffen in Deutschland.

    – Multipolare Weltordnung fördern.

    – Sicherheitsarchitektur, die längerfristig auch Russland einschließen sollte.

  • So kannst du bei der Bundestagswahl 2025 deine Stimme abgeben

    Es gibt drei Möglichkeiten, dein Wahlrecht auszuüben. Du kannst am 23. Februar in ein Wahllokal gehen oder schon vorher abstimmen. Wenn du vor dem 23. Februar wählen möchtest, kannst du entweder in das Wahlamt deines Bezirks gehen oder die Briefwahl beantragen.

    Wenn du den Wahlsonntag abwarten möchtest, um deine Stimme abzugeben, findest du alle wichtigen Informationen auf deiner Wahlbenachrichtigung. Diese solltest du spätestens am 2. Februar per Post erhalten haben.

    Option 1: Am Wahltag abstimmen:

    Schritt 1: Die Wahlbenachrichtigung

    Auf der Wahlbenachrichtigung findest du alle Informationen, die du für den Wahlsonntag brauchst. Darauf steht:

    • Das Datum der Wahl
    • Dein Wahlbezirk
    • deine Nummer im Wählerverzeichnis
    • die Adresse deines Wahllokals
    • die Öffnungszeiten des Wahllokals
    • welche Dokumente zur Wahl du mitbringen solltest
    • Informationen zur Briefwahl

    Menschen, die sich vor Kurzem eingebürgert haben, können bei der kommenden Bundestagswahl 2025 wählen, wenn sie bis zum 2. Februar 2025 ihre Einbürgerungsurkunde erhalten haben. In diesem Fall stehen sie automatisch im Wählerverzeichnis und bekommen eine Wahlbenachrichtigung per Post. Personen, die ihre Einbürgerungsurkunde nach dem 2. Februar 2025, aber vor dem 23.2.2025 erhalten, müssen sich nachträglich ins Wählerverzeichnis aufnehmen lassen, um wählen zu können. Der Antrag dafür muss spätestens am Freitag vor dem Wahlsonntag beim Wahlamt eingehen, das ist der 21.2.2025. Der kostenlose Antrag kann formlos schriftlich gestellt werden und muss folgende Angaben enthalten:

    • Familiennamen
    • Vornamen
    • Geburtsdatum
    • Wohnanschrift
    • Die Formulierung „Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis“
    • Kopie der Einbürgerungsurkunde als Nachweis der deutschen Staatsbürgerschaft

    Der Antrag ist zu richten an:

    • Gemeinde- oder Stadtverwaltung, in deren Bezirk der Wohnsitz liegt
    • Briefwahlbüro oder Wahlamt der Stadt

    Nach erfolgreicher Eintragung erhältst du eine Wahlbenachrichtigung.

    Schritt 2: Ins Wahllokal gehen

    Wahllokale werden die Orte genannt, an denen abgestimmt wird. Das können zum Beispiel Schulen, Turnhallen oder andere öffentliche Gebäude sein. Am 23. Februar kannst du dann zwischen 8 und 18 Uhr zu deinem dir zugewiesenen Wahllokal gehen.

    Wichtig: Du kannst nicht einfach in irgendein Wahllokal gehen, sondern nur in das, das dir auf deiner Wahlbenachrichtigung zugewiesen wurde. Dein Wahllokal sollte sich in deiner Nachbarschaft befinden.

    Bringe dazu mit:

    • Deine Wahlbenachrichtigung
    • Einen gültigen Personalausweis

    Falls du deine Wahlbenachrichtigung verloren hast, kannst du trotzdem an der Bundestagswahl teilnehmen. Gehe einfach mit einem Ausweis zum Wahllokal. Dort könnte es etwas länger dauern, bis die Wahlhelfer*innen deine Daten kontrolliert haben. Abgesehen davon ändert sich nichts.

    Im Wahllokal angekommen, musst du dich vermutlich erstmal für die Wahlkabine anstellen. Die Wahllokale sind in der Regel gut ausgeschildert. Falls du dich doch nicht direkt zurechtfindest, kannst du auch immer bei den Menschen vor Ort nachfragen.

    Wenn du an der Reihe bist, musst du dich zuerst bei den Wahlhelfer*innen ausweisen. Von diesen bekommst du dann deinen Stimmzettel ausgehändigt und darfst dich in die Wahlkabine stellen, um deine Kreuze zu setzen. In der Wahlkabine bist du allein, sodass niemand sehen kann, für wen du stimmst.

    Schritt 3: Stimmzettel ausfüllen

    Auf dem Stimmzettel kannst du an zwei Abstimmungen teilnehmen. Bei der ersten Abstimmung spricht man auch von der Erststimme und bei der zweiten Abstimmung von der Zweitstimme.

    Die Erststimme:

    Mit der Erststimme stimmst du für den Direktkandidaten oder -kandidatin, der deinen Wahlkreis im Bundestag vertreten soll. Diese Liste wird auf der linken Seite deines Stimmzettels in schwarzer Schrift sein. Um abzustimmen, machst du ein Kreuz für den*die Kandidat*in deiner Wahl.

    Die Zweitstimme:

    Mit der Zweitstimme stimmst du nicht für eine einzelne Person, sondern für eine ganze Partei ab. Bei dieser Abstimmung wird ermittelt, wie viele Sitze die Parteien im Bundestag erhalten werden. Die Zweitstimme kannst du auf der rechten Seite deines Stimmzettels abgeben. Auch hier darfst du ein Kreuz setzen.

    Wenn du deine zwei Kreuze – eins auf der linken und eins auf der rechten Seite des Stimmzettels – gemacht hast, faltest du den Stimmzettel und wirfst ihn in eine Wahlurne. Die Wahlurne ist eine Kiste und sieht so ähnlich aus wie ein Briefkasten.

    Jetzt hast du es geschafft und deine Stimme wird in der Wahl berücksichtigt!

    Option 2: Per Briefwahl abstimmen

    Wenn du am 23. Februar keine Zeit hast, persönlich ins Wahllokal zu gehen, kannst du auch schon früher durch eine Briefwahl abstimmen. Dazu bekommst du deine Wahlunterlagen nach Hause geliefert und kannst diese dann einfach per Post zurück ans Wahlamt schicken. Die Briefwahl ist kostenlos, du musst also keine Portogebühren für den Versand deiner Unterlagen zahlen. Um die Briefwahl noch zu beantragen, ist es inzwischen etwas zu spät. Doch solltest du deinen Stimmzettel bereits ber Post erhalten haben, schicke ihn allerspätestens noch am 20.2. ab, damit er pünktlich ankommt. Verspätete Briefe können bei der Wahl nicht berücksichtigt werden.

    Schritt 1: Die Wahlbenachrichtigung

    Auch wenn du an der Briefwahl teilnehmen möchtest, findest du alle wichtigen Informationen auf der Wahlbenachrichtigung, die du automatisch per Post erhalten hast. Auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung kannst du einen Antrag für die Briefwahl ausfüllen. Diesen schickst du einfach wieder per Post an das Wahlamt zurück und wartest dann, bis deine Briefwahlunterlagen geliefert werden. Alternativ kannst du die Briefwahl auch online über die Website deiner Gemeinde beantragen. Beachte dabei, dass deine Wahlunterlagen bis zum 23. Februar um 18 Uhr beim Wahlamt eingegangen sein müssen. Wenn deine Briefwahlunterlagen danach ankommen, werden sie nicht mehr mitgezählt. Der letzte Zeitpunkt, um die Unterlagen zu beantragen, ist der 21. Februar um 15 Uhr.

    Schritt 2: Die Wahlunterlagen ausfüllen

    In den Briefwahlunterlagen befinden sich mehrere Zettel, die du zum Ausfüllen der Briefwahl benötigst, das sind:

    • Eine Anleitung zur Briefwahl
    • Der Stimmzettel
    • Ein Wahlschein
    • Ein Briefumschlag

    Zum Ausfüllen des Stimmzettels kannst du dir die Anleitung zurechtlegen, um nochmal genau nachzulesen, was zu tun ist.

    Der Stimmzettel ist genauso aufgebaut wie die in den Wahllokalen, das heißt auch hier kannst du insgesamt zwei Kreuze setzen: eins für den oder die Direktkandidat*in deines Wahlbezirks (Erststimme) und eine für eine Partei (Zweitstimme).

    • Die Erststimme gibst du auf der linken Seite des Stimmzettels ab. Mache dazu ein Kreuz für den oder die Kandidat*in deiner Wahl.
    • Die Zweitstimme gibst du auf der rechten Seite des Stimmzettels ab. Mache hier ein Kreuz für die Partei deiner Wahl.

    Wichtig: Achte darauf, nur jeweils ein Kreuz auf jeder Seite zu setzen. Wenn du mehrere Kreuze auf einer Seite machst, ist die Wahl ungültig und deine Stimme wird in der Auszählung nicht berücksichtigt.

    Schritt 3: Wahlunterlagen zurücksenden:

    Wenn du deinen Stimmzettel ausgefüllt hast, kannst du den Zettel einfach zusammenfalten und zusammen mit dem unterschriebenen Wahlschein in den mitgelieferten Briefumschlag stecken. Wirf den Umschlag dann einfach in einen Briefkasten. Dazu musst du auch keine Briefmarke verwenden, die Unterlagen werden ohne Porto ausgeliefert.

    Option 3: Briefwahl vor Ort

    Wenn es einfacher für dich ist, schon vor dem 23. Februar zu wählen, hast du auch die Möglichkeit, in ein Wahlamt zu gehen und vor Ort deine Stimme abzugeben. Das nennt sich Direktwahl oder Briefwahl vor Ort, da du deine Briefwahlunterlagen in deinem zuständigen Wahlamt abholst und dort ausfüllst. Das ist ab dem 10. Februar möglich.

    Schritt 1: Ins Wahlamt gehen

    Auch bei dieser Wahl-Variante findest Du alle wichtigen Informationen auf deiner Wahlbenachrichtigung. Darauf steht die Adresse deines Wahlamts. Im Wahlamt zeigst du dann folgende Dokumente vor:

    • deine Wahlbenachrichtigung
    • deinen gültigen Ausweis

    Dann werden dir vor Ort deine Briefwahlunterlagen ausgehändigt.

    Schritt 2: Stimme abgeben

    In einer Wahlkabine kannst du dann deine Unterlagen ausbreiten und deine zwei Kreuze machen. Genau wie im Wahllokal und der Briefwahl zuhause gilt: Je ein Kreuz links (für eine*n Direktkandidat*in) und ein Kreuz rechts (für eine Partei) machen. Wenn du fertig bist, gibst du deinen Stimmzettel in die Wahlurne.

    Die Briefwahl vor Ort ist eine gute Methode, um stressfrei wählen zu gehen, da du damit lange Schlangen am Wahlsonntag vermeidest und zusätzlich sicherstellen kannst, dass deine Unterlagen rechtzeitig im Wahlamt ankommen. Denn anders als bei der regulären Briefwahl zuhause kannst du deinen Stimmzettel direkt abgeben und bist nicht von der Post abhängig.

    Diese Fehler solltest du bei der Stimmabgabe vermeiden:

    1. Mache keine Bilder oder Videos in der Wahlkabine. Das verstößt gegen das Wahlgeheimnis und ist streng verboten.
    2. Mache nicht mehr als zwei Kreuze auf deinem Stimmzettel. Wenn du mehr als ein Kreuz für deine Erst- oder Zweitstimme setzt, wird diese Stimme nicht mitgezählt, da deine Stimme nicht eindeutig ausgewertet werden kann.

     

    Bei der Briefwahl:

    1. Vergiss nicht, deinen Wahlschein zu unterschreiben und das Datum anzugeben. Der Wahlschein muss unbedingt mit dem Stimmzettel versendet werden.
    2. Bringe deine Wahlunterlagen nicht zu spät zur Post. Da bei der Bundestagswahl 2025 kürzere Fristen als sonst gelten, solltest du deine Unterlagen möglichst früh versenden. So stellst du sicher, dass sie auf jeden Fall vor dem 23. Februar im Wahlamt ankommen.

     

    Informiere dich:

    Bevor du deine Stimme abgibst, solltest du dich über die Programme der verschiedenen Parteien informieren. So kannst du abwägen, welche Partei am ehesten deine Interessen vertritt und eine sinnvolle Wahl treffen.

    Hier haben wir dir eine Auswahl an Informationsangeboten der Parteien verlinkt:

    SPD

    Bündnis 90/ Die Grünen

    FDP

    CDU

    DIE LINKE

     

    Du bist unsicher, welche Partei deine Interessen am besten vertritt? Der Wahl-O-Mat und Real-O-Mat helfen.

    Der Wahl-O-Mat: Gleicht deine politischen Einstellungen mit den Wahlprogrammen der Parteien ab.

    Der Real-O-Mat: Gleicht deine politischen Einstellungen mit dem Abstimmungsverhalten der Parteien in der letzten Legislaturperiode ab.

     

  • Vor der Bundestagswahl – wir sind mutiger, als sie denken

    Es fühlt sich an, als brauche man Noise-Cancelling-Kopfhörer, um die ewigen Reden und die rassistischen Berichterstattungen zu ertragen. Es wird gehetzt, es werden Falschinformationen verbreitet, es gibt immer mehr Probleme und kaum Lösungen. Die Rechten ruhen auf ihrem Erfolg, alle anderen brennen aus. Der Glaube an die Brandmauer verblasst mit jedem Wahlplakat, das ich sehe. 

    Auch mit meinen Freund*innen diskutiere ich seit Wochen über die bevorstehende Bundestagswahl. Egal, wen ich frage, meistens folgt zunächst ein langes Seufzen. Was soll man jetzt noch machen? In den letzten Jahren haben wir gesellschaftlich immer wieder zugelassen, dass rechte Parteien mit ihrer Hetze durchkommen. Sie sind laut in ihrem Hass. Gehen ihnen die Argumente aus, erfinden sie einfach neue. Es ist durchschaubar, wie häufig migrantische, geflüchtete und arme Menschen als Sündenbock missbraucht werden. Trotzdem: Was bleibt, ist die Unsicherheit. 

    Es ist eine Lösung, die nicht aufgeht: Wir wollen an alle denken, die Rechten denken nur an sich. Es ist anstrengend und unfair, doch wir dürfen jetzt nicht den Mut verlieren. In Deutschland gibt es Mehrheiten für demokratische Werte, auch in der Asyl- und Migrationspolitik. Laut einer Studie des Max-Planck-Instituts engagierten sich 62 Prozent der Deutschen zwischen 2015 und 2020 für Geflüchtete. Rund 70 Prozent sehen Vielfalt als Bereicherung. Die Autor*innen der Studie schreiben: »Wenn Menschen Flüchtende unterstützen, ist dies nicht nur eine spontane Reaktion auf eine weltpolitische Katastrophe, sondern ein Zeichen eines breiten Konsenses zu gesellschaftlicher Vielfalt.«

    Unsere Familien haben in Deutschland schon immer Rassismus und Ausgrenzung erlebt. In den letzten Monaten ist die Angst davor größer denn je. Menschenfeindlichkeit und Rassismus dominieren die politischen Debatten und sind darin so laut, dass wir vergessen, dass es noch andere Stimmen gibt. 

    Die Prognosen zur Bundestagswahl sind gruselig. Trotzdem stehen so viele von uns ein für dieses Land. Wir bemühen uns täglich um seine demokratischen Strukturen, um ein vielfältiges, tolerantes Miteinander. Wir sind auf den Straßen, wir informieren einander, wir unterstützen unsere Nachbar*innen. Wir lassen unsere Zukunft nicht von Angst bestimmen – wir gestalten sie gemeinsam.

    Trotzdem versuchen die Rechten uns einzureden, dass wir, Personen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte, das Problem seien. Sie sagen es so oft, dass Menschen beginnen, es zu glauben und zu wiederholen. Oder zu vergessen, dass diese Erzählungen rechte Hetze sind. Sie denken, wir lassen uns davon einschüchtern. Doch damit liegen sie falsch. Wir sind mutiger, als sie denken.

  • Bundestagswahl 25: Was planen die Parteien zum Thema Migration?

    Am 23. Februar ist Bundestagswahl. Was sagen die einzelnen Parteien in ihren Wahlprogrammen zum Thema Migration? Hier findest du eine Übersicht der 7 Parteien, die voraussichtlich in den Bundestag einziehen werden. Jede Partei muss mehr als 5 % der Stimmen bei der Wahl bekommen oder 3 direkt gewählte Kandidat*innen haben, um in den Bundestag zu kommen.

    Migration war schon während der Ölkrise 1973 Thema im Bundestagswahlkampf. Auch 1983, als sich Kemal Altun während seines Abschiebungsprozesses das Leben nahm, war Migration eine wichtige Angelegenheit.

    Heute ist Migration das Hauptthema der Bundestagswahl. Rund 3,3 Millionen Geflüchtete leben derzeit in Deutschland, (4 % der Gesamtbevölkerung), rund ein Drittel davon kommen aus der Ukraine. Berücksichtigt bei dieser Zahl sind alle Menschen, die derzeit aus humanitären Gründen in Deutschland Schutz suchen – unabhängig von ihrem Aufenthaltstitel. Dazu gehören Asylbewerber*innen ebenso wie anerkannte Flüchtlinge und geduldete Personen.

    Ein Viertel der Deutschen – ca. 20 Millionen – hat eine Einwanderungsgeschichte.

    Seit der letzten Bundestagswahl 2021 sind 500.000 Menschen neu eingebürgert worden, auch sie haben jetzt das Recht zu wählen.

    Viele Menschen wissen aber noch nicht, welche Partei sie wählen. Hier nun eine kurze Übersicht, was die Parteien zum Thema Migration in ihren Programmen haben.

     

     

    CDU

    • will eine Wende und die Kontrolle bei der Migration, fordert deutsche „Leitkultur“
    • „illegale“ Migration stoppen
    • faktischer Aufnahmestopp
    • kein subsidiärer Schutzstatus mehr
    • generelle Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit wieder abschaffen
    • Grenzkontrollen
    • Zurückweisungen an den Grenzen für alle, die Asyl wollen
    • Konsequente Umsetzung der Asylentscheidung
    • abgelehnte Asylbewerber*innen abschieben, auch nach Syrien und Afghanistan
    • unbegrenzter Ausreisearrest im Anschluss an Abschiebehaft
    • keine Aufnahmeprogramme
    • mehr sichere Drittstaaten und Rücknahmeabkommen
    • bei Ausreisepflichtigen nur Sachleistungen nach dem Grundsatz „Bett, Brot und Seife“
    • Sachleitungen und Bezahlkarten bei Asylbewerber*innen
    • Berufsqualifikationen einfacher und schneller
    • digitale Bundesagentur für Einwanderung (werben, vermitteln, Voraussetzungen prüfen, Visa und Aufenthaltstitel geben)
    • Integration muss gefördert, aber auch eingefordert werden

    Parteiprogramm der CDU

     

    SPD

    • wer auf Schutz angewiesen ist, erhält ihn
    • wer sich nicht an Regeln hält, muss gehen
    • humane und konsequente Rückführungen
    • Asylentscheidungen in 6 Monaten
    • Familienzusammenführung für subsidiär Schutzbedürftige bleibt bestehen
    • Schutz vor Diskriminierung, Rassismus, Ausgrenzung
    • humanitäre Seenotrettung
    • Integrationskurse ausbauen
    • Partizipationsgesetz
    • GEAS (Gemeinsames Europäisches Asylsystem) soll 2026/27 reformiert werden.
    • deutlich transparentere, vereinfachte Anerkennung von Qualifikationen
    • Fachkräfteeinwanderung bei guter Integration erleichtern
    • Ankunftsstrukturen optimieren, Verfahren beschleunigen, Ausländerbehörden stärken
    • Fluchtursachen bekämpfen

    Link zum ganzen Parteiprogramm der SPD

     

    Die Linke

    • offenes und solides Einwanderungsrecht
    • humanitäre Visa
    • keine Pushbacks
    • effektive Bleiberechtsregelung für alle
    • Partizipationsgesetz
    • Recht auf Einbürgerung nach 5 Jahren, bisher zu hohe Hürden
    • Abschiebungen werden abgelehnt, Straftäter sollen reguläres Strafverfahren haben und Haftstrafen im Inland verbüßen
    • keine rassistischen Polizeikontrollen
    • Arbeitserlaubnis ab dem Tag der Ankunft
    • Geldleistungen statt Bezahlkarten
    • Beauftragte*r für muslimisches Leben
    • Qualifikationen schneller und unbürokratischer anerkennen, einfacherer Studienzugang
    • Fachkräfte durch bessere Arbeitsbedingungen sichern
    • Seenotrettung

    Parteiprogramm der Linken

     

    Die Grünen

    • Grundrecht auf Asyl
    • schnelle und faire Verfahren
    • Kirchenasyl bleibt
    • Prüfung aller Asylanträge in Deutschland
    • Fluchtursachen bekämpfen
    • Frauen in Afghanistan unterstützen
    • Syrien ohne Assad unterstützen
    • besseres Einwanderungssystem, da auf Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften angewiesen
    • Visa digitalisieren, Wartezeiten verkürzen
    • keine dauerhaften Binnenkontrollen
    • Sensibilisierung für Diversität bei Polizeiausbildung
    • Integrationskurse ab Ankunft
    • Seenotrettung ist humanitäre Verpflichtung

    Das Parteiprogramm der Grünen

     

    FDP

    • Einwanderungsgesetzbuch
    • einwandernde Fachkräfte erleichterte Einreise
    • Anerkennung ausländischer Fachkräfte drastisch vereinfachen
    • Abschiebungen aller ohne Bleiberecht, zuständig Bund
    • Einbürgerung nur, wenn Lebensunterhalt verdient wird
    • wer keine Chance auf Bleiberecht hat, soll nicht einreisen
    • Sprachtest im Vorschulalter, gegebenenfalls Sprachförderung
    • Sprach- und Integrationskurse trennen
    • anerkannte Schutzsuchende kein Bürgergeld, sondern neues Sozialgeld, weniger Sozialleistungen
    • mehr Rückführungen
    • Imame in Deutschland ausbilden

    Das Kurzwahlprogramm der FDP

     

    BSW

    • unkontrollierte Migration stoppen
    • Asylrecht wird missbraucht
    • Sprachtest für Kinder ab 3 Jahren
    • Asylverfahren in 3 Monaten abschließen
    • Schutz nach Straftaten aberkennen

    Bundeswahlprogramm vom BSW

     

     

    AfD

    • „deutsche Leitkultur“ statt Multikulturalismus
    • wer kein Bleiberecht hat, wird abgeschoben
    • Abschiebung von Straftätern und Gefährdern sowie nicht mehr schutzberechtigten Syrer*innen
    • Gewahrsamszentren an den Grenzen, Zurückweisungen
    • Asylindustrie eingrenzen
    • kein Bleiberecht für Geduldete
    • Ausbildungs-, Beschäftigungsduldung, Chancenaufenthaltsgesetz abschaffen
    • Punktesystem für Einwanderung, Quoten festlegen, nur qualifizierte Arbeitskräfte
    • in erster Linie hier lebende Erwerbsfähige qualifizieren
    • Einheimische bei Wohnraum und Grundstücksverkauf bevorzugen
    • Anspruch auf Bürgergeld erst nach 5 Jahren sozialversicherungspflichtiger Arbeit
    • mehrfache Staatsangehörigkeit (mit Ausnahmen für z. B. Unionsbürger) abschaffen
    • Einbürgerungsanspruch abschaffen
    • Einbürgerung erst nach 10 Jahren Aufenthalt und auch nur, wenn Loyalität feststeht
    • keine deutsche Staatsangehörigkeit ausländischer Kinder von Geburt an
    • Imame müssen C1 Sprachzertifikat haben und auf Deutsch predigen
    • Zweit- und Drittfrauen sollen kein Bürgergeld mehr erhalten
    • Widerrufsverfahren gegen subsidiär geschützte Syrer*innen
    • kein Schulunterricht für Kinder, die nicht ausreichend Deutsch können
    • Zwangs- und Kinderehen annullieren
    • Burka und Niqab verbieten, ein Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen und Schulen
    • Migrant*innen sollen B2 Sprachniveau in 2 Jahren erreichen
    • keine Förderung für Beratung von Ausländer*innen mehr
    • Seenotrettung im Mittelmeer sofort einstellen
    • Kirchenasyl abschaffen
    • Asylantrag nur mit gesicherter Identität
    • während des ganzen Asylverfahrens Unterbringung in zentralen Aufnahmeeinrichtungen
    • nur Sachleistungen, nur Existenzminimum während Dauer des Asylverfahrens
    • keine Aufnahmen von Schutzsuchenden aus Afghanistan mehr
    • Entzug des Aufenthaltstitels, wenn Reisen ins Herkunftsland erfolgen
    • kein Recht auf Sozialleistungen auch bei Anerkennung

    Das Bundestagswahlprogramm der AfD

     

    Auf der Seite der Tagesschau gibt es auch viele Informationen zur Wahl, ebenso auf der Seite der Deutschen Welle.

    So unterschiedlich die Parteiprogramme der einzelnen Parteien sind, alle migrationspolitischen Erwägungen sollten ihre Grenzen an der unantastbaren Würde des Menschen in Artikel 1 Grundgesetz und dem Recht auf Asyl in Artikel 16a des Grundgesetzes sowie der Genfer Flüchtlingskonvention finden. Deutschland ist ein Einwanderungsland und sollte die Bedeutung der Einwanderung für seine wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung erkennen.

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