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  • Flüchtling oder Fachkraft – wie komme ich endlich an?

    Geduld und Engagement in der Arbeitsintegration

    „Wie viele Menschen gibt es in Deutschland mit Migrationserfahrung?“, fragt Ties Rabe – Senator für Schule und Berufsbildung – in die Runde. „Es sind zehn Prozent.“, verrät er. Sieht man sich nur Hamburg an, ist die Stadt im Umgang mit Migranten sehr erfahren. Rund 20 Prozent macht der Anteil mittlerweile aus. In den Hamburger Schulklassen sind es sogar 50 Prozent. Der hohe Migrationsanteil wirkt sich vitalisierend aus und zeigt: Die Welt steht immer noch – auch oder eben gerade wegen der bunten Mischung.

    Für Geflüchtete gibt es mit der dualen Ausbildungsvorbereitung für Migranten (AvM-Dual) ein Angebot an den Berufsschulen, das den Geflüchteten betriebliche Integrationsbegleiter zur Seite stellt. Mittels Praxisphasen werden sie so auf die duale Ausbildung vorbereitet.

    „Es braucht viel Geduld und Engagement, um Flüchtlinge in Ausbildung und Arbeit zu integrieren. Trotzdem packen erfreulich viele Unternehmen der Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft diese Aufgabe mit Einsatz und Pragmatismus an. Damit dies aber gelingt, ist vor allem das Verständnis der Flüchtlinge für die duale Ausbildung wichtig. Sie müssen den Wert und die Notwendigkeit einer Berufsausbildung verstehen und schätzen.“, so Michael Seitz, Sprecher der Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft.

    Erfolgsfaktoren für einen Geflüchteten auf seinem Weg zur Fachkraft

    Überall heißt es Integration durch Arbeit. Doch was tut man, wenn man nicht die Arbeit bekommt, die man will? „Ein Beruf ist viel mehr als nur Lebenssicherheit. Er ebnet den Weg für Entfaltung“, meint Ties Rabe. Schließlich finde man in einem Beruf zudem Selbstbestätigung, soziale Beteiligung und kann lebenslang dazulernen.

    Um eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen, brauche man vor allem die Sprache. Diese sogar noch vor der Motivation, so Neshan Daoud. Der Syrer absolviert aktuell seine Ausbildung zum Platten-, Fliesen- und Mosaikleger. Er steckt mitten in seinen Klausuren. Er plädiert:

    „Flüchtlinge sollten noch früher gefördert werden – sowohl in der Sprache als auch in der Ausbildung. Meine Prüfung war gut, aber manche Prüfungsfragen sind so komisch gestellt.“ Zudem erinnert er sich an seinen Arbeitsstart: „Ich musste immer mehr geben als alle anderen und wie verrückt arbeiten. Das war hart. Hat mir aber noch mal mehr den Unterschied zwischen meiner Heimat und Deutschland gezeigt. Hier bekommt man das, was man durch seinen Einsatz verdient. In Syrien wäre das nicht möglich gewesen. Denn da gelten andere Gesetze.“

    Die hohe Motivation der Geflüchteten kann Özge Acar, Willkommenslotsin des Garten- und Landschaftsbau Verbandes Hamburg, bestätigen: „Die einheimischen Kandidaten sind meist weniger motiviert.” Deswegen ist es unverständlich, dass viele Menschen mit Potenzial nicht die Chance bekommen: „Die Asylbewerber ohne gute Bleibeperspektiven dürfen zwar eine Ausbildung machen und nach Abschluss noch zwei Jahre im Betrieb bleiben, haben aber keinen Zugang zu ausbildungsbegleitenden Hilfen wie Flüchtlinge mit Bleiberecht. Das ist ein Widerspruch und ungerecht!“, so Acar.

    Gesellschaftliche Bereitschaft zur Integration als Schlüsselfaktor

    Neben Arbeitsmotivation und Sprache sind sich die Diskutanten einig: Die Hilfsbereitschaft der Gesellschaft ist für eine nachhaltige Integration unabdingbar. Nur durch die Unterstützung von Arbeitskollegen, Freunden, Lehrern und Willkommenslotsen ist man erfolgreich.

    „Geflohene werden dann zu Arbeitskräften, wenn allen Beteiligten klar ist, es kommen Menschen. Nicht allein Arbeitskräfte oder Auszubildende“, so Sönke Fock, vorsitzendes Mitglied der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit, zum Thema Arbeitsintegration. Zumal man andere Menschen braucht, um zum Sprechen gezwungen zu werden. Dadurch kann auch das gegenseitige Kulturverständnis wachsen.

    Allerdings lässt sich der Fachkräftemangel nicht allein durch die Arbeitsintegration von Flüchtlingen lösen: „Aktuell sind etwa 63.200 arbeitslos gemeldet und etwa 6.000 davon weisen eine hohe Kundenbindung auf.“ Folglich müssten für die Lösung des Fachkräftemangels auch andere Themen angegangen werden. Die Geflohenen bergen aber viel Potenzial.

    „Wir sind immer wieder erstaunt, über welche besonders handwerklichen Fertigkeiten die Flüchtlinge verfügen und mit welcher Energie und Freundlichkeit sie sich in die Ausbildung stürzen“, so Torsten Rendtel, Geschäftsführer des Ausbildungszentrums Bau. Berufsvorbereitende Maßnahmen erleichtern den Geflüchteten die Heranführung in die betriebliche Ausbildung. Von aktuell 450 betrieblichen Auszubildenden in der Hamburger Bauwirtschaft sind etwa 75 Geflüchtete. Weitere 30 bis 35 werden zum Anfang September die Ausbildung beginnen.

  • „Morgan Ahmed Morgan“ – Kinosatire aus Ägypten

    Der Hauptcharakter ist Morgan Ahmed Morgan. Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, und er hat viele Beziehungen zu wichtigen Personen. Aber er hat das Gefühl, dass ihm was fehlt, weil er nicht weiterstudiert hat. Mit seinem Vermögen kann er das, was er vermisst, nicht kaufen. Aber seinen Kinder überzeugen ihn davon, dass er weiterstudieren soll, nachdem er lange Zeit diese Idee abgelehnt hat. Er geht nun also zur selben Universität, wo seine Kinder studieren und schreibt sich ein.

    Mit bewährten Methoden in die neue Lebensphase…

    Damit fängt eine neue Phase in seinem Leben an, wobei er sich an der Universität wie ein Geschäftsmann verhält. Nachdem er sich an der Universität eingeschrieben hat, ist er gleich überall mit dabei und entwickelt viele Aktivitäten, wie z.B. die Idee, der Universitätsverwaltung ein Investitionsprojekt anzubieten.

    Mit seiner Macht kann er alles mögliche in der Universität erreichen. So wird er Chef vom Darstellungsteam und  Kapitän in der Mannschaft der Universität. Er hat gute Beziehungen zu verschiedenen Leuten, sowohl zu den Aufgeschlossen als auch zu den Radikalisierten.

    Der Film erzählt auch von den Wahlen im Parlament. Dort kandidiert er, um Schutz zu bekommen. Als Geschäftsmann hat er Unregelmäßigkeiten und Interessen, die er schützen möchte. Bei der Wahl bekommt er Konkurrenz von einer Uni-Dozentin, die so gesellig und beliebt bei seinen Kindern ist, dass sich diese bei der Wahl sogar auf ihrer Seite gegen ihren Vater sellen. Am Ende aber gewinnt er doch.

    Weitere Infos:

    Morgan Ahmed Morgan EG, 2007, 110 min, OmdU, digital Regie: Ali Idris Ein Geschäftsmann glaubt, alles mit Geld kaufen zu können – auch einen Hochschulabschluss. Eine Kinosatire mit dem ägyptischen Publikumsliebling Abdel Imam.

  • Der erste Geburtstag des Flüchtling-Magazins

    Gerne präsentieren wir euch heute Eindrücke von unserer wunderbaren Geburtstagsfeier.

    Printausgabe zum 1-jährigen Geburtstag

    Zur Feier des Tages gab es eine Printausgabe des Flüchtling-Magazins.

    Foto von Anna Heudorfer

    Die erste Printausgabe des Flüchtling-Magazins wurde vorgestellt und alle, die sie noch nicht in den Händen halten, können uns eine Mail an team@fluechtling-magazin.de senden. Wir schicken gerne Exemplare per Post zu! Die Printausgabe wurde durch Spenden und Fördergelder ermöglicht, und wir freuen uns über jede weitere Spende oder Unterstützung (Miteinander Ankern e.V. Konto IBAN DE12 2005 0550 1228 1447 52).

    Das Mandolinen-Orchester SOL

    Foto von Anna Heudorfer

    Seit über 10 Jahren existiert das Mandolinen-Orchester SOL unter der Leitung von Ali Shibly. Jugendliche aus vielen verschiedenen Ländern – auch Geflüchtete – spielten aus ihrem bunten Repertoire vor: Von klassischer arabischer Musik über Folklore aus verschiedenen Ländern bis zu Pop-Songs.

    Es gab viel Beifall und Alis augenzwinkernde Zwischenreden verbreiteten gute Laune. Übrigens unterrichtet Ali seine Schüler ein Mal die Woche kostenlos und ermöglicht somit jedem Jugendlichen den Zugang zur Musik.

    Hussam Al Zaher, Chefredakteur des Flüchtling Magazins, und Moaayad Audey, zweiter Vorsitzenden des Vereins Miteinander Ankern e.V.. hielten Reden vor unseren Geburtstagsgästen, die wir euch an dieser Stelle gerne in Schriftform übermitteln:

    Hussam Al Zahlers Rede

    Foto von Anna Heudorfer

    Herzlich Willkommen bei uns,

    ich freue mich, weil ihr heute gekommen seid und mit uns das Flüchtling-Magazin feiern wollt. Ich habe mich erinnert, als ich das erste Mal in Deutschland war, vor mehr als 2 Jahren, wie die Deutschen uns mit ihrem Lächeln und herzlichen Grüßen am Bahnhof empfangen haben. Und jetzt haben die Geflücheten nach zwei Jahren viele Erfolge in ihrem neuen Leben und mit ihrer Integration. Das Flüchtling-Magazin ist nur eine von vielen Erfolgen der Integration.

    Die Idee des Flüchtling-Magazins

    Das Flüchtling-Magazin war eine verrückte Idee in einer Erstaufnahme in der Schnackenburgallee. Da kam die Idee auf, und da entwickelten mein Bruder und ich diese Idee weiter. Nach fast einem halben Jahr haben diese Geflüchtete ihre Idee mit sehr tatkräftiger Unterstützung von deutschen Freunden und Freunden mit anderen Nationalitäten umgesetzt.

    Und heute feiern wir zusammen den Geburtstag von unserem Baby, das “Flüchtling-Magazin”. Ja, unser Baby entstand aus gemeinsamer Arbeit zwischen Geflüchteten, die alles verlassen mussten, und sich eine neue Zukunft aufbauen wollten, und Deutschen, die ihnen helfen wollten.

    Was ist das Flüchtling-Magazin?

    • Flüchtling-Magazin ist ein Kanal zwischen uns, um mehr miteinander zu diskutieren. Dazu schreiben wir jeden Monat über ein Thema und organisieren Veranstaltungen, z.B Freundschaft zwischen uns im Februar, und im März berichten wir über Frauen in unterschiedlichen Gesellschaften.
    • Flüchtling-Magazin ist nicht nur ein Titel für die 16 Ehrenamtlichen, die beim Flüchtling-Magazin arbeiten, sondern auch eine Stimme für sie.
    • Flüchtling-Magazin kommt von Geflüchteten selbst und die Geflüchteten schreiben über ihre Charakter, Meinungen und Geschichten. Flüchtling-Magazin versucht eine Stimme von Geflüchteten zu sein.
    • Flüchtling-Magazin schafft seine besondere Integration, eine Integration, die multikulturellen Austausch bedeutet. Wir schreiben über unterschiedliche Kulturen und kommen uns dadurch einen Schritt näher.

    Ich sehe, wie ihr, die Nachrichten aus Syrien …

    .. ich sehe, wie ihr, wie die Kinder ohne Schuld getötet werden und ich frage mich, warum ich in Frieden lebe und diese Kinder dürfen nicht in Frieden leben?

    Warum darf ich meine Träume entwickeln, und die Kinder in dem Za’tari Camp im Jordan, Arsan Lage in Libanon, oder in anderen Lagern in Griechenland leben müssen, wie in einem großen Gefängnis.

    Leider sind die Antworten sehr kompliziert, von Politik über Religion bis zu geschlossenen Gedanken, Angst vor anderen und Vorurteilen. Von der Natur der Menschen bis zu den Fehlern, die Geflüchtete gemacht haben. Auch stelle ich mir die Fragen, bis wann wir in der Gesellschaft Flüchtlinge bleiben? Warum hat die Gesellschaft Angst vor uns? Was können wir machen, um die Wand abzubauen? Diese Fragen stellen sich auch immer wieder mit dem Namen von unserem Magazin, “Flüchtling-Magazin”. Wir versuchen zusammen mit euch und mit unserem Erfolg Antworten zu finden.

    Was haben wir bis jetzt gemacht?

    Nach einem Jahr haben wir mit euch viele Erfahrungen gemacht. Wir veröffentlichen jeden Tag einen neuen Bericht, wir haben fast 12.000 Follower auf Facebook, und fast 1000 Follower auf Instagram. Und wer uns bis jetzt auf Facebook, Instagram, Twitter oder Youtube noch nicht folgt: Bitte jetzt dein Handy anschalten und auch unsere Kanäle auf social Media followen. Wir haben einen Verein gegründet, er heißt Miteinander Ankern, und ihr seid auch eingeladen, Mitglied zu werden!

    Jetzt haben wir in unseren Händen auch unsere erste Printausgabe. Hier bedanken wir uns bei der Zeit-Stiftung und bei Hapag-Lloyd für ihre Unterstützung. Und ich kann nicht die tolle Arbeit von Babette, Ines, Julia, Angelika und Sophie vergessen. Vielen Dank!

    Jeden Monat organisieren wir eine Veranstaltung, um uns miteinander zu treffen und, um miteinander zu diskutieren. Am 14. jeden Monats laden wir Euch zu unseren Veranstaltungen ein. Heute stellen wir auch den Relaunch unserer Webseite vor und wir würden gerne eure Meinungen über das neue Design hören. Hier möchte ich mich bei Peer, Anne, Thing und Jana bedanken für ihre Arbeit.

    Wir haben auch neue Flyer und Plakate, Dankeschön dafür und für unsere Hände auf den Flyern, sie kommen von unserem Künstler Rabea. Dankeschön auch dafür.

    Was planen wir in der Zukunft?

    Weil unsere Integration keine Einbahnstraße ist, möchten wir das Flüchtling-Magazin dieses Jahr auf Arabisch veröffentlichen und über die deutsche Kultur berichten. Wir möchten auch das Flüchtling-Magazin auf Englisch veröffentlichen, um über Geflüchtete weltweit zu berichten.

    Eure Unterstützung werden wir vor allem im April brauchen, weil wir uns für den deutschen Integrationspreis beworben haben und am 9. April ein Crowdfunding beginnt, wo wir jede Stimme brauchen werden!

    Gelebte Integration

    Das Flüchtling-Magazin ist nur ein kleiner Erfolg, wenn wir es mit anderen Erfolgen von Geflüchteten vergleichen, und wir möchten sagen, Flüchtlinge oder Geflüchtete oder neue Nachbarn, sie leben Integration, trotz dem was die Regierung plant oder welche neue Gesetze geschrieben werden. Wir als Geflüchtete gestalten Integration mit und durch die deutsche Zivilgesellschaft.

    Als ich das erste Mal in Deutschland war, habe ich mich gefragt, was kann ich hier machen oder schaffen, ohne Familie, Freunde, aber mit neuer Sprache und neuer Kultur. Und jetzt finde ich meine Motivation, die meine neue Heimat ist: meine Freunde, ihr seid meine neue Heimat.

    Am Schluss möchte ich meine Kollegen des Flüchtling-Magazins zu mir bitten, um ihnen ein kleines Geschenk zu überreichen. Eine weiße Rose, damit wir miteinander weiter Erfolg haben.

    Danke! 

    Rede von Moayad Audeh

    Foto von Anna Heudorfer

    Hallo zusammen, wie schön, dass ihr da seid.

    Wir freuen uns sehr.

    Zuerst möchte ich mich im Namen des Flüchtling-Magazins für eure Unterstützung bedanken. Ihr habt an uns geglaubt und wir haben ein aufregendes erstes Jahr hinter uns. Ich möchte hier als stellvertretender Vorsitzender des Vereins Miteinander Ankern e.V. sprechen: Wie toll, dass wir als Geflüchtete gemeinsam einen Verein mit engagierten deutschen Freunden gründen konnten.

    Was ist die Aufgabe des Vereins?

    Der Verein will die Integration von Geflüchteten in Hamburg verbessern, dieses Ziel soll insbesondere durch das Projekt Flüchtling-Magazin erreicht werden. In diesem Online-Magazin findet ein multikultureller Austausch statt: Geflüchtete und Deutsche schreiben über ihre Erfahrungen, ihre Geschichte, ihre Kultur und geben Tipps. Die Redaktion arbeitet ehrenamtlich.

    Die Geflüchteten erhalten eine Möglichkeit der Kommunikation, es wird nicht nur über sie geschrieben, sondern sie schreiben selbst. Es sollen Ängste und Vorurteile abgebaut werden.

    Durch eine Mitgliedschaft oder Spende kann die Arbeit des Vereins unterstützt werden.
    Vielen Dank!

    Das YuLiHa Ensemble

    Als Überraschung gab es eine Gesangseinlage von zwei jungen japanischen Künstlern und ihrer deutschen Ensemble-Kollegin.

    Foto von Moritz Plambeck
    Sie alle studieren klassischen Gesang. Haruka und seine Schwester kommen aus Japan. Sie haben bereits in Japan ein Gesang studiert und schließen in Hamburg ein weiteres Studium an. Lisa kommt aus Barntrup (Nordlein-Westfahren) und ist bald fertig mit ihrem Studium für Gesang und Pädagogik. Das Trio studiert zusammen und sie sind sehr gute Freunde. Lisa hat ihre Musikerkollegen sogar ein Mal in Japan besucht.
    Den Ensemblenamen „YuLiHa Ensemble“ setzten sie aus ihren Namen zusammen, als Mix ihrer Anfangsbuchstaben. Auch ihr Programm ist ein Mixtur verschiedener Musik-Stile aus Japan, Deutschland sowie aus Spanien – und dies in einer Bandbreite von Klassik bis Pop.

    Folgende ihrer Lieder stammen aus unterschiedlichen Sprachen und Ländern:

    1. „Hebe deine Augen auf“ von F. Mendelssohn-Bartholdy
    2. „Kawa no nagare no youni“ von Taiji Nakamura
    3. „Hana“ von Shyokichi Kina
    4. „Cantabile“ aus Il Gardellino“ von A. Vivaldi
    5. „Uguisu“
      von Fumio Hayasaka
    6. „Hijo de la luna“ von José Maria Cano Andrés
    7. „Furusato“ von Teiichi Okano
    8. „Abendsegen“ von E. Humperdinck

    Wir haben die Darbietung des Ensembles und die künstlerische Finesse ihres Repertoires sehr genossen – eine musikalische Sinnesreise in den schönsten Klangfarben!

    Kulinarisches Highlight

    Köstlich war auch das Buffet mit syrischen und deutschen Spezialitäten: vom Fischbrötchen bis zu Falafel, Hummus und Halawet-el-jiben. Der internationale Gaumenschmaus wurde begeistert von unseren Gästen verputzt. Und, nebenbei bemerkt: Davor reihte sich eine astreine deutsche „Schlange“. 😉
    Foto von Anna Heudorfer

    Podiumsdiskussion: Nach dem Ankommen ist vor dem Ankommen

    Foto von Moritz Plambeck

    Unsere Teilnehmer der Podiumsdiskussion zum Thema „Nach dem Ankommen ist vor dem Ankommen“ stammten aus vier verschiedenen Ländern. Unter der Moderation von Leonardo De Araújo diskutierten Amir Baitar aus Syrien, Fanus Abraha aus Eritrea, Narwan Sayed und Saha Reza aus Afghanistan u. a. über folgende Fragen:

    Inwiefern bist du selbst Deutsch geworden?
    Passieren Dir manchmal Missverständnisse?
    Bist Du in Deinem Kopf auch angekommen?
    Was sind die größten Herausforderungen?
    Findest Du die Deutschen humorvoll?

    Es entstand eine angeregte Gesprächsrunde – mal nachdenklich, mal humorvoll. Alle lauschten interessiert und manch einer lächelte verständig, wenn seine eigenen Gedanken dort vorne zur Sprache kamen. Fragen aus dem Publikum rundeten den spannende Austausch ab.

    Eine Lesung – Ahmads Gedanken im Exil

    Foto von Moritz Plambeck

    Ahmad Al Zaher und Sven J. Olsson lasen aus dem Buch „Fluchtpunkt Hamburg Texte im Exil“ – Ahmad auf arabisch, Sven die deutsche Übersetzung von Ahmads Gedanken. 22 Autoren mit Migrationshintergrund schrieben in diesem ganz besonderen Buch, entweder auf Deutsch oder in ihrer Muttersprache, ihre Geschichte, Meinung oder ein Gedicht.

    Ein sehr persönlicher und berührender Programmpunkt, der eine innehaltende Stille über den Raum legte. Mal konnte das Publikum auf Deutsch zuhören, mal auf Arabisch. In beiden Fällen löste sich der Blick nicht von den Lesenden – unabhängig davon, welche Sprache die Zuhörenden (besser) verstanden.

    Rap for Refugees –  „R“rhythm „A“nd „P“oetry for Hope, Humanity & Hope

    Foto von Moritz Plambeck

    Zum Abschluss sorgten „Rap for Refugees“ noch einmal so richtig für Stimmung! Mit ihrem Hip Hop und launigen Texten setzen sie sich für kulturelle Werte, soziales Bewusstsein und Engagement sowie Integration ein.

    Als integrativ interkulturelle Initiative für junge Menschen im Takt der Zeit verfolgt ihr Projekt das Ziel, die vielfältige Ausdrucksformen des Hip Hops sinnstiftend einzusetzen. Es geht ihnen darum, innere Stärke zu fördern. Und dieses Feeling haben sie in unseren Räumen wahrlich verbreitet. Wir hätten uns kein besseres Finale vorstellen können.

    Danke!

    Ein großer Dank an alle, die dabei waren und zum Gelingen des ersten Geburtstages unseres Babys „Flüchtling-Magazin“ beigetragen haben. Jeder Einzelne von euch hat ihn zu etwas Besonderem gemacht. Und wir freuen uns, diese Momente heute mit all jenen zu teilen, die nicht dabei sein konnten.

  • Neue Nachbarn – in welchem Hamburg wollen wir leben?

    In den altehrwürdigen Räumen diskutierte man über ein brandaktuelles Thema: Neue Nachbarn – Wie leben wir gut zusammen? Die Diskussion bot spannende Einblicke und kontroverse Meinungen.

    Sechs Podiumsgäste tauschten sich über große und wichtige Fragen aus: in welchem Hamburg wollen wir leben, wie können wir Begegnungsstätten schaffen und wie kann Integration funktionieren. Auch das Publikum wurde zur Diskussion aufgefordert und sollte sich am Meinungsaustausch beteiligen.

    Nur ein Kinderarzt für 100.000 Menschen

    Auf der Bühne saß unter anderem Falko Drossmann, Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte. Er beschrieb seinen Bezirk als „exemplarisch für die Herausforderungen in Hamburg“. Denn dieser umfasst – mit Wilhelmsburg oder Billstedt – nicht nur die ärmsten Stadteile, sondern mit Blankenese und Harvestehude auch die reichsten Wohngegenden. Daraus resultiert eine Benachteiligung auf vielen Ebenen, die er in einem unfassbarem Beispiel verdeutlicht: in Billstedt und Horn leben 100.000 Menschen. Für alle Anwohner in diesen beiden Stadtteilen gibt es nur einen Kinderarzt! Denn hier ist die Behandlung nicht lukrativ, es gibt kaum Privatpatienten.

    In Hamburg-Mitte leben die meisten Zuwanderer, bei den unter 18-Jährigen beläuft sich der Migrationshintergrund auf 50%. Und hier- so wie in der ganzen Stadt- stellt sich täglich die Frage: wie können wir mehr aufeinander achten? Und zwar ohne Bewohner abzuklassifizieren und Brennpunkte zu stigmatisieren, so der Politiker.
    In Sachen Statistik bringt Falko Drossmann auch einen interessanten Aspekt ein: die Kriminalitätsrate im viel zitierten Mümmelmannsberg liegt im Hamburger Durchschnitt. Berechnet man jedoch die Delikte durch Steuerhinterziehung, so führt der reiche Hamburger Westen die Zahlen an.

    Integration durch Bildung


    Ebenfalls eine inspirierende Impulsgeberin auf dem Podium ist Ortrud Schwirz, Geschäftsführerin des Kulturzentrums LoLa.
    Sie plädiert für Integration durch Bildung. Leider bestimmt in Deutschland weitgehend die soziale Herkunft den Erfolgsfaktor im späteren Leben eines Kindes. Daher „muss darauf hingearbeitet werden, dass kulturelle Vielfalt im Alltag gelebt wird“.
    „Am wichtigsten für den sozialen Bildungserfolg ist die Frühförderung. Wir brauchen dabei eine stärkere Durchmischung in den Schulen, diese sind weiterhin quartierbezogen“, so Ortrud Schirz. „Für gemeinsames Leben und Arbeiten müssten mehr modellhafte Projekte in der Stadt platziert werden.“

    Der nächste Diskussionsbeitrag kommt von Klaus Schomacker. Der Unternehmensberater ist Teil der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“. Diese hat 2016, gemeinsam mit anderen Initiativen, Bürgerverträge mit der Stadt geschlossen. Ein sogenanntes „Monitorungsystem“ soll Transparenz in der Flüchtlingsunterbringung schaffen. Das Motto: „Aus Flüchtlingen müssen Nachbarn werden“. Er fordert eine dezentralisierte Unterbringung, damit diese Nachbarschaft entstehen kann. Der Stadt Hamburg wirft er mangelnde Unterstützung und Unflexibilität in Hinsicht auf die „besondere Situation“ vor.  Sie halte „Flüchtlinge in Hamburg vom Wohnungsmarkt fern“.

    Immer mehr Geflüchtete suizidgefährdet


    Aus dem Publikum meldet sich ein Integrationsbeauftragter der Stadt, der diese Kritik nicht akzeptieren kann. In Hamburg hat es „bereits vor der Flüchtlingskrise eine Krise auf dem Wohnungsmarkt gegeben.“ Um alle Geflüchteten aus den Erstaufnahmelagern in Wohnungen unterzubringen, fehlten leider die finanziellen Mittel und die Räumlichkeiten. Die Dringlichkeit des Problems wäre jedoch richtig- immer mehr Flüchtlinge, die weiterhin in den Lagern untergebracht sind, würden an psychischen Problemen leiden und seien suizidgefährdet.

    Auch Annegrethe Stoltenberg, frühere Landespastorin, beklagt das Problem der Unterbringung. Vor zwei Monaten hat sie die Funktion der Ombudsfrau in der „Beschwerdestelle für Flüchtlinge und Ehrenamtliche“ übernommen. Die meisten Beschwerden drehen sich tatsächlich um das Thema Wohnen. Immer noch seien „3.500 Menschen ohne Privatsphäre in der Erstaufnahme untergebracht“, so Stoltenberg.

    Die über zwei Stunden dauernde Diskussion warf viele Fragen auf und machte deutlich, wie viel in Hamburg noch getan werden muss, damit wir alle wie Nachbarn zusammen leben können. Schade, dass die Akteure aus der Politik und die privaten Initiativen keine bessere gemeinsame Basis finden.
    Viel Energie geht somit in die Austragung von Konflikten und stadtpolitische Differenzen.
    Hamburg könnte sie anderer Stelle gut gebrauchen!

  • Rabeaa Al Sayed: Jetzt in Syrien

     Flüchtling-Magazin: Aus welchem Teil Syriens stammen Sie genau?

    Rabeaa Al Sayed: „Ich komme aus der Mitte des Landes, aus der Kleinstadt Mesiaf in der Nähe von Hama. Aber ich habe die letzten Jahre in Damaskus gelebt, bin nur von Zeit zu Zeit nach Mesiaf gefahren, um meine Familie dort zu besuchen.“

    Was haben Sie in Syrien beruflich gemacht?

    „Ich habe in Damaskus an der Universität Kunst mit dem Schwerpunkt Innenarchitektur studiert. Im Jahr 2004 habe ich die Universität mit einem Diplom beendet.“

    Wo befindet sich Ihre Familie derzeit?

    „Mein Vater ist noch in Syrien, meine Brüder leben mit ihren Familien in Amerika, Schweden und Saudi-Arabien. Meine Familie wurde auseinandergerissen, wir leben alle in unterschiedlichen Ländern. 2015 bin ich nach Deutschland gekommen, seitdem habe ich meine Familie nicht mehr gesehen. Das ist hart. Sie fehlen mir sehr.“

    Wann haben Sie mit der Malerei begonnen?

    „Ich habe angefangen zu malen, als ich auf die weiterführende Schule kam. Damals war es nicht mehr als ein Hobby. Aber 2015 habe ich begonnen, mit meinen Bildern die Gräueltaten des Krieges in Syrien zu dokumentieren. Ich begann mit der Revolution. Seit 2015 habe ich ausschließlich Bilder von Syrien kreiert. Für andere Motive habe ich keinen Platz in meinem Kopf, er ist voll mit den Geschehnissen in Syrien.“

    Was bedeutet Kunst, was bedeutet das Malen für Sie?

    „Kunst hat für mich immer eine Botschaft, sonst ist es keine Kunst. Meine Bilder erzählen also eine Geschichte. Durch meine Bilder drücke ich mich aus, kann mich meiner Außenwelt mitteilen. Genau das ist der Grund, warum mir die Malerei so wichtig ist. Und sie kommt aus meinem Herzen.“

    Welche Geschichte erzählen Ihre Bilder?

    „Ich habe einige Bilder gemalt, die man chronologisch hintereinander betrachten muss, um die Geschichte zu verstehen, zu begreifen. Sie dokumentieren genau, was tief im Innersten von Syrien passiert ist, in einer schnellen, rasanten Art und Weise. Ich habe viele, wirklich schreckliche Dinge in meinem Heimatland gesehen. Und ich habe mit anderen Geflüchteten gesprochen, die mich an ihren Erfahrungen teilhaben ließen.

    Das erste Bild zeigt die Revolution, mit der alles begann. Das nächste Bild zeigt den Zwiespalt der Bevölkerung zwischen dem Wunsch nach Freiheit oder dem Tod als Ausweg aus all dem Schrecklichen. Das dritte Bild veranschaulicht die Vergewaltigungen zahlreicher Frauen während des Krieges und ihre Hilflosigkeit gegenüber ihren Peinigern. Man sieht gefesselte Hände, als Zeichen für die Hilflosigkeit, für das Ausgeliefertsein. Das vierte Bild steht für die inhaftierten Männer, die einfach nicht vergessen werden dürfen. Denn sie leiden, sie leiden jeden einzeln Tag, weil sie am Leben sind. Das fünfte Bild zeigt das Ertrinken derjenigen, die die Flucht über das Meer auf unsicheren Booten versucht haben. Die, die es geschafft haben, warten dann jedoch eine halbe Ewigkeit in Flüchtlingscamps unter furchtbaren Bedingungen.

    Besonders für die Kinder ist dies kaum auszuhalten. Es ist menschenunwürdig. Niemand sollte so leben müssen. Einige gehen trotz des andauernden Krieges zurück nach Syrien, weil sie es in den Camps nicht länger ertragen. Aber sie werden diese traumatischen Erfahrungen niemals vergessen. Diese Erinnerungen sind Gegenstand des nächsten Bildes. Es soll verdeutlichen, dass diese Traumata für immer im Gedächtnis der Menschen bleiben werden. Und sie wissen nicht, was Frieden ist. An Frieden haben sie keinerlei Erinnerung, sie kennen nur den Krieg.“

    Was passiert mit den Kindern in Syrien?

    „Viele Familien werden durch den Krieg auseinandergerissen, Kinder werden von ihren Eltern getrennt. So war es ja auch bei meiner eigenen Familie. Die Familienmitglieder leben alle in unterschiedlichen Ländern, sehen sich oft Jahre nicht. Besonders für die Kinder ist es wirklich furchtbar, wenn sie ihre Eltern nicht bei sich haben. Ein Kleinkind braucht seine Mutter, seinen Vater. Viele wissen auch gar nicht, wo sich ihre Angehörigen überhaupt aufhalten. Ein Bekannter von mir sah seinen inzwischen fünfjährigen Sohn nach drei Jahren endlich wieder, aber dieser hat ihn nicht erkannt, weil sie so lange Zeit getrennt waren. So etwas ist einfach nur schrecklich! Das muss ein Ende haben, soviel steht fest!“

    Was wollen Sie mit Ihrer Kunst ausdrücken?

    „Ich möchte genaustens dokumentieren, was in Syrien passiert. Die Medien zeigen kein richtiges Bild von den Geschehnissen in Syrien, sie verdrehen und vertauschen die Fakten, die Tatsachen. Die Journalisten konzentrieren sich auf das, was die Regierung macht, auf die Politik im Land. Dabei vergessen sie die Bevölkerung, die Frauen mit ihren Kindern und wie diese leiden, Tag für Tag.

    Ich will mit meinen Bildern die Wahrheit wiederspiegeln, die humanen Aspekte aufzeigen, die Situation der einfachen Menschen, nicht die der Politiker, der Mächtigen. Denn das einfache Volk leidet am meisten. Durch den Krieg wird es ärmer und ärmer und am Ende hat es gar nichts. Und die Menschen sind traumatisiert, stark traumatisiert, doch sie können ihre Traumata nicht aufarbeiten. Da muss etwas getan werden!

     

    https://www.youtube.com/watch?v=soBWjjckFZQ

    In Ihren Bildern dominieren die Farben rot und schwarz. Warum?

    „Die rote Farbe steht für die immense Menge an Blut, das während des Krieges in Syrien vergossen wurde. Gleichzeitig symbolisiert es die sinnlose Gewalt gegenüber der Bevölkerung. Das Schwarz soll die Trauer ausdrücken. Und es ist ein Synonym für all die Toten, die der Krieg gefordert hat.“

    Drei Ihrer Bilder zeigen Kinder. Ihre leuchtend blauen Augen fallen auf. Wieso haben Sie hier die Farbe Blau verwendet?

    „Ich sah in den Augen der Kinder neben all der Angst und dem Schrecken immer noch Hoffnung, anders als wie bei den Erwachsenen, die schon abgestumpft waren. Die Farbe Blau habe ich ganz bewusst gewählt, denn sie soll genau diese Hoffnung symbolisieren. Für die restlichen Bilder, die Erwachsene zeigen, habe ich erneut die Farbe Rot für die Augen verwendet. Denn obwohl viele der Älteren schon abgestumpft waren, so zeigten sich doch immer noch Wut und Aggressionen. Viele der Opfer sind von innen heraus zerstört. Es sind Wunden, die nur schwer und langsam heilen. Die Augen spiegeln die Seele.“

    Wie reagieren Menschen auf Ihre Kunst?

    „Viele sind von meinen Bildern schockiert. Sie finden sie anfangs befremdlich, sie machen ihnen vielleicht ein wenig Angst, wühlen sie auf. Vielen ist das Rot, also das Blut, zu viel. Sie sagen mir dann, ich soll doch weniger davon verwenden, aber das werde ich nicht tun. Denn ich will die Realität zeigen und die ist nun mal voll von Gewalt, es wird viel Blut vergossen, Tag für Tag. Aber ich bekomme auch viel Lob für meine Bilder, weil so authentisch sind. Vielen Betrachtern gefällt auch das Ausdrucksstarke und die Intensität.“

    Am vergangenen Montag haben Sie Ihre erste Ausstellung eröffnet. Wie aufregend war dies?

    „Oh, es war fantastisch! Es kamen so viele Menschen, das hat mich sehr gefreut, damit hatte ich gar nicht gerechnet! Und ich hatte zwei einschneidende Erlebnisse auf der Vernissage. Eine ältere Frau fing an zu weinen, als sie meine Bilder sah, sie war berührt und bewegt von meiner Kunst, reagierte sehr emotional. Das hat mich doch sehr mitgenommen. Und dann kam ein kleiner Junge aus Aleppo, er war vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. Durch den Anblick meiner Bilder war er dazu inspiriert, selbst ein Bild zu malen. Es zeigt Bomben und Tote. Ich war wirklich sehr beeindruckt. Und ich hoffe, dass meine Kunst die Menschen aufweckt und zum Nachdenken anregt.“

    Kann man Ihre Bilder kaufen?

    „Ich arbeite mit verschiedenen gemeinnützigen Organisationen zusammen, unter anderem mit Unicef, Tulep und Bareeq. Bareeq zum Beispiel kümmert sich um geflüchtete, syrische Kinder. Wenn jemand ein Bild von mir erwerben möchte, dann unterstützt er damit diese Organisationen. Für ein kleines Bild werden zwischen 500 und 1000 Euro gespendet, für die großen Formate sogar 3000 bis 5000 Euro.“

    Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

    „Ich möchte in Deutschland bleiben und die Sprache lernen. Dann möchte ich gerne als Innenarchitekt arbeiten, denn das ist, was ich studiert habe. Es ist mein Ziel, mir hier ein Leben aufbauen, in Hamburg anzukommen.“

    Was wünschen Sie sich für Syrien?

    „Ich wünsche mir Freiheit für Syrien. Und Frieden. Das ist es, was ich mir aus tiefsten Herzen für mein Land wünsche.“

    Anlass für die Ausstellung „Jetzt in Syrien“ ist der halbjährige Geburtstag des Flüchtling-Magazins. Organisiert wurde die Ausstellung in den Räumlichkeiten des leetHub St. Pauli von der studierten Kulturmanagerin Julia Weymarn. Julia hat lange im Kulturbereich gearbeitet, bringt viel Erfahrung mit, die sie nun in das Zeitungsprojekt einfließen lässt. Sie und unser Chefredakteur Hussam Al Zaher lernten sich Anfang des Jahres durch die Initiative move on kennen. Diese Initiative unterstützt Geflüchtete auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Beim Flüchtling-Magazin kümmert sich Julia vor allem um die Finanzen, sie agiert mehr im Hintergrund, hat oft eine beratende Funktion für Hussam und seine Kollegen.

    Die Idee einer Ausstellung gab es schon lange und nun war der perfekte Anlass gegeben. Innerhalb kürzester Zeit organisierten Hussam und Julia die Vernissage, die ein voller Erfolg wurde. Wer Interesse an den Bildern von Rabeaa Al Sayed hat, setzt sich gerne mit Julia in Verbindung. Die Bilder können gegen eine Spende für gemeinnützige Organisationen erworben werden.

  • „Im Ausland“ im Gängeviertel

    Das Flüchtling-Magazin war vor Ort und hat ein kurzes Interview mit jedem Künstler gemacht.

    Firas Sabbagh ist Fotograf, seit fast 3 Jahren in Hamburg.

    Firas Sabbagh

    Ausland bedeutet für mich, dass ich nicht in meinem Land bin, in meinem Gefühl, in meiner Seele, sondern in meiner Zukunft. Und dieses Absperrband bedeutet für uns alle eine Barriere – wie Sprache, Kultur und alles Andere. Aber das war nur am Anfang, und wir versuchen immer wieder die Barriere zu überschreiten und zu überwinden. Der Regenschirm ist wie ein Rettungsring in unserem Leben und wir versuchen mit der Leiter unseren Problemen zu entkommen.  Meine Fotos beschreiben eine Fluchtreise: vom Nachdenken und Zögern, über die Schwierigkeiten auf unserem Weg, bis hin zu den Zielen, die Ambitionen und endlich zur Ankunft und Ruhe.

     

    Remi Alkhiami ist Künstlerin, sie ist seit fast zwei Jahren hier.

    Remi Alkhiami

    Ich habe nur mit meinen Gefühlen gemalt, das ist meine Kunst. Meine Bilder beschreiben meinen Zustand in der Flüchtlingssituation. Ich bin hier in Deutschland mit meiner Kultur angekommen und ich habe Angst, mit meinen Bildern missverstanden zu werden, weil ich zu einer anderen Kultur gehöre. Ich weiß, dass die Kunst eine internationale Sprache ist und alle können Kunst verstehen. Aber ein Mann hat mich gefragt, ob wir noch immer nur auf Kamelen in Syrien reiten. Das bedeutet, sie wissen nichts über uns und unsere Kultur. Und das macht mir Angst. Wir versuchen immer weiter über uns und unsere Kultur zu erzählen.

     

    Rabea Alsaed ist auch Künstler, seit zwei Jahren lebt er in Hamburg.

    Rabea Alsaed

    Leider bin ich in einer großen Gefahr, wir wurden vom Krieg und der Diktatur zum Gefängnis verurteilt. Ich muss hier leben und ich habe keine andere Wahl. Früher habe ich in Dubai gelebt, dort hatte ich eine kleine Firma. Weil ich gegen Al Assad war, haben sie kein Visa verlangt.  In meinen Bildern gibt es immer Blut, weil so mein Leben war. In meiner Heimat gibt es nur Blut, eine Diktatur hat unser Land verbrannt und meine Familie getötet.

    Die Künstlerin Summer Sormani lebt hier seit fast zwei Jahren.

    Summer Sormani

    Wir sind ein Volk, das es trotz dem Krieg schaffen kann. Wir versuchen mit unserer Kunst, die die Sprache der Menschheit ist, eine Integration zu schaffen. Mit unseren Gefühlen und unserer Seele können wir das schaffen, von Herz zu Herz. Meine Bilder erzählen über Frauen und ihre Musik. Sie versuchen sich zu vereinigen, um ihre Rechte und Gleichberechtigung in die Hände zu nehmen. In erdfarbenen Tönen male ich die Ruhe. 

     


    Razan Sabbagh, eine Künstlerin aus Damaskus, seit 2014 in Hamburg.

    Razan Sabbagh

    Im Ausland ist es wie zu Hause, ich bin nicht ein Flüchtling, ich bin nur ein Mensch. Ich gehöre zu der Menschheit, nicht zu einer besonderen Gruppe. Das Wort “Flüchtling” schrenkt uns ein, es ist wie ein Gefängnis für uns. Meine Bilder erzählen über meine Gefühle, meinen Zustand, als ich aus meinem Land weggefahren bin. Ich war verloren, unsicher, alles war neu, eine neue Gesellschaft. Ich habe auf meinen Fotos gemalt, weil ich mich selber dargestellt habe. Ich male meine besonderen Gefühle auf mich selbst.

    Das Ausland kann also zu einem Zuhause werden, aber das braucht Zeit.

  • Das Warten ist für Senioren und Geflüchtete gleich

    Aus diesem Grund fanden wir die Ausstellung „Warten“ in der Hamburger Kunsthalle sehr interessant. Aber wir wollten nicht alleine gehen, sondern mit anderen Menschen, die auch warten wie wir, zum Beispiel Senioren. Deshalb organisierte das Flüchtling-Magazin und Wege aus der Einsamkeit e.V. eine Veranstaltung, die Flüchtlinge und Senioren gemeinsam in die  Ausstellung „Warten“ brachte.
    Sieben
    Flüchtlinge und sieben Senioren gingen am 2. Juni miteinander ins Museum.

    Moaayad Audeh ist Flüchtling und Mitarbeiter des Flüchtling-Magazins. Er sagt:

    Moaayad Audeh

    „Wir müssen immer auf etwas warten- wie die Senioren. Daher wollten wir miteinander in die Ausstellung „Warten“ gehen. Ich bin sehr interessiert an den Senioren, weil sie oft allein leben- wie wir. Sie kennen das Gefühl der Einsamkeit wie wir. Wir sind gleich und wir brauchen einander um miteinander zu leben”.

    Julia von Weymarn hatte als Mitarbeiterin des Flüchtling-Magazins die Veranstaltung mitorganisiert. Sie ist begeistert:

    Julia von Weymarn

    “Es war ein lebendiger Nachmittag. Wir waren alle so im Gespräch miteinander, dass wir öfter vom Aufsichtspersonal angesprochen wurden, doch bitte etwas leiser zu sein 😉 – das war toll. Gemeinsam etwas erleben, baut Hemmungen und Ängste ab und lässt alle profitieren. Wir machen das wieder!

    Dagmar Hirche, von Wege aus der Einsamkeit e.V., schrieb uns danach: “Ich fand, es war ein toller gemeinsamer Besuch. Wir haben uns über die Bilder in der Ausstellung ausgetauscht. So kommen Senioren und Flüchtlinge ins Gespräch und das Alter spielt keine Rolle.

    Ich habe wahrgenommen, dass sich eine Seniorin und ein Flüchtling verabredet haben, sich wieder zu treffen, um sich gegenseitig zu unterstützen. In meinen Augen muss es viel mehr Begegnungen dieser Art geben, nur so kann Verständnis

    Dagmar Hirche

    und Toleranz auf beiden Seiten entstehen. Wir von Wege aus der Einsamkeit e.V. profitieren sehr stark davon, dass uns Flüchtlinge ehrenamtlich bei unseren Versilberer-Runden unterstützen.“

    Eine Seniorin sagte uns:

    „Es gibt so viele Gemeinsamkeiten, die wir aber nicht voneinander wissen. Ich hätte Lust, wieder etwas gemeinsam zu unternehmen. Setzt mich auf Eure Liste für Informationen. Ich komme wieder!“

    Es gibt Senioren, die Angst vor uns haben, weil sie keinen Kontakt zu uns haben. Aber wir können miteinander die Ängste überwinden, wir können uns kennenlernen. Wir können zusammen zu Veranstaltungen gehen. Und gemeinsam weiter gehen. Flüchtlinge brauchen Senioren um Deutsch zu lernen und die deutsche Kultur zu verstehen. Und die Senioren brauchen Flüchtlinge, um etwas Schönes zu erleben und sich zu unterhalten, zu reden.

    Ein Dank geht an KulturLeben Hamburg e.V., die uns ermöglichten haben, für alle einen kostenfreien Nachmittag zu organisieren.

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  • Praktische Tipps für mehr Kontakt

    Aber wie kommt man in Kontakt?

    Aus meiner Erfahrung möchte ich hier einige Beispiele nennen.

    Da ich in Duisburg lebe und mein soziales Umfeld hier habe, kenne ich mich natürlich am besten mit Aktivitäten vor Ort aus. Viele der genannten Informationen lassen sich aber auch auf andere Städte übertragen.

    Eine Möglichkeit ist, sich einem Verein anzuschließen, denn viele Deutsche sind in einem Verein aktiv. Es gibt Vereine für jedes nur denkbare Interesse, die meisten sind jedoch Sportvereine. Und manche bieten innerhalb ihres Vereins noch verschiedene Sportarten an, so wie der Polizeisportverein Duisburg, der sich bereits beim Frühstück der Flüchtlingshilfe Neudorf, auf das ich gleich noch zu sprechen kommen werde, vorstellte. Dort kann man von Karate über Fußball und Futsal bis Volleyball so ziemlich alles machen, was das Sportlerherz begehrt.

    Einige Flüchtlinge aus meinem Stadtteil Duisburg-Neudorf spielen auch bei unserem Stadtteilverein, der Tura88, Fussball.

    Dann haben wir um die Ecke noch einen sehr netten Schwimmverein, den DSV98. Dort kann man schwimmen, Wasserball spielen oder Triathlon machen. Dieser Verein sucht übrigens auch noch Trainer für die verschiedenen Bereiche, also falls jemand Interesse hat…

    Soziales Netzwerk für Nachbarn

    Letztendlich gibt es noch ein neues soziales Netzwerk, mit dessen Hilfe man seine Nachbarn besser kennenlernen kann. Dieses ist mittlerweile in sehr vielen deutschen Städten aktiv. Da jeder dort aber nur seine eigene Nachbarschaft sehen kann, kann ich nur für Duisburg-Neudorf sprechen. Hier gibt es jeden Monat einen Stammtisch, bei dem man sich gegenseitig kennenlernen kann. Auch dies ist eine gute Gelegenheit, Kontakt zu Deutschen zu knüpfen.
    Darüber hinaus hilft man sich gegenseitig, unternimmt etwas zusammen, etc.
    Diese Nachbarschaftsplattform nennt sich nebenan.de

    Kommen wir schließlich zum Nachbarschaftsfrühstück, einem Gemeinschaftsprojekt der Flüchtlingshilfe Neudorf und der Künstler vom Kultursprung e.V., das sich mittlerweile zu einer festen Institution im Stadtteil Neudorf entwickelt hat. Hier treffen sich jeden 1. Samstag im Monat Flüchtlinge und Alteingessene, um gemeinsam zu frühstücken, über Gott und die Welt zu plaudern und sich besser kennenzulernen. Oft treten auch Künstler auf oder es stellen sich Vereine und Initiativen vor.

    Teilnehmen kann jeder, der möchte. Man sollte lediglich einen Beitrag zum Büfett (was genau, ist jedem selbst überlassen) mitbringen und es wäre natürlich genial, wenn sich jemand bereit erklärt, beim Auf- oder Abbau zu helfen. Das Frünstück selbst geht von 10 bis 13 Uhr und die Ersten finden sich zum Aufbau ab 9 Uhr ein.

    Ich hoffe, ich kann mit diesen Informationen dem einen oder anderen weiterhelfen.

  • Syrische Sängerin Lena Chamamyan in Hamburg

    2002 studierte sie klassische Musik und Gesang in Damaskus. Lena Chamamyan singt in fünf Sprachen, spielt diverse Instrumente, komponiert und produziert selbst. In ihren Stücken sind viele verschiedene Farben der Musik zu erkennen (Folk, Jazz, armenische und arabische Musik, Pop). Mittlerweile lebt sie in Paris.

    Ihr wurden zahlreiche musikalische Auszeichnungen verliehen, wie zum Beispiel der zweite Platz beim Fest Lafrankovnah und die „Nahe Osten Auszeichnung“ von Radio Monte Carlo im Jahr 2006.
    Im letzten Jahr gab sie ein erstes Konzert auf Kampnagel in Hamburg. Auslöser war unter anderem die Initiative eines jungen geflüchteten syrischen Fans. Jetzt sang sie an zwei Abenden, vor jeweils 1200 Zuschauern, im Rahmen des Festivals „Theater der Welt“ wieder auf Kampnagel.

    Dieses Jahr kam sie als schillernde Multi-Instrumentalistin mit einem spektakulären Projekt zum Festivalthema „Hafen“ zurück. Der zweistündige Auftritt am Samstag und Sonntag mit Liedern über das Meer und die Häfen aus levantinischen, armenischen, bahrainischen und andalusischen Kulturen war faszinierend. Mit Lena war- neben den „Jungen Symphonikern Hamburg“- ihr eigenes ost-westliches Ensemble auf der Bühne. Musiker, Tänzer und Sänger aus Bahrain trugen jahrhunderte alte Lieder von Perlenfischern und Hochzeiten vor. Der Geiger kam aus Ägypten, aus Frankreich kamen der Pianist und der Schlagzeuger, aus Syrien der Trompeter und aus Tunesien die Kanun-Spielerin. Diese 30-köpfige Gruppe aus unterschiedlichen Ländern war durch die Musik zu einem großartigen Orchester vereint. Und sie versuchten mit Lenas Stimme Hoffnung, Liebe und Verständnis zu schaffen.

    Zugang zu einer anderen Welt

    Mit jedem Lied wurden die Zuhörer in eine andere Welt und in andere Erinnerungen entführt. Lena nahm uns mit zu einem Garten, in dem wir Jasmin riechen konnten. Wir gingen mit ihrer Stimme durch kleine Straßen in Damaskus. Sie begann das Konzert mit „We will go home“, dann „Lamma Bada“, andalusischer Musik und interpretierte schließlich das Lied „Haddadi“, Sufi-Musik.
    Bei dem Lied “Ala Moj Al Bahr “ erinnerten wir uns an unser Meer, das Mittelmeer. Bei dem Lied “Bali Maak” wanderten unsere Gefühle mit Lenas Stimme in eine andere Welt. Und dann sang sie “Shaam”. Dieses Lied bedeutet: Damaskus, du bist doch noch unsere Leidenschaft, und wir fragten uns, Damaskus, wie können wir ohne Dich leben?

    Lena Chamamyan ist unsere Hoffung für die Zukunft, sie ist mit ihrer Stimme ein helles Licht in dieser Zeit gegen den Krieg.

    Im letzten Jahr hat Lena dem Magazin „Brigitte“ ein Interview gegeben. Sie sagte: „ Für mich als Syrerin ist es ein Fakt, kein Gedanke. Es tut wahnsinnig weh, mit dem Krieg leben. Ich wünschte, ich hätte die Möglichkeit, mehr Menschen zu helfen. Ich versuche es, indem ich als Exil-Syrerin das Bild der Syrer in Europa präge und präsent halte. Ich bin Syrerin mit armenischen Wurzeln, habe also selbst einen multikulturellen Hintergrund. Ich bin es gewohnt, Brücken zu bauen zwischen Kulturen und Ansichten.“

    Nicht nur die syrischen Besucher der beiden ausverkauften Konzerte in Hamburg waren mehr als begeistert, sangen und tanzten mit. Es gab auch die eine oder andere Träne.

  • Arab Filmclub: kultureller Austausch im Kino

     

    Ich bin Mahmud Zake, aber, wie ich schon gesagt habe, alle nennen mich Wallat. Ich bin 28 Jahre alt und komme aus Nordsyrien. Ich habe in Syrien Zahntechnik studiert. Wir haben Zahnbrücken, Prothesen, Kronen und Zahnspangen gemacht. Jetzt mache ich in Hamburg meine berufliche Anerkennung. Die Teilanerkennung habe ich schon bekommen, danach mache ich 6 Monate Praktikum, um die volle Anerkennung zu bekommen. Ich bin seit 2 Jahren und 3 Monaten in Deutschland und seitdem auch in Hamburg. Durch das OHH Hilfsprogramm habe ich einen Kurs an der Uni bekommen.

    Mahmud Zake

    Außerdem mache ich beim Arabischen Filmclub die Untertitel. Wir zeigen den Deutschen unsere Filme, unsere Kultur. Wir zeigen auch deutsche Filme, damit die Flüchtlinge die deutsche Kultur kennenlernen. Damit jede Seite die Kultur des Anderen sieht. Ich arbeite dort mit- in der Gruppe nennen sie mich den Präsidenten. Und der Bundeskanzler ist Bernard. Er ist sehr lustig und er hat mit dieser Idee angefangen.

    Er fragte: Was sagst du dazu? Machen wir einen Arabischen Filmclub? Und wir haben gesagt: Ja, das machen wir. Dann haben wir uns zusammen gesetzt und schließlich eine Gruppe zusammengebracht. Organisiert haben wir das mit dem B-Movie, das ist ein kleines Kino in Sankt Pauli. Es gibt ganz viele Leute: Omar, Murat, Hamsa, Dorothea, Sara, Wissan, Jasper. Dorothea, Jasper und Bernard arbeiten meistens an den Untertiteln.

    Ich und Omar machen auch mit. Wir untertiteln jeden Film. Dafür brauchen wir immer einen Deutschen und einen Syrer. Die Syrer erklären, was sie im Film sagen und die Deutschen finden den besten Satz dafür, weil die arabische Sprache ein bisschen schnell ist. Manchmal braucht man auf Deutsch einen ganzen Satz und auf Arabisch ist es nur ein Wort. Deswegen gibt es Schwierigkeiten beim Untertiteln. Das braucht viel Zeit.

    – Wie lange arbeitet ihr dafür?

    Manchmal  zwei oder drei Monate für einen Film. Je nachdem, was für ein Film das ist. Fünf Minuten brauchen manchmal 6 Stunden Arbeit.

    – Welche Filme habt ihr schon untertitelt?

    Bis jetzt haben wir zwei Filme untertitelt. Und einen Kurzfilm. Der erste Film hieß „Die kleinen Väter“. Das ist eine Geschichte darüber, wie wichtig Familie in Syrien ist. Der zweite Film heisst „Die Grenze“. Es ist ein sehr berühmter Film. Dieser Film handelt von der Lüge von der „Arabischen Einheit“. Weil die Araber sagen, wir sind ein Land, wir sind alle Brüder, wir sind zusammen, aber „Die Grenze“ zeigt, dass es eine Lüge ist. Die Papiere sind wichtiger als die Person. Das ist ein Film von Duraid Lahham. Der dritte war ein 10-minütiger Kurzfilm mit dem Schauspieler Mashuk. Gezeigt wurde er mit zwei anderen deutschen Kurzfilmen. Das war unser erster Tag im B-Movie und das war ein großer Erfolg.

    – Welche Bedeutung hat Familie in Deutschland? Ist das Familienleben anders?

    In Syrien bleibt die Familie zusammen. In Deutschland ist man mit 18 Jahren für sich selbst verantwortlich. Die Kinder gehen in eine eigene Wohnung, finden ihr eigenes Leben. In Syrien bleiben wir in der Familie bis wir 30-40 Jahre alt sind. Wenn wir nicht verheiratet sind, gehen wir nicht in eine andere Wohnung. Der Film „Die kleinen Väter“ spricht über eine Familie aus Syrien. Die Mutter ist gestorben, und die Kinder versuchen den Traum ihrer Mutter zu erreichen: der Vater soll weiter Jura studieren, um eine bessere Arbeit zu bekommen. Die Kinder sammeln das Geld für die Bücher und der Vater vollendet so das Studium.

    – Und der nächste Film?

    Wir versuchen gerade den Film „Morgan Ahmed Morgan“ von Adel Imam zu bekommen. Der Film zeigt die Korruption in unserem Land. Wir versuchen gerade die Vorführrechte zu bekommen. Und das ist echt schwierig. So wie für die alten syrischen Filme, zum Beispiel. Weil es die europäischen Rechte für syrische Filme nicht gab. Wir versuchen die Filiale zu kontaktieren, aber bis jetzt haben wir leider keinen Erfolg.

    – Arbeitet ihr alle ehrenamtlich?

    Ja. Murat und Wissan zum Beispiel arbeiten an der Bar, verkaufen dort Getränke. Mohammed kontrolliert mit uns die Karten, ich und Omar präsentieren die Filme und ausserdem Jasser- er spricht auf Arabisch und ich auf Deutsch. Was gibt es noch? Wir haben jetzt einen Kontakt mit OKAZ, eine Organisation aus Österreich, so ähnlich wie unsere. Sie machen Arabische Abende in Wien. Vielleicht tauschen wir Filme mit einander aus, besuchen sie in Wien und zeigen unsere Filme dort- und sie zeigen ihre Filme im B-Movie.

    – Du hast gesagt, ihr möchtet auch deutsche Filme untertiteln?

    Ja, wir versuchen einen deutschen Film zu untertiteln.

    – Wie lange arbeitet ihr schon an diesem Projekt?

    Ungefähr 6 oder 7 Monate. Wir zeigen auch viele arabische Filme mit englischen Untertiteln. Sie handeln zum Beispiel von der Bürokratie in Syrien, oder der Arbeit der Schauspieler in Syrien, oder wie das Leben in Syrien in 50-60er Jahren war.

    Unser nächster Film heißt „Zanajid“. Das ist aber noch nicht sicher, das diskutieren wir morgen in unserer Gruppe. Es geht darum, wie das Leben in Syrien während der Zeit unter Präsidenten Gamal Abdel Nasser war, über die Einheit von Syrien und Ägypten  (während der Zeit der Vereinigten Arabischen Republik). Wir zeigen das Leben und die Kultur in Syrien von früher. Jeden Monat zeigen wir einen Film, immer am Sonntag, wenn das B-Movie Platz für unseren Film hat.

    Wir haben auch mit Bernard A. Homann gesprochen, er ist ebenfalls Mitglied des Arabischen Filmclubs.

    – Wie sei Ihr auf die Idee gekommen?

    Ich komme vom Film, ich bin Bühnenbildausstatter. Da liegt es einfach nahe, zu sagen: arbeiten wir mit den Flüchtlingen mit Film, weil Film immer so was Übergreifendes ist. Das versteht man in jeder Kultur und es ist klar, dass ich als Deutscher keine arabischen Filme verstehe. Trotz

    Bernard-A. Homann

    dem bin ich interessiert an der arabischen Kultur, wie sie jetzt ist, wie sie vorher war, oder an der kurdischen Kultur…

    So entstand die Idee, selbst zu untertiteln. Einer aus der Embassy (das internationale Café „Embassy of Hope“) hatte ein Untertitelprogramm, und dann haben wir einfach angefangen. Erst mit dem Kurzfilm, den Mohammed mitgebracht hat. Das war so zu sagen der Testballon, und da haben wir festgestellt: Ja, es geht, es klappt, es bringt Spaß.

    Man muss miteinander sprechen. Dann haben wir den ersten langen Film, der heute hier gezeigt wird, untertitelt. Und dann wurde das immer größer, größer, größer. Dann hat Wien angeklopft, das Österreichische-Arabische Kulturzentrum. Die wollen mit uns kooperieren. Jetzt haben wir auch das „Arsenal: Arabisches Filmfestival Berlin“ im Boot, die wollen auch kooperieren.
    Und wir werden gefördert von den AG Kino. Ich hoffe also, dass wir weiterwachsen.

    – Übersetzt Ihr gemeinsam ? Die Geflüchteten vom Arabischen ins Deutsche und Sie? Von Deutsch auf Deutsch?

    Nee, von Deutsch auf Deutsch … Das wäre zwar auch ganz lustig! Von Deutsch auf Bayerisch! Aber es geht darum die Geflüchteten zu integrieren- und das geht am Besten über Sprache und über Kultur. Wir haben festgestellt, dass man wirklich sehr gut lernt beim Untertiteln! Denn die Deutsche Sprache ist schon etwas komplizierter. Es gibt wahnsinnig viele Füllwörter, die dazwischen gesetzt werden, um einen Redefluss aufrecht zu erhalten Man sagt nicht einfach nur: Ich habe Hunger, sondern: Ich habe schon wieder Hunger, Mann, was ist denn da los! Elend lang!

    Das lernt man, glaub ich, gut beim Untertiteln, dass es nicht nur darum geht, zu sagen: Die Frau hat gesagt, ich liebe dich! Sondern es geht darum, zu erkennen: Die Frau guckt glücklich und dann sagt sie: Oh, ich liebe dich so wahnsinnig! Das ist schon mehr als: Ich liebe dich. „Oh, ich liebe dich so wahnsinnig“ ist Deutsch. „Ich liebe Dich“, das ist Untertitel.

    – Machen Sie auch mit beim Thalia-Theater?

    Der Arabische Filmclub kooperiert mit dem Thalia Theater, wir sind sozusagen Brüder. Und eigentlich ist die Mutter des Arab Filmclubs das B-Movie in Sankt Pauli. Da treffen wir uns und da zeigen wir die Filme. Und wenn die Filme erfolgreich sind, brauchen wir einen größeren Saal. Das B-Movie hat, glaube ich, nur 50 Plätze. Und hier hat man noch ein ganz anderes Publikum. Das B-Movie ist eher so ein Off-Kino, wo man normalerweise keinen Eintritt zahlt, es wird kein „James Bond“ dort gezeigt, sondern Off-Produktionen.

    Das Thalia ist das zweitgrößte Haus in Hamburg nach dem Schauspielhaus, und es ist eine Kulturinstitution. Es ist schon sehr toll, dass wir es geschafft haben, in einer wirklich funktionierenden und existierenden Kulturinstitution unseren Platz zu haben. Das Thalia unterstützt uns auch mit dem Buffet zum Beispiel.

    – Was ist Euer Ziel in der Zukunft?

    Ich kann nur von meinem Ziel sprechen. Ich möchte, dass alle bleiben. Und ich möchte, dass wir uns gegenseitig bereichern. Das wäre doch schön, oder? Der Arabische Filmclub ist erst mal der Anfang. Wir sind zum Filmfest Hamburg eingeladen, das im Oktober stattfindet. Es ist nicht so groß wie die Berlinale, aber schon das drittgrößte Filmfest in Deutschland.

    Wir möchten auch andere Nationalitäten dazu bitten, die jeweils einen Film aus ihrem Heimatland aussuchen, diesen untertiteln und auf dem Filmfest dem Hamburger Publikum vorstellen, das ist der nächste Schritt. Und wenn wir es dann noch schaffen, der AfD in den Arsch zu treten, dann ist alles erreicht. Dann haben wir eine gute Welt. Wir brauchen auch jeden Daumendruck, dass es weitergeht.

    Das Projekt Hajusom

    Hajusom, das sind drei Vornamen: Hatice, Jusef und Omied. Es ist ein Projekt für Geflüchtete. Sie machen Theater, sie machen Musik, sie tanzen und kochen. Wenn man sie googelt, dann kommt man auch gleich auf die Seite.

    Wir haben Murad Khalaf getroffen, auch er ist Mitglied im Arab Filmclub:

    ich heiße Murad Khalaf

    Murad Khalaf

    , ich bin 28 Jahre alt und Philosophielehrer. Ich bin seit 18 Monaten hier in Deutschland. Ich habe den Deutschkurs B1 gemacht. Ich arbeite im Arab Filmclub mit, wir zeigen arabische Filme, syrische Filme und wir untertiteln sie. Meine Freunde und ich arbeiten auch in der Bar im B-Movie und manchmal untertiteln wir die Filme alle zusammen.

    – Hast du heute alles hier organisiert?

    Ja. Vielleicht machen wir das jeden Monat. Das Thalia-Theater bezahlt auch für das Kochen. Vielleicht machen wir ein anderes Mal etwas mit Musik oder Tanzen. Hier ist noch ein anderer Freund Ahmed Al Zaher, er kocht sehr gut. Und ein anderer Freund Ahmad Nejib auch. Wir haben heute typisches syrisches Essen: gebackene Süßigkeiten, Fleisch, Reis, Taboule und ein typisches syrisches Getränk Tamarindi. Das ist sehr lecker. Das mache ich mit Wallat.

    – Was sind deine Ziele für die Zukunft?

    Im Oktober nehmen wir an dem Hamburger Filmfest teil. Das müssen wir noch gut besprechen. Im September zeigen wir einen Film in der Luruper Hauptstrasse in einer Halle. Wir kochen und machen Aktivitäten um den Kontakt zwischen Deutschen und Leuten aus anderen Ländern zu fördern, zum Beispiel ein Buch vorlesen oder eine Geschichte für Flüchtlinge erzählen.

    Wir sehen also: wenn die Geflüchteten in Deutschland angekommen sind, sind Sie mit Ihren Kulturen angekommen. Hier lassen sie die Deutschen an ihrere Kultur teilhaben. So verstehen wir Integration. (Anm. der Redaktion)

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