Schlagwort: migrantisch gelesen

  • „Scham ist eine Lebensrealität von uns allen” – Matthias Kreienbrink im Interview

    Kaum ein Gefühl ist so hartnäckig wie die Scham. Sie sitzt tief, oft ohne Namen, aber mit Wirkung: in der Stimme, im Gang, in der Art, wie wir schweigen, wenn wir eigentlich etwas sagen sollten. Scham ist der unsichtbare Begleiter vieler Biografien – und für Menschen mit Migrationsgeschichte ist sie fast schon ein Pflichtgefühl.

    Denn wer in dieser Gesellschaft zur Minderheit gehört, weiß, wie effizient die Mehrheitsgesellschaft darin ist, den Blick zu senken. Es reicht ein schiefer Ton, eine beiläufige Bemerkung, ein Blick zu viel oder zu wenig – und schon beginnt die innere Arbeit: War ich zu laut? Zu falsch? Zu sichtbar?

    Diese Mechanismen des Einübens, des Zurechtweisens, des moralischen Disziplinieren – freundlich verpackt als „Integration“ – sind subtil, aber wirkungsvoll. Matthias Kreienbrink hat ihnen ein Buch gewidmet: Scham. Und dieses Buch ist kein psychologischer Ratgeber, sondern ein durchdrungener Versuch, diesem Gefühl auf den Grund zu gehen. Ganz ohne es zu beschönigen, aber auch ohne sich davon lähmen zu lassen.

     

    Matthias, in deinem Buch „Scham“ verwebst du persönliche Erfahrungen mit gesellschaftlichen Analysen. Wann wusstest du, dass das Thema Scham nicht nur dein eigenes Leben durchzieht, sondern auch eines ist, über das du schreiben willst?

    Mir ist vor ein paar Jahren aufgefallen, dass ich als Journalist immer wieder über Themen schreibe, in denen es auch um die Scham geht – ohne dass ich das geplant hätte. Selbst in meiner Unizeit habe ich schon in mittelalterlichen Texten nach der Scham gesucht. Und so schlug ich damals, Mitte 2022, dem Dossier der ZEIT vor, einen langen Text über die Scham zu schreiben. Nach der Veröffentlichung fragte eine Literaturagentin, ob ich daraus nicht auch ein Buch machen möchte – und so kam es dann dazu. 

     

    Du beschreibst sehr offen deine Kindheit und Jugend, sprichst über Körperbilder, Ausgrenzung und soziale Herkunft. Wie hast du als Autor entschieden, welche persönlichen Geschichten du teilen willst – und welche nicht?

    Über die Jahre habe ich immer wieder auch Artikel aus meiner Perspektive geschrieben. Über das Abnehmen, über Angststörungen, über Tattoos. Mir ist dabei aber immer wichtig, keine Nabelschau zu betreiben, sondern diesen Ausgangspunkt – meine Erfahrungen – zu nutzen, um dann mit anderen Menschen, Betroffenen wie Expert*innen, zu sprechen. 

    Schreiben ist für mich oft hilfreich. Ich kann teils diffuse Gedanken in Sätze bannen und gebe ihnen somit eine neue Struktur. Insofern gibt es erstmal nichts, das mir per se „zu persönlich“ wäre. Denn beim Schreiben kann ich jedes Thema auf eine Meta-Ebene bringen und es somit „objektivierbar“ machen. Es ist für mich also immer eher die Frage, WIE ich über ein Thema schreibe. Und da ist es wichtig beim Schreiben genau wahrzunehmen, mit welchen Formulierungen, mit welchen Narrationen ich mich wohlfühle und mit welchen nicht. Wo ich gerne im Text heranzoomen möchte und wo nur darüber fliegen.

     

    „Scham“ ist ein stark politisches Buch – auch wenn es oft leise daherkommt. Wie hat dein Blick auf Macht und Marginalisierung deine Auseinandersetzung mit Scham geprägt? Und spielt dein eigener biografischer Hintergrund dabei eine Rolle?

    Die Macht der Scham habe ich früh gespürt – spüren müssen. Als Teenager war ich Ziel von Mobbing. Wegen meines Übergewichts, weil ich mich „zu weiblich“ benommen habe. Dass ich schwul bin, war damals für mich selbst noch gar nicht so präsent, dafür hat auch die Scham gesorgt.. Ein Verständnis dafür hatte ich also früh. Dass Scham und Beschämung aber sehr stark gesellschaftlich genormt sind, einige Personengruppen oft mehr treffen als andere – das musste ich und das müssen wir alle im Laufe des Lebens lernen. Insofern haben vor allem die theoretische Auseinandersetzung mit dieser Emotion und meine Gespräche mit vielen unterschiedlichen Menschen meinen Blick für das Politische der Scham geschärft.

     

    Im Buch kommen Menschen zu Wort, die in ganz unterschiedlichen Kontexten mit Scham konfrontiert sind. Warum war dir diese Vielstimmigkeit wichtig, und wie hast du deine Gesprächspartner*innen ausgewählt?
    Scham ist eine Lebensrealität von uns allen. Sich der Emotion theoretisch zu nähern und ihre vielen strukturellen Bedingtheiten aufzuzeigen, ist wichtig. Gleichzeitig wollte ich aber auch, dass die oft destruktive Seite der Scham im Leben einzelner Menschen sichtbar wird. Und Menschen in meinem Buch auch für sich selbst sprechen können – aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Teilweise sind das Personen, mit denen ich schon früher einmal für Artikel zu bestimmten Themen gesprochen hatte. Oder Personen, über die ich zufällig „gestolpert“ bin. Bei allen war mir aber wichtig, dass ich ihre Geschichte so wahrhaftig wie möglich erzähle.

     

    Hat sich durch das Schreiben von „Scham“ dein Blick auf Sprache und Öffentlichkeit verändert – vielleicht sogar dein journalistisches Arbeiten?

    Nein, das eher nicht. Während meines Studiums hatte ich mich bereits viel mit Sprache, Macht und Öffentlichkeit auseinandergesetzt. Allerdings hat sich mein Blick auf die Scham selbst nochmal verändert. Indem mir nochmal klarer geworden ist, dass die Scham keine inhärent „negative“ Emotion ist, sondern eigentlich sogar sehr produktiv sein kann – unter den richtigen Bedingungen, die ich eben auch im Buch versuche zu erklären.

     

    Könntest du uns zwei oder drei Werke nennen, die dein Schreiben und deinen Werdegang als Autor geprägt haben?

    Das ist eine schwierige Frage. Ich würde da zunächst „Effi Briest“ von Fontane nennen. Das Buch habe ich während meiner Zeit als Koch gelesen. Und der Umstand, dass es mir tatsächlich gut gefallen hat, hat mit dazu geführt, dass ich daraufhin mein Abitur auf einem Abendgymnasium nachgeholt habe. Lesen hatte vorher keinen Stellenwert in meinem Leben. Das zweite wäre wahrscheinlich „Das Unbehagen der Geschlechter“ von Judith Butler und/oder „Die Ordnung der Dinge“ von Foucault. Auch wenn ich inzwischen einige Aspekte der postmodernen Theorie kritisch sehe, haben diese und andere Werke mir während des Studiums sehr viel beigebracht. Zuletzt möchte ich noch „Knife“ von Salman Rushdie nennen, das auch in meinem Buch vorkommt. Und „Empusion“ von Olga Tokarczuk als das letzte Buch, das mich so richtig bewegt hat.

     

     

    Buchcover Scham

    Scham

    Matthias Kreienbrink gelingt mit Scham ein kluges und persönliches Sachbuch über ein Gefühl, das oft verdrängt wird, aber unser Leben tief prägt. Er analysiert nicht nur gesellschaftliche Beschämungsmechanismen, sondern zeigt auch, wie Scham produktiv werden kann – wenn wir ihr zuhören, statt sie zu bekämpfen. Durch biografische Offenheit und vielfältige Fallgeschichten entsteht ein ehrlicher Blick auf eine Emotion, die uns alle betrifft. Kreienbrink schreibt empathisch, ohne zu moralisieren – und macht spürbar, warum es heilsam sein kann, sich mit der eigenen Scham auszusöhnen.

  • Buchtipps für unsichere Zeiten

    Seit der letzten Ausgabe hat sich die Welt weitergedreht. Und das alles mit einer Geschwindigkeit, die schwer zu greifen ist. Im Bundestag hat die politische Debatte neue Tiefpunkte erreicht, in den USA droht ein Chaos, im Nahen Osten reißen Gewalt und Eskalation nicht ab, in der Türkei verschärft sich die Repression, in Osteuropa verschieben sich Grenzen und Gewissheiten – und auch an vielen anderen Orten geschieht Wandel, von dem wir kaum etwas mitbekommen.

    Wenn man eines über all diese Entwicklungen sagen kann, dann wohl dies: Sie haben uns noch unsicherer gemacht – besonders als Migrant*innen, die ohnehin zwischen Systemen, Zugehörigkeiten und Geschichten navigieren müssen.

    Was also tun mit dieser Unsicherheit? Ich glaube, man muss der Welt tiefer begegnen – nicht unbedingt intensiver. Auch wenn es mir als Journalist nicht leichtfällt, vom permanenten Nachrichtenkonsum abzuraten, plädiere ich für mehr Ruhe, mehr Innehalten, mehr Zurückhaltung. Vor allem dann, wenn man auf das Weltgeschehen keinen unmittelbaren Einfluss hat.

    Für diesen bewussteren Umgang mit der Gegenwart möchte ich dir ein Buch ans Herz legen, das genau dazu einlädt.

    Tipp der Woche

    Im Schwarm: Ansichten des Digitalen

    In „Im Schwarm“ analysiert Byung-Chul Han die Auswirkungen digitaler Kommunikation auf unsere Gesellschaft – und kommt zu einem ernüchternden Befund: Die sozialen Medien fördern einen impulsgetriebenen, affektgeladenen Austausch, der echte Öffentlichkeit und Dialog verdrängt. Statt Tiefe und Reflexion regieren Likes, Shitstorms und endlose Meinungsfragmente. Hans zentraler Appell: Wir sollten lernen, uns der digitalen Reizüberflutung zu entziehen. Weniger Reaktion, mehr Kontemplation. Nur durch bewusste Zurückhaltung lässt sich ein Raum schaffen, in dem wieder echte Begegnung und politischer Diskurs möglich sind. Gerade in Zeiten von Dauerempörung und algorithmisch befeuerter Aufmerksamkeitsökonomie ist dieser Gedanke aktueller denn je. Im Schwarm ist kein Rezeptbuch – aber ein stilles Plädoyer für mehr Nachdenklichkeit im digitalen Rauschen.

     

    Manchmal ist es nicht die große politische Analyse, die uns die Welt näherbringt, sondern eine persönliche Geschichte, in der sich all das spiegelt, was wir kaum in Worte fassen können: Entwurzelung, Sprachverlust, Wut, Scham, Zärtlichkeit. „Good Girl“ von Aria Aber ist ein solcher Roman – poetisch, vielschichtig und schonungslos. Er führt uns an die Bruchstellen einer migrantischen Existenz, an die Grenzen familiärer Erwartungen und mitten hinein in die Frage, wie man in einer Sprache heimisch werden kann, die einem nie ganz gehört.

    Good Girl

    In „Good Girl“ erzählt Aria Aber mit schnörkelloser Eleganz von einer jungen Frau zwischen Sehnsucht, Herkunft und Selbstverlust. Nila, aufgewachsen in der Gropiusstadt, taumelt durch Berlin. Sie bewegt sich zwischen Plattenbau, Poesie, Party und patriarchaler Kunstwelt. Als sie auf den berühmten Schriftsteller Marlowe trifft, öffnet sich eine Tür zur Hochkultur – und eine Falle.

    Aber schreibt mit kühler Klarheit und schneidender Intelligenz über Begehren, Macht und die Versuchung, sich selbst zu verraten, um dazuzugehören. Ein wilder, dunkler, kluger Roman über das, was wir für Anerkennung opfern – und was davon bleibt.

    Die Suche nach Zugehörigkeit, das Ringen mit biografischen Brüchen, der Versuch, sich inmitten politischer und familiärer Spannungen zu verorten – all das sind nicht nur literarische Motive, sondern hochaktuelle Fragen. Gerade in Zeiten, in denen die Debatte um Identität, Männlichkeitsbilder und migrantische Narrative wieder einmal vereinfacht oder instrumentalisiert wird, lohnt es sich, genauer hinzusehen. Ein weiterer Roman, der diese Themen aufgreift – schmerzhaft, direkt, und aus einer Perspektive, die selten im Mittelpunkt steht.

    Sohn ohne Vater

    In „Sohn ohne Vater“ nimmt Feridun Zaimoglu seine Leser*innen mit auf eine Reise durch Länder, Erinnerungen und Widersprüche. Der Tod des Vaters ist der Auslöser – nicht nur für eine Fahrt im Wohnmobil von Kiel in die Türkei, sondern für eine intensive Auseinandersetzung mit Herkunft, Trauer und der unaufhaltsamen Nähe zur Mutter. Der Ich-Erzähler schwankt zwischen Widerwillen und Verpflichtung, zwischen Stolz und Schmerz.

    Zaimoglu erzählt mit Wucht, Pathos, Witz und sprachlicher Hingabe. Erinnerungen flackern auf, Träume vermischen sich mit Realem, und selbst auf dem Rücksitz eines klapprigen Campers ist die Frage nach Zugehörigkeit allgegenwärtig. Ein melancholischer, kraftvoller Roman über Väter, Söhne und die Orte, an denen man vielleicht nie ganz ankommt.

     

  • Ein Jahresrückblick mit migrantisch gelesen

    Mein Name ist Omid Rezaee – freier Journalist, Buchenthusiast und dein persönlicher Buchkritiker. Willkommen zur 11. und letzten Ausgabe von migrantisch gelesen im Jahr 2024.

    Die Feiertage stehen bevor – eine Zeit, die meiner Erfahrung nach für viele migrantisierte Menschen ambivalent ist. Ich erinnere mich an einige Weihnachten, an denen meine Mitbewohner*innen und Freund*innen verreist waren und die Festtage im Kreise ihrer Liebsten verbrachten. In diesen Momenten, wenn Einsamkeit besonders spürbar wird, waren es für mich vor allem Bücher und das Lesen, die mir geholfen haben. Sich in fiktive Welten, andere Universen und ferne Zeiten zu vertiefen, ist ein Fluchtweg aus der harten Realität der Einsamkeit.

    Vor einigen Wochen habe ich mit einer Freundin über genau dieses Gefühl der Einsamkeit gesprochen, und sie hat mir das Buch „Allein“ von Daniel Schreiber empfohlen (ja, manchmal – wenn auch nicht oft – lasse ich mir Bücher empfehlen!). In diesem Buch beschäftigt sich Schreiber mit dem Unterschied zwischen Einsamkeit und Alleinsein. Spoiler: Der größte Unterschied liegt darin, dass man sich das Alleinsein aussucht, während die Einsamkeit einen überwältigt. Dieses Buch hat mir – als jemand, der gerne allein ist, aber gelegentlich von Einsamkeit übermannt wird – geholfen, bewusster mit diesem Gefühl umzugehen.

    Allein

    Daniel Schreiber widmet sich in seinem Buch „Allein“ einem der größten gesellschaftlichen Tabus unserer Zeit: dem Alleinsein. Dabei geht es nicht nur um die Einsamkeit, die als Schmerz empfunden wird, sondern auch um das Potenzial, das in der Selbstbestimmung liegt. Er nähert sich dem Thema mit einer seltenen Kombination aus persönlicher Offenheit und intellektueller Tiefe.

    Das Buch bietet keine einfachen Antworten und ist kein Ratgeber. Vielmehr entfaltet es eine essayistische Reise, die sich mit philosophischen, soziologischen und literarischen Perspektiven ergänzt. Diese Vielfalt dient nicht als bloße Verzierung, sondern vertieft das Verständnis für das Spannungsfeld, in dem das Alleinsein steht: zwischen dem gesellschaftlichen Ideal der Paarbeziehung und der realen Erfahrung des Alleinlebens. „Allein“ ist ein Werk, das nicht nur die Lesenden berührt, sondern auch eine Reflexion über den Wert von Beziehungen, Freundschaften und Selbstfürsorge anstößt.


    Seit diesem Sommer empfehle ich dir alle zwei Wochen Bücher und Autor*innen, die neue Perspektiven eröffnen und nicht selten Denkanstöße bieten. Zum Abschluss des Jahres 2024 möchte ich auf die Highlights dieses Newsletters zurückblicken – Bücher, die sich perfekt als entspannte, aber zugleich anspruchsvolle Lektüre für die Ferientage eignen.

    Zuerst:

    „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ – eine Sammlung von Kurzgeschichten, die sich leicht lesen lässt und perfekt für ein entspanntes Lesevergnügen während der Ferien geeignet ist.

    Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne

    Schon der Titel lässt erahnen, mit welchem feinen Humor Stanišić selbst die ernsthaftesten Themen behandelt. Zur Erinnerung: 2019 wurde er für „Herkunft“ mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Zwar dreht sich sein neues Buch nicht direkt um die Frage der Identität, doch bereits das erste Kapitel trägt den Titel „Die neue Heimat“. Ganz losgelöst von diesem Thema sind die Geschichten also auch diesmal nicht.

    Saša Stanišićs Erzählband changiert spielerisch zwischen Realität und Fiktion, Vergangenheit und Zukunft. In zwölf Geschichten entwirft Stanišić alternative Lebenswege und Szenarien, die von einer Kindheit in Heidelberg bis zu imaginären Reisen nach Helgoland reichen. Mit viel Witz und literarischer Raffinesse erkundet er das menschliche Streben nach einem besseren Leben, ohne dabei den scharfsinnigen Blick für die Härten des Alltags zu verlieren. Ein faszinierendes, komplexes Werk voller Tiefe und Humor.

    Wenn ihr treue Leser*innen seid, wisst ihr, dass mein absolutes Highlight des Jahres der neue Roman von Olga Grjasnowa ist – ein ebenso humorvoller wie bitterer Roman über Familie und Identität.

    Juli, August, September

    In Olga Grjasnowas neuem Roman „Juli, August, September“ entfaltet sich ein Familiendrama, das von Berlin über Russland und Baku bis nach Jerusalem reicht und dabei deutsche Faschismusgeschichte, russischen Kommunismus und den zerstörerischen Neoliberalismus unserer Zeit miteinander verknüpft.

    Und nun eine praktische Empfehlung: „Die 0%-Methode: Mit maximalem Aufwand zu keinerlei Erfolg“. Dieses Buch hilft euch, dem Erfolgswahnsinn unserer Zeit zu entkommen, die Dinge mit etwas Humor zu betrachten und auch mal entspannt Low-Performer*innen zu sein!

    Die 0%-Methode

    „Die 0%-Methode“ von Astrid Scheib und Robin Däutel nimmt auf humorvolle Weise den Trend zur Selbstoptimierung aufs Korn. Das fiktive Autor*innenduo feiert das Nichtstun als legitime Lebensweise und lädt Leser*innen ein, sich von gesellschaftlichen Zwängen wie Produktivität und Perfektionismus zu befreien. Mit ironischen Ratschlägen und überzeichneten Lebensgeschichten präsentieren sie das Scheitern als Erfolgsrezept und schaffen es, die Absurdität unserer Leistungsorientierung auf urkomische Weise zu entlarven – ein befreiendes Lesevergnügen für alle, die sich der Optimierungsfalle entziehen wollen.


    Und für alle, die hier nichts Passendes finden, habe ich noch weitere Tipps: Die ZEIT hat eine Liste der besten 100 Bücher des Jahres veröffentlicht – einige davon habe ich in den letzten Monaten bereits für dich rezensiert. Außerdem bietet Zeit Online ein praktisches Tool, das dir anhand einiger Fragen den perfekten Roman für die Ferien empfiehlt. Und wirf unbedingt einen Blick in den Online-Shop von kohero. Dort verkaufen wir inzwischen viele spannende Bücher migrantischer Autor*innen – aufgrund der deutschen Buchpreisbindung kosten Bücher übrigens überall gleich viel. Einige der Bücher im Shop kennst du bereits aus diesem Newsletter, doch das Stöbern lohnt sich auf jeden Fall!

    Mit diesem Newsletter versuche ich, einen neuen Blick auf die Literatur und den Literaturbetrieb zu werfen – und es scheint, dass dies nicht ganz erfolglos war. Im Laufe des Jahres haben sich unter anderem Behzad Karim Khani, Shida Bazyar, Olga Grjasnowa und Hengameh Yaghoobifarah indirekt an der Diskussion beteiligt. Im nächsten Jahr möchte ich diesen Ansatz weiter vertiefen und den deutschsprachigen Literaturbetrieb noch stärker aus migrantischer Perspektive beleuchten.

    Ich wünsche dir erholsame Feiertage, inspirierende Lektüre und einen gelungenen Start ins neue Jahr. Vielen Dank, dass du mich durch dieses Jahr begleitet hast – ich freue mich darauf, 2025 mit dir weiterzudenken, zu lesen und zu diskutieren!

    Bis zum nächsten Jahr und liebe Grüße,

    Euer Omid

  • „Queeres Erzählen birgt für mich etwas Widerständiges”

    Stell dir vor: Alle drei Personen, die du gleichzeitig datest, stehen plötzlich gemeinsam vor deiner Tür. Und noch extremer: Alle drei verbringen stundenlang mit dir zusammen in einem Raum und müssen miteinander klarkommen. Eine Situation, die wohl kaum überwältigender sein könnte. Genau das ist der Ausgangspunkt des neuen Romans von Hengameh Yaghoobifarah.

    Ich habe mit Hengameh über queere Literatur im deutschsprachigen Raum, Rassismus und die persönliche Schreiberfahrung gesprochen.

    In deinem neuesten Werk „Schwindel“ verknüpfst du die Themen Queerness, Identität und das Aufwachsen als Migrant*in. Wie ist diese Geschichte entstanden und was hat dich dazu inspiriert, sie zu erzählen?

    Am Anfang stand die Idee eines Kammerspiels über eine etwas chaotisch geführte Poly-Konstellation auf dem Dach eines Hochhauses. Ich hatte Lust, eine Geschichte mit simplem Plot zu schreiben und in der Erzählweise und -form experimenteller zu arbeiten. Dabei wollte ich zum einen einige Dinge, wie etwa queeres Begehren oder Fragestellungen danach, was es in der Gegenwart bedeutet, lesbisch zu sein, expliziter formulieren, und zum anderen die Aspekte wie einen geografischen konkreten Ort – und damit zusammenhängend die Rassifizierung der Figuren – in Leerstellen ruhen lassen. Es sollte gleichermaßen partikular und universell werden, denn die Motive des Romans sind Begehren, Gefangenschaft und Wahrheitsfindung – das betrifft alle Menschen, egal ob queer oder nicht.

    Queerness ist ein wiederkehrendes Motiv in deinen Werken. Wie siehst du die Entwicklung „queerer“ Literatur in Deutschland? Ist es überhaupt richtig, von einer queeren Literatur oder einem queeren Erzählen zu sprechen?

    Es gibt queere Erzähltraditionen, auch im deutschsprachigen Raum. Dabei ist es mir wichtig zu betonen, dass es sich dabei nicht um ein festes, leicht definierbares Genre handelt, denn queere Literatur kann Sci-Fi, Krimi, Romantasy, Thriller oder Familienroman sein. Queeres Erzählen birgt für mich etwas Widerständiges, eine Verweigerung des Erwarteten, und häufig auch eine Verknüpfung von Kämpfen und Welten. Ich denke da beispielsweise an den Klassiker „Stone Butch Blues“ von Leslie Feinberg. Feinberg schrieb nicht nur darüber, was es bedeutete, in den USA der 1950er und später lesbisch, butch und queer zu sein, sondern auch von Polizeigewalt, Gewerkschaftskämpfen und Gemeinschaft.

    Du bist bekannt für deine kritische Auseinandersetzung mit Rassismus, wie etwa in „Eure Heimat ist unser Albtraum“. Welche Rolle spielt dieser Aspekt in „Schwindel“?

    In „Schwindel“ habe ich darauf verzichtet, meinen Figuren klare ethnische Merkmale zuzuschreiben, wie bestimmte Sprachen oder Herkünfte. Da der Ort der Geschichte nicht definiert ist, ist zum Beispiel gar nicht deutlich, auf welchem Kontinent wir uns überhaupt befinden. Gibt es also überhaupt eine weiße Mehrheitsgesellschaft dort? Für mich ist keine der Figuren weiß, manche haben Familiengeschichten, die eine Migration beinhalten könnten, das wird zum Beispiel deutlich, als Robin mit ihren Eltern in ein Restaurant geht und sie sich wie eine Vermittlerin von unterschiedlichem Habitus fühlt. Ich habe die Namen bewusst so gewählt, dass sie nicht auf eine spezifische Herkunft hindeuten. Während ich es in „Ministerium der Träume“ wichtig fand, die Familiengeschichte samt Flucht aus dem Iran und rechtem Terror in Deutschland so spezifisch wie möglich zu erzählen, fand ich es in „Schwindel“ befreiend, dass es kein „Buch über Rassismus“ sein musste.

    Wie hat deine persönliche Biografie als Person mit Migrationsgeschichte und deine Erfahrung als nicht-binäre Autor*in deinen Schreibstil geprägt?

    Diese Erfahrungen verschaffen mir Zugänge zu unterschiedlicher Sprache und Szenen, die mich dazu ermutigen, mir etwas Eigenes zu überlegen und mit Ideen herumzuspielen, statt in vorgefertigte Formen zu verharren. Ich denke viel über den Mythos des „Schutzes der deutschen Sprache“ nach, den konservative bis rechte Sprachfanatiker*innen sowohl durch gendersensible Formulierungen als auch dem Verwenden von Anglizismen oder Kanak Sprak bedroht sehen. Diese irrationalen Ängste zu triggern, nehme ich als Serviceauftrag an mich und meine Kolleg*innen an.

    Welche Werke haben dein Schreiben und deinen Werdegang geprägt?

    Anne Carson: The Autobiography of Red; Joan Nestle: A Restricted Country; May Ayim: blues in schwarz weiss


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  • migrantisch gelesen: Queere Widerstände

    Mein Name ist Omid Rezaee, freier Journalist, Buchenthusiast und dein persönlicher Buchkritiker. Willkommen zur neunten Ausgabe von „migrantisch gelesen“!

    Zu den gängigen rassistischen Narrativen gehört es, Queerfeindlichkeit und rassistische Diskriminierung gegeneinander auszuspielen. So wird Queerfeindlichkeit oft als „importiertes Problem“ dargestellt, um rassistische Ressentiments zu verstärken.

    Genau gegen dieses Narrativ wendet sich Politik- und Sozialwissenschaftler*in Tarek Shukrallah in dem Buch „Nicht die Ersten“. Zahlreiche Autor*innen erzählen darin die Geschichte der queeren Bewegungen in Deutschland – aus der Perspektive von Schwarzen Queers und Queers of Color. Das Werk ist ein Gespräch zwischen verschiedenen Generationen queerer Aktivist*innen of Color in Deutschland und ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass migrantisierte Menschen bereits seit den 1980er Jahren einen bedeutenden Beitrag zur queeren Bewegung in diesem Land leisten.


    Tipp der Woche

    „Nicht die Ersten“

    In „Nicht die Ersten“ zeichnet Tarek Shukrallah ein vielschichtiges Bild der Bewegungsgeschichten queerer Schwarzer Menschen und People of Color in Deutschland von den 1980er Jahren bis heute.
    Der Band verbindet persönliche Erzählungen mit historischen Analysen und beleuchtet, wie queere und antirassistische Kämpfe sich gegenseitig durchdringen.

    Besonders eindrücklich zeigt Shukrallah, wie Errungenschaften weißer schwul-lesbischer Bürgerrechtsbewegungen oft auf Kosten migrantischer und queerer BIPoC-Communities erkauft wurden. Mit bewegenden Geschichten, kritischen Reflexionen und einer klaren politischen Botschaft bietet das Buch nicht nur ein wichtiges Archiv widerständigen Wissens, sondern auch Inspiration für heutige und zukünftige Kämpfe. Ein unverzichtbarer Beitrag zur queeren Geschichtsschreibung in Deutschland.


    Schwindel

    In „Schwindel“ zeichnet Hengameh Yaghoobifarah ein intensives Porträt queeren Begehrens, das sich zwischen Identitätsfragen, polyamoren Verstrickungen und Generationenkonflikten entfaltet. Die klaustrophobische Ausgangssituation – vier Menschen, eingeschlossen auf einem Hochhausdach – wird zum emotional aufgeladenen Kammerspiel, in dem Avas Beziehungen zu Robin, Delia und Silvia auf den Prüfstand gestellt werden. Yaghoobifarahs Stil überzeugt durch sprachliche Raffinesse, humorvolle Dekonstruktion von Klischees und den sensiblen Umgang mit Themen wie nicht-binärer Identität und queeren Lebensrealitäten.

    Der Roman schafft es, relevante Gegenwartsthemen leichtfüßig und unterhaltsam zu fiktionalisieren. Besonders beeindruckend ist, wie der Text den Slang und die Lebenswelt der queeren Community einfängt, während er tiefere Fragen nach Nähe, Individualität und sozialer Normierung stellt. „Schwindel“ ist ein wichtiger Beitrag zur queeren Literatur, der sowohl emotional packt, als auch gesellschaftlich nachhallt.


    Toleranz und Widerstand – zwei Begriffe, die oft schwer miteinander zu vereinbaren scheinen, aber für uns als Minderheiten untrennbar verbunden sind. Toleranz bedeutet nicht, still zu bleiben oder Ungerechtigkeiten hinzunehmen. Sie bedeutet, für Vielfalt einzustehen, während wir uns gleichzeitig gegen Diskriminierung und Unterdrückung wehren. Bücher wie die in dieser Ausgabe vorgestellten können uns dabei helfen, die Mechanismen von Macht und Ausgrenzung besser zu verstehen – und uns ermutigen, weiterzumachen.

    Schreib mir gerne, was Toleranz und Widerstand für dich bedeutet und welche Geschichten dich dabei inspirieren.

    Bis bald und liebe Grüße

    Dein Omid

  • Dilek Güngör: „Ich schreibe von Dingen, die ich spüren kann“

    Auch in ihrem vorherigen Roman, Vater und ich, der 2021 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand, setzte sich Güngör mit den familiären Dynamiken und den Beziehungen migrantischer Kinder zu ihren Eltern auseinander. Ich habe mit ihr über ihr Schreiben, die Frage der Identität und ihren Werdegang von der Journalistin zur Autorin gesprochen.

    Dein neues Buch „A wie Ada“ erzählt in kurzen Episoden von den Erfahrungen der Protagonistin von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Was hat Dich zu dieser Erzählform inspiriert?

    Mit der kurzen Form habe ich angefangen zu schreiben, ich hatte vor 20 Jahren eine kleine Kolumne in der „Berliner Zeitung“, 37 Zeilen lang. Mir macht es Spaß, dicht zu schreiben, ich versuche, viel auf wenig Platz zu sagen.

    In „Vater und ich“ beschreibst Du die Beziehung zwischen einer Tochter und ihrem Vater, der als sogenannter Gastarbeiter nach Deutschland kam. Wie viel Deiner eigenen Familiengeschichte steckt in diesem Werk, und wie findest Du die Balance zwischen Fiktion und autobiografischen Elementen?

    In „Vater und ich“ steckt sehr viel von dem, was ich selbst gelebt und gefühlt habe. Ich schreibe fast ausschließlich von Dingen, die durch mich hindurch gegangen sind, von Dingen, die ich sehr gut kenne und die ich spüren kann. Alles andere empfinde ich als lästige Arbeit. Mittlerweile mache ich mir um die Balance zwischen „echt“ und „ausgedacht“ keine Gedanken mehr, anfangs war es mir unangenehm, aus meinem Leben zu erzählen, weil ich dachte, das gilt nicht als Literatur. Inzwischen kümmert mich das nicht mehr.

    Familienbeziehungen spielen in Deinen Büchern eine zentrale Rolle. Wie prägen sie die Entwicklung Deiner Figuren, und was fasziniert Dich am Zusammenspiel von Nähe und Konflikt innerhalb der Familie?

    Ich würde mich gar nicht als Familienmensch bezeichnen, meist fühle ich mich als Einzelne inmitten anderer. Trotzdem interessiert mich die Beziehung zwischen Menschen sehr, ich versuche, herausfinden, wie das funktioniert: Geborgenheit und Zugehörigkeit, Solidarität und Nähe, sich aushalten können und miteinander schweigen, Vertrauen. Manchmal überwältigt mich das.

    Dein Werdegang – von der Ausbildung als Übersetzerin über das Journalistik-Studium bis hin zur Schriftstellerin – ist bemerkenswert vielseitig. Wie haben diese Erfahrungen Deine Perspektiven und Themenwahl in der Literatur geprägt?

    Zum Schreiben bin ich erst spät gekommen, mit „Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter“ habe ich mit 31 Jahren angefangen. Ich habe nie gedacht, ich will Schriftstellerin werden. Bis ich mit meinem journalistischen Aufbaustudium angefangen habe, dachte ich, ich werde Übersetzerin. Vieles in meinem Leben war Zufall, auch der Journalismus, der Umzug nach Berlin. Aber ich probiere gerne aus und sage meistens oft „ja“, wenn sie eine interessante Gelegenheit bietet. Ich habe keine Angst, neu anzufangen. Meine Themenwahl ist – zu meiner eigenen Überraschung – relativ eng, es ist von Anfang an der Vater, die Familie gewesen und jetzt mit „Ada“ ist sie sogar noch enger geworden. Für „Ada“ bin ich ganz in mich hineingekrochen.

    Migration und Identität sind zentrale Themen in Deinen Büchern. Wie hat Deine eigene Erfahrung als Tochter türkischer Migrant*innen Dein Schreiben und Deine Figuren beeinflusst, besonders im Hinblick auf den Dialog zwischen den Generationen?

    Das Fehlen von Eindeutigkeit, die Möglichkeit, dass auch etwas ganz Anderes richtig sein kann, ist das, was ich aus meiner Zweisprachigkeit gezogen habe. Auch, dass es im Hintergrund immer noch ein anderes Land, eine Familie gab, dass ich ein ganz anderes Leben gelebt hätte, wenn meine Eltern nicht nach Deutschland gezogen wären. Das ist das, was mich am Zugewandertsein am meisten geprägt hat. Das Fremdsein in einer Umgebung, die sich doch eigentlich so vertraut anfühlt und die vermeintliche Zugehörigkeit an einen Ort, an eine Kultur, die dann überraschenderweise doch nicht so vertraut ist. Ich sehe die Spanne zwischen der Kindheit meiner Eltern, meiner Kindheit und der meiner Kinder wiederum. Und obwohl vieles jeweils ganz anders ist als bei den Eltern, sind wir alle Menschen mit ähnlichen Sehnsüchten und Bedürfnissen und Ängsten – egal welcher Generation wir angehören.

    Könntest Du zwei oder drei literarische oder non-fiction Werke nennen, die Dein Schreiben und Deinen Werdegang als Autorin geprägt haben?

    Non-Fiction fällt mir wirklich nichts ein.

    Bevor und während ich „Ich bin Özlem“ schrieb, habe ich aber sehr viel in „The Chronology of Water“ (deutsch: In Wasser geschrieben) von Lidia Yuknavitch gelesen. Und fast jeden Tag, bevor ich angefangen habe zu schreiben, mir das Video von Brené Browns TED-Talk „The Power of Vulnerability“ angesehen.

  • Solmaz Khorsand:“Ich habe mehrere Welten, aus denen ich schöpfen kann“

    Den Fall der Berliner Mauer könnte man als eine Revolution bezeichnen, wie viele andere Revolutionen auch – geprägt und vorangetrieben von einer kleinen Minderheit, die nicht „mitläuft“, sich nicht anpasst und Widerstand leistet, selbst wenn diese Bewegungen scheitern. Mit genau diesem Thema setzt sich Solmaz Khorsand, die iranischstämmige Wienerin, in ihrem neuen Buch „untertan – Von braven und rebellischen Lemmingen“ auseinander.

    Khorsand hat als Journalistin über eine Vielzahl von Themen berichtet: von der österreichischen Innenpolitik über gesellschaftliche Entwicklungen in Belarus bis hin zu Wahlen im Iran. Sie ist eine scharfsinnige Beobachterin, die ihre Eindrücke in prägnante Analysen verwandelt und uns, die Gesellschaft, genau dort trifft, wo es schmerzt. Ich habe mit ihr nicht nur über ihr neues Buch, sondern auch über ihr Schreiben gesprochen.

    In „untertan“ sprichst du über subtile Mechanismen der Selbstzensur und gesellschaftliche Machtstrukturen. Wie stark beeinflussen diese Mechanismen Menschen mit Migrationsgeschichte, die sich oft in der Position des „Dazwischen“ befinden?

    Ich tue mir schwer mit verabsolutierenden Aussagen. Ich denke nicht, dass alle Menschen mit Migrationsgeschichte von denselben Mechanismen beeinflusst werden, genauso wenig bezweifle ich, dass sie sich alle in einem „Dazwischen“ empfinden. Mir war es wichtig, in „untertan“ unterschiedliche Anpassungs-und Unterwerfungsformen anzusehen. Daher auch die Unterscheidung im Untertitel von „braven“ und „rebellischen“ Lemmingen. Auch Anpassung kann als Ermächtigungs- und Emanzipationsakt interpretiert werden.

    Ich denke, dass marginalisierte Personen, die nie sicheren Boden unter den Füßen hatten und ständig gezwungen sind, sich ohne Rücksicht auf ihre Realitäten anzupassen, unter ganz anderen Bedingungen zur Anpassung gedrängt werden (und sich oft dagegen wehren), als jene, die die Sicherheit eines stabilen Status Quos kennen und bei der Anpassung auf viel Verständnis stoßen.

    Inwieweit prägt deine Biografie dein Denken und dein Schreiben?

    Weder in „Pathos“ noch in „untertan“ spielen meine persönlichen Erlebnisse eine Rolle. Mein „Ich“ kommt, soweit ich mich erinnere, nur in den Danksagungen vor. Es sind beides essayistische Bücher, die menschliche Phänomen mit Zuhilfenahme aktueller oder weniger aktueller politischer, kulturwissenschaftlicher und popkultureller Beispiele beschreiben, analysieren und kommentieren. Darauf lege ich Wert, da es sich um keine biografische Nabelschau handelt. Ja, mein Denken ist natürlich biografisch, wodurch die Auswahl von Themen, Gesprächspartnern, Beispielen etc. beeinflusst wird, aber das ist auch schon alles an Biografischen, so wie bei jedem anderen Menschen.

    Als Journalistin mit iranischen Wurzeln und Autorin auf Deutsch und möglicherweise auch anderen Sprachen: Welche Rolle spielt Mehrsprachigkeit in deinem Alltag und in deiner schriftstellerischen Arbeit?

    Ich fühle mich aufgrund meiner Mehrsprachigkeit privilegiert. Daher musste ich seit meiner Kindheit immer darüber lachen, wenn das irgendwo irgendwer versucht hat zu problematisieren. Ich habe dann meistens voller Mitleid gekontert: Wirklich nur eine Sprache, das muss schon schlimm sein für dich, oder? Du hast nur diese eine Welt, ich habe noch so viel mehr, aus der ich schöpfen kann. So halte ich es bis heute, obgleich vielleicht etwas sensibler gegenüber den sprachlich weniger Privilegierten.

    Wie siehst du deine eigene Identität, und wie hat sie sich über die Jahre hinweg entwickelt?

    Mir ist schon klar, dass sehr viel am Büchermarkt erscheint, das ohne das Ich nicht auskommt, auskommen kann oder will, aber ich lehne es – bislang – für meine Arbeit sehr bewusst ab. Diese Besessenheit mit den eigenen Identitäten und diese Selbstbezogenheit, die wir uns alle bis zum Erbrechen antrainiert haben und worauf sich einige reduzieren, reduziert werden, oder selbst absichtlich reduzieren lassen wollen, langweilt mich und ich lehne es für mich ab.

    Was bedeutet Schreiben für dich – ist es eher eine Form von Selbstermächtigung, ein Mittel zur Auseinandersetzung mit deiner Umwelt oder ein Weg, andere zu inspirieren?

    Es ist die Art, wie ich mein Denken sortiere, mich zum Denken zwinge und schnöderweise einfach, wie ich meinen Lebensunterhalt verdiene – oder noch verdienen darf.

    Könntest du zwei oder drei literarische oder non-fiction Werke nennen, die dein Schreiben und deinen Werdegang als Autorin und Journalistin geprägt haben?

    Ich hatte immer sehr viel Respekt vor Autorinnen und Schriftstellern, ehrlicherweise zu viel Respekt, dass ich das je bewusst als Werdegang angepeilt hätte. Mit Journalismus war das anders. Das war mit 15 eine bewusste Entscheidung, um politische Verhältnisse zu verstehen, einzuordnen und großkotzig zu kommentieren.

    Aber ja, es sind vermutlich diverse Werke bis heute hängen geblieben, Albert Camus‘ Theaterstücke „das Missverständnis“ oder seine „Gerechten“, genauso Eugene Ionescos „Die Nashörner“, die mich immer begleiten werden und die auch in „untertan“ vorkommen. Und später die Bücher von Ruth Klüger, ihr „weiter leben“, Michela Murgias „Chiru“ und die Werke von Virginie Despentes, allesamt Autor*innen, die ich bewundere für ihre präzise und unsentimentale Sprache, die ein sehr klares und (für mich) unkorrumpierbares Denken widerspiegelt. Das imponiert mir sehr.

  • Kollektiver Widerstand, Revolutionen und der Fall der Berliner Mauer

    Hallo, mein Name ist Omid Rezaee, freier Journalist, Buchenthusiast und dein persönlicher Buchkritiker. Willkommen zur achten Ausgabe von „migrantisch gelesen“!

    Als ich vor einigen Tagen durch Berlin-Mitte entlang der Reste der Berliner Mauer spazierte, kam mir erneut ein Gedanke, der mich unzählige Male beschäftigt hat: Hätte mir vor 15 Jahren jemand gesagt, dass ich eines Tages in unmittelbarer Nähe dieses historischen Bauwerks – das ich bis dahin nur aus Büchern und Filmen kannte – leben würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. So banal es klingen mag, ich bin jedes Mal aufs Neue überrascht, dass ich in meinem Alltag, und das an den meisten Tagen sogar mehrmals, die wohl bedeutendste Mauer des 20. Jahrhunderts überquere.

    Morgen, am 9. November, jährt sich der Fall dieser Mauer zum 35. Mal. Ich habe viele Menschen, die ich in dieser Stadt kennengelernt und von denen ich angenommen habe, dass sie den Mauerfall miterlebt haben, erzählen lassen, wie sich diese Nacht für sie angefühlt hat. Jörg Magenaus Roman spielt ebenfalls in dieser Nacht und bietet faszinierende Einblicke in diese bewegte Zeit. Die Verbindung, die der Autor zwischen revolutionärem Aktivismus und Liebe herstellt, ist etwas, das viele, die sich an einem kollektiven Widerstand gegen ein ungerechtes System beteiligt haben, erlebt haben. Oft bleibt am Ende eines (meist gescheiterten) Widerstands nur die Liebe bestehen.


    Tipp der Woche

    Liebe und Revolution

    In „Liebe und Revolution“ schildert Jörg Magenau eindrucksvoll das Lebensgefühl der 1980er Jahre in West-Berlin und die politischen Träume einer Generation. Im Zentrum steht Paul, ein junger Philosoph, der von der Sehnsucht nach Revolution getrieben wird und in Nicaragua als Brigadist sein Engagement sucht. Doch schnell erkennt er die Vergeblichkeit seiner Ideale. Magenaus Protagonist ist ein Beobachter, dessen Liebe zu Beate und Bewunderung für starke Frauen ihn prägen. Der Roman verwebt persönliche Entwicklungen mit historischen Umbrüchen wie dem Fall der Berliner Mauer und zeichnet ein vielschichtiges Porträt einer Ära, die zwischen Aufbruch und Desillusionierung schwankt.

     

    untertan – Von braven und rebellischen Lemmingen

    In „untertan – Von braven und rebellischen Lemmingen“ untersucht Solmaz Khorsand das universelle Phänomen des Mitläufertums mit schonungsloser Ehrlichkeit. Sie zeigt, wie alltägliche Anpassung oft eine Gratwanderung zwischen Selbstschutz und Bequemlichkeit ist, und legt dabei die Mechanismen offen, die Menschen in Gehorsam und Opportunismus treiben. Mit Beispielen aus Geschichte, Literatur und aktuellen Ereignissen sowie Interviews beleuchtet Khorsand, dass Rebellion nicht immer möglich oder einfach ist – Privilegien spielen eine entscheidende Rolle. Der Ansatz, Anpassung auch als potenziellen Akt der Rebellion zu sehen, macht das Buch zu einer differenzierten und motivierenden Lektüre, die uns alle zur Selbstreflexion einlädt.


    Der November bringt kürzere Tage und längere Nächte mit sich – für viele eine graue und trostlose Zeit. Schreibt mir, was du tust, um diese grauen Tage zu überstehen, oder welche Bücher dich durch die langen Nächte begleiten. Vielleicht kann deine Lektüre auch anderen helfen, das Grau etwas leichter zu ertragen!

    Wenn du andere Gedanken, Fragen, Anmerkungen oder Themenvorschläge hast, die dir beim Lesen dieser Ausgabe in den Sinn gekommen sind oder die du gerne im Newsletter sehen würdest, schreib mir gerne eine E-Mail an omid@kohero-magazin.de

    Bis bald und liebe Grüße,

    Dein Omid

     

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  • Dana von Suffrin im Interview

    Vor einigen Wochen habe ich den für den diesjährigen Deutschen Buchpreis nominierten Roman „Nochmal von vorne“ der jüdisch-deutschen Autorin Dana von Suffrin vorgestellt. Anlässlich des ersten Jahrestags des Hamas-Angriffs auf Israel und des Beginns eines verheerenden Kriegs habe ich mit ihr über Antisemitismus in der deutschen Kulturszene sowie über ihre Arbeit und ihr Schreiben gesprochen. Von Suffrins Texte zeichnen sich durch einen bitteren Humor aus, der die Leser*innen dazu bringt, ihre Bücher kaum aus der Hand legen zu können. Auch über diesen speziellen Humor haben wir gesprochen.

    In deinen beiden Romanen steckt viel Humor, aber auch Melancholie. Welche Rolle spielt der Humor für dich als literarisches Mittel, um schwierige Themen wie Migration, Verlust und Identität zu verarbeiten?

    Ich habe nur eine einzige Erzählung geschrieben, die ziemlich humorlos ist. Ich halte es da wie Freud, der sagt, dass Humor „die siegreich behauptete Unverletzlichkeit des Ichs“ herstellt. Meine Protagonist*innen sind ja immer völlig beschädigt und angegriffen, so erhalten sie ein wenig Würde zurück, finde ich.

    Wie erlebst du den deutschen Literaturbetrieb, insbesondere als Autorin mit jüdischer Identität? Gibt es Entwicklungen in den letzten Jahren, die du als positiv oder herausfordernd empfindest?

    Ich schwanke zwischen Entsetzen und Begeisterung. Vor dem 7. Oktober habe ich mich immer beschwert, dass immer eine sehr typische, ja, stereotype Darstellung von Juden in der Kunst gewünscht wird: Juden als Opfer, als weise, kluge, einsichtige Menschen, gerne auch tot. Nervige, anstrengende, lustige Juden fand man nicht so gut. Das ist aber nur die inhaltliche Ebene, ich habe es öfter erlebt, dass man sich über meine Arbeit beschwert hat, zum Beispiel war der Held meines ersten Romans manchen Lesern zu unverschämt, zu uneinsichtig, zu negativ.

     

    „Familie formt uns, sie verletzt uns, sie schafft uns, sie zerstört uns“

     

    Nach dem 7. Oktober 2023 hat sich die Diskussion um jüdisches Leben und Antisemitismus in Deutschland stark verändert. Wie nimmst du die Rolle der deutschen Kulturszene in diesen Debatten wahr, und welche Verantwortung trägt die Literatur aus deiner Sicht?

    Ich war schon ein bisschen entsetzt, als ich gesehen habe, dass diverse Kolleginnen und Kollegen, quasi als die israelischen Leichen noch warm waren, einem entsetzlichen Antisemitismus freien Lauf gelassen haben. Das hätte ich von Intellektuellen nicht erwartet. Ich finde schon, dass man von Literaten erwarten kann, dass sie eine komplexe Situation angemessen bewerten, statt sich als moralische Institution aufzuspielen und Propaganda zu verbreiten. Die Literatur sollte dieser Anforderung gerecht werden, aber die Leute, die sie schreiben, sind halt auch nur Menschen.

    Beide deiner Romane beschäftigen sich mit komplexen Familiengeschichten und Neuanfängen. Was treibt dich an, immer wieder auf diese Themen zurückzukommen, und inwiefern spiegeln sie auch deine eigene Biografie wider?

    Ich finde: Familie ist das interessanteste Thema der Welt, wo sonst haben wir einen so bekloppten, aber auch unentrinnbaren Mikrokosmos noch? Familie formt uns, sie verletzt uns, sie schafft uns, sie zerstört uns, in ihr passieren die lustigsten und die traurigsten Ereignisse – das ist natürlich für eine Autorin ein geniales Thema, finde ich. Ich schreibe nicht autofiktional, aber ich arbeite gerne mit dem Milieu, das ich gut kenne.

    Könntest du uns zwei oder drei literarische oder non-fiction Werke nennen, die dein Schreiben und deinen Werdegang als Autorin geprägt haben?

    Benny Barbasch, mein erster Sony; Natalia Ginzburg, Familienlexikon; Isaak Babel, Reiterarmee.

  • Wie hoch ist deine Erfolgsquote in diesem Jahr?

    Mein Name ist Omid Rezaee, freier Journalist, Buchenthusiast und dein persönlicher Buchkritiker. Willkommen zur sechsten Ausgabe von „migrantisch gelesen“!

    Die folgenden Zeilen werden für diejenigen unter euch, die mich persönlich kennen, kaum glaubhaft klingen. Schließlich wissen sie, dass ich als Workaholic mit dem Konzept von Wochenenden und Ferien wenig anfangen kann. Trotzdem sage ich es:

    Es ist Ende Oktober, und viele von uns beginnen darüber nachzudenken, ob wir die Vorsätze, die wir uns Anfang des Jahres gesetzt haben, tatsächlich erreicht haben. Bei mir liegt die Erfolgsquote bei geschätzten 0,01 Prozent – und viel Spielraum bleibt in den verbleibenden zwei Monaten dieses Jahres nicht mehr. Ein Grund zum Klagen? Zum Trübsal blasen? Das dachte ich auch – bis ich auf der Instagram-Seite von Dana von Suffrin ihr neuestes Buch entdeckte, das sie gemeinsam mit ihrem Co-Autor geschrieben hat. Darin plädieren sie für eine Null-Prozent-Erfolgsmethode.

    In einer Welt, in der selbst Instagram- und TikTok-Influencer*innen – für mich die fragwürdigsten Content-Creator*innen unserer Zeit, die von unserer verkürzten Aufmerksamkeitsspanne und unserer Faulheit leben – uns beim Doomscrollen ein schlechtes Gewissen machen, finde ich es besonders befreiend, sich für einen Moment von diesem Erfolgsdruck zu lösen. Mir hat dabei „Die 0%-Methode“ von Astrid Scheib und Robin Däutel, das Pseudonym der preisgekrönten Autorin Dana von Suffrin und des ausgezeichneten Musikers und Autors Sebastian Stuertz, sehr geholfen.

     

    Tipp der Woche

    Die 0%-Methode

    „Die 0%-Methode“ von Astrid Scheib und Robin Däutel nimmt auf humorvolle Weise den Trend zur Selbstoptimierung aufs Korn. Das fiktive Autorenduo feiert das Nichtstun als legitime Lebensweise und lädt Leser*innen ein, sich von gesellschaftlichen Zwängen wie Produktivität und Perfektionismus zu befreien. Mit ironischen Ratschlägen und überzeichneten Lebensgeschichten präsentieren sie das Scheitern als Erfolgsrezept. Scheib und Däutel, hinter denen Sebastian Stuertz und Dana von Suffrin stecken, schaffen es, die Absurdität unserer Leistungsorientierung auf urkomische Weise zu entlarven – ein befreiendes Lesevergnügen für alle, die sich der Optimierungsfalle entziehen wollen.

     

     

    Antichristie

    Von der diesjährigen Shortlist des Deutschen Buchpreises möchte ich „Antichristie“ von Mithu Sanyal empfehlen. Dieser außergewöhnliche Roman bietet eine ebenso unterhaltsame wie tiefgründige Lektüre. Mit einem leichten Augenzwinkern und einer Erzählweise, die zwischen den Zeiten springt, stellt die indisch-polnischstämmige Autorin die Frage nach Identität in den Mittelpunkt. Was bedeutet es, sich selbst zu definieren, wenn die Geschichte voller Brüche und Widersprüche ist? Für mich war das Lesen dieses Buches eine vergnügliche Herausforderung – nicht nur, weil es so viele spannende Verweise auf historische Figuren und popkulturelle Themen gibt, sondern auch, weil es uns dazu anregt, über unsere eigene Rolle im postkolonialen Kontext nachzudenken.

     

     

    In „Antichristie“ knüpft Mithu Sanyal an die postkolonialen Themen ihres Debüts „Identitti“ an, erweitert jedoch den Blick auf Kolonialismus und Widerstand. Die Protagonistin Durga, eine deutsch-indische Drehbuchautorin, findet sich plötzlich in London im Jahr 1906 wieder, mitten unter indischen Revolutionär*innen. Sanyal verwebt verschiedene Zeitebenen und historische Figuren mit popkulturellen und theoretischen Referenzen, was den Roman zugleich komplex und herausfordernd macht. Der ungewöhnliche Genre-Mix aus Zeitreise, Krimi und Essay wirkt stellenweise überladen, doch die humorvolle Erzählweise und die kritische Auseinandersetzung mit Kolonialgeschichte machen „Antichristie“ zu einer provokativen und intellektuell anregenden Lektüre.

     

    Das war’s also für diese Ausgabe – mit einem Erfolgswert von vielleicht 0 %, aber dafür hoffentlich mit 100 % Lesevergnügen. Wenn du genauso viel Spaß beim Lesen hattest wie ich beim Schreiben, dann leite diesen Newsletter gerne weiter. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf die nächste Ausgabe und hoffe, du bist auch wieder dabei!

    Wenn du andere Gedanken, Fragen, Anmerkungen oder Themenvorschläge hast, die dir beim Lesen dieser Ausgabe in den Sinn gekommen sind oder die du gerne im Newsletter sehen würdest, schreib mir gerne eine E-Mail an omid@kohero-magazin.de

    Bis bald und liebe Grüße,

    Dein Omid

     

     

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