Schlagwort: Geflüchtete

Portraits über Geflüchtete

  • Yazan will promovieren, stattdessen droht ihm die Abschiebung

    Als der junge Syrer Yazan Hajikanama vor acht Monaten in Deutschland ankam, trug er nur wenig Gepäck bei sich – dafür aber viel Hoffnung. Hoffnung auf einen Neuanfang, Frieden – darauf, das fortzusetzen, was in seiner Heimat durch Krieg und politische Unsicherheit unmöglich wurde: eine akademische Laufbahn einschlagen.

    Nach einen Studium der Wirtschaftsinformatik zog es ihn für seinen Master in „Technology and Public Policy“ nach Turin. Dahinter stand der Traum: mitzuprägen, wie Politik und Technologie ineinandergreifen – besonders in Konfliktländern und wo Menschen übersehen werden.

    In Deutschland will Yazan promovieren. Er schrieb Professor*innen, stellte Forschungsprojekte vor, erhielt erste interessierte Rückmeldungen. Gleichzeitig begann er, Deutsch zu lernen, besuchte Integrationskurse, baute Kontakte auf. Er will nicht nur Schutz suchen, sondern Teil dieses Landes sein. Doch dann kam der Brief. Ein weißer Umschlag, amtlich: der Abschiebungsbescheid. „Ich war wie gelähmt“, erinnert sich Yazan. „In dem Moment dachte ich: Vielleicht darf ich doch nicht bleiben. Vielleicht spielt es keine Rolle, was ich kann“.

    Ein Leben zwischen Hoffnung und Angst

    Seitdem lebt Yazan in einem Zustand, der schwer auszuhalten ist: Zwischen dem Wunsch, eine Zukunft aufzubauen – und der Angst, sie jederzeit zu verlieren. Sein Asylantrag wurde in der ersten Instanz abgelehnt. Gemeinsam mit seinem Anwalt wehrt er sich juristisch gegen die Abschiebung – es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und gegen das Gefühl, nicht gesehen zu werden. Er fühlt sich missverstanden: „Ich bin nicht hier, um zu nehmen. Ich bin hier, weil ich etwas anbieten will. Ich habe Ideen, Energie und eine Vision. Alles, was ich brauche, ist die Chance, sie einzubringen“, sagt Yazan.

    Yazan erzählt ruhig, aber seine Worte tragen Gewicht. Er will niemandem etwas beweisen – nur zeigen, dass sein Leben mehr als ein Dossier in einer Akte ist. „Integration bedeutet für mich nicht nur, die Sprache zu lernen. Es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Für sich selbst, für die Gesellschaft“, so Yazan.

    In wenigen Monaten hat er mehr geschafft als viele in Jahren: Deutsch lernen, Netzwerke knüpfen, akademisch Fuß fassen, juristisch kämpfen. Doch all das scheint oft nicht genug. Warum?

    Yazans Appell: „Geben Sie mir eine Chance“

    Yazans Geschichte ist kein Einzelfall – aber sie zeigt, wie sehr geflüchtete Menschen an Grenzen stoßen. Selbst dann, wenn sie alles richtig machen. Mit einem großen Traum kam der junge Syrer nach Deutschland: Die digitale Zukunft gerecht gestalten – besonders für jene, die am Rand der Gesellschaft stehen.

    Was bleibt, ist sein Appell – an Behörden, an die Gesellschaft, an alle, die zuhören wollen; „Ich bin bereit zu arbeiten, zu forschen und mich einzubringen. Ich brauche nur die Möglichkeit, zu bleiben. Geben Sie mir die Chance. Ich will zeigen, dass meine Geschichte nicht nur Fluchtgeschichte ist, sondern Strebsamkeit-Geschichte“, so der Akademiker Yazan Hajikanama.

     

  • „Bin ich hier noch sicher?“ – Geflüchtete aus der Ukraine über ihre Zukunft in Deutschland

    „Ich habe versucht herauszufinden, wohin ich als nächstes gehen könnte, wenn es für mich nicht mehr möglich wäre, in Deutschland zu bleiben.“ Mariia, 40 Jahre alt, beschreibt einen Moment wachsender Unsicherheit: Nach dem Wahlergebnis der AfD bei der Bundestagswahl 2025 fragt sie sich, ob Deutschland dauerhaft ein sicherer Ort für sie und ihre Familie bleiben kann. Nach Russlands Angriff auf die Ukraine floh Mariia aus Kiew, inzwischen arbeitet sie als Buchhalterin und engagiert sich ehrenamtlich. Doch was, wenn sich die politische Stimmung hier weiter verschiebt? Bin ich hier noch richtig? Und wenn nicht hier – wo dann?

    Auch die 21-jährige Anastasiia kam vor drei Jahren aus der Ukraine über Polen nach Deutschland. Sie besucht einen C1-Kurs und möchte bald studieren. Derzeit fühlt sie sich in Deutschland sicher. Doch sie spürt, wie sich das gesellschaftliche Klima verändert. Für sie ist klar, dass es längst nicht mehr nur um die Ukraine geht, sondern um die Frage, wie wehrhaft Europa gegenüber autoritären Bedrohungen bleibt. Sie wünscht sich, „dass Deutschland rechtzeitig erkennt, wie ernst die Lage ist – für andere und für sich selbst.“

     

    Wenn Ankommen nicht genügt

    Für Menschen aus der Ukraine war Deutschland zunächst ein fester Boden unter den Füßen. Doch spätestens die Wahlergebnisse haben bei vielen die Frage aufgeworfen, wie dauerhaft diese Zuflucht wirklich ist. Politische Kräfte mit russlandfreundlichen Positionen gewinnen an Einfluss. Die einst eindeutige Solidarität weicht einer wachsenden Ungewissheit.

    Für Anastasiia und Mariia ist dabei klar, was auf dem Spiel steht, für sie persönlich und auch politisch. Beide sehen in Russlands Krieg eine bewusste Strategie zur Vernichtung ukrainischer Staatlichkeit. „Es ist rechtswidrig, Menschen innerhalb eines Landes mit geschlossenen Grenzen und ohne Zugang zu Waffen einem bewaffneten, stärkeren Staat schutzlos gegenüberzustellen“, sagt Anastasiia. Dass diese Haltung zunehmend relativiert wird, erleben beide als beunruhigend. Sie spüren: Die Deutungshoheit beginnt zu kippen.

     

    Globale Brüche, persönliche Folgen

    Viele Ukrainer*innen erleben den Krieg längst nicht mehr nur als Angriff auf ihr Land, sondern als Teil eines umfassenderen geopolitischen Umbruchs. Die Wahl Trumps, das Erstarken autoritärer Kräfte in Europa – all das deute für sie auf eine Erosion demokratischer Strukturen hin. Die AfD sitzt als zweitstärkste Kraft im Bundestag, übernimmt russische Narrative, lehnt Waffenlieferungen ab – und spricht der Ukraine eine Mitschuld am Krieg zu. Als Selenskyj im Juni 2024 im Bundestag sprach, boykottierte neben dem BSW fast die gesamte AfD-Fraktion die Rede.

    Laut einer CEMAS-Erhebung von Ende 2023 gaben ungefähr 20 Prozent der Deutschen an, der Angriffskrieg Russlands sei eine unvermeidbare Reaktion auf westliche Provokationen gewesen. Weitere 19 Prozent stimmten teilweise zu. Auch die Verschwörungserzählung, Putin kämpfe gegen eine „versteckt agierende globalistische Elite“, findet Zustimmung – besonders im Osten.

    Anastasiia kritisiert diese Haltung deutlich: „Viele Deutsche glauben, Russland sei gezwungen gewesen zu reagieren. Russland wurde nicht provoziert, es reagiert auf alles mit Gewalt, was sein imperialistisches Regime bedroht: Meinungsfreiheit, Demokratie, Menschenrechte.“

    Alltag der Verunsicherung

    Entfremdung entsteht nicht nur durch politische Entscheidungen, sondern auch im Alltag – wenn russlandfreundliche Haltungen das direkte Umfeld durchdringen. Anastasiia erzählt von einem Gespräch am Arbeitsplatz: „Es wurde angezweifelt, ob es überhaupt schlecht sei, unter russischer Flagge zu leben.“ Für sie war das eine erschreckende Erkenntnis: „Menschen mit einer solchen Haltung ist vollkommen gleichgültig, ob wir als Nation weiter existieren.“

    Auch Mariia erinnert sich an eine Veranstaltung, bei der mehrere Personen versuchten, ihr einzureden, die Ukraine sei selbst schuld am Krieg – und sie sollten Putin dankbar sein, nun in Deutschland leben zu dürfen. Auch Drohungen von Menschen aus Russland habe sie bereits erlebt: „Deshalb versuche ich, Situationen zu vermeiden, in denen große Gruppen von Fremden erkennen können, dass ich Ukrainerin bin.“

    Verständnis für russische Kriegsrhetorik nimmt zu – nicht immer offen aggressiv, sondern in Form von scheinbar harmlosem Infragestellen: Hat die Ukraine nicht auch Fehler gemacht? Ist ein Gebietsverzicht nicht der Weg zum Frieden? Diese Äußerungen treffen Menschen, die genau vor diesem Denken geflohen sind – und es nun, in veränderter Form, erneut erleben. „Oft äußern die Deutschen eher propagandistische Thesen als ihre eigenen Gedanken“, vermutet Anastasiia.

     

    Zweifel an der eigenen Geschichte

    Solche Haltungen erschüttern zunehmend die Legitimität der Flucht – und lassen Zweifel an der eigenen Geschichte wachsen. Mariia spürt diese Verschiebung deutlich und bekommt zunehmend den Eindruck, „dass Deutschland keine Ukrainer haben möchte.“ Sie hofft auf Sicherheit – auch in Bezug auf ihren Aufenthaltsstatus und ihre berufliche Perspektive.

    Auch Anastasiia erlebt, wie anfängliche Solidarität in leise Skepsis kippt – mit subtilen, verletzenden Botschaften. „Vielleicht bist du ja gar nicht das Opfer, für das wir dich hielten“, formuliert sie die unausgesprochene Haltung, die ihr in Gesprächen begegnet. Mariia ergänzt: „Es ist traurig, dass die Menschen immer noch glauben, Putin sei nur eine Geisel der Umstände und nicht der eigentliche Verursacher dieses Krieges.“ Es sind keine offenen Anfeindungen – sondern kleine Verschiebungen im Ton, im Blick, im Subtext: Wenn das eigene Ankommen infrage steht, obwohl man längst da ist.

     

    Erschöpfung, Entsolidarisierung – und der Preis des Friedens

    Diese schleichende Aberkennung der eigenen Geschichte steht im Zusammenhang mit einer wachsenden Erschöpfung innerhalb der deutschen Gesellschaft – politisch, emotional und wirtschaftlich.

    Anastasiia beobachtet diese Entwicklung mit Sorge: Immer öfter höre sie pro-russische Positionen – nicht aus Überzeugung, sondern aus Überforderung, aus dem Wunsch nach einfachen Lösungen, genährt von wirtschaftlichen Sorgen und medialer Polarisierung. In dieser Atmosphäre verhallen differenzierte Argumente oft ungehört.

    Was Anastasiia und Mariia teilen, ist das Gefühl, dass die Vorstellung eines notwendigen „Friedens“ – koste es, was es wolle – an Boden gewinnt. Dass der Wunsch nach Entspannung auf deutscher Seite wächst, während auf ukrainischer Seite noch immer ein täglicher Überlebenskampf geführt wird. Gleichzeitig trifft Russland weiter gezielt Zivilist*innen – wie zuletzt bei einem tödlichen Raketenangriff auf Sumy. Für Anastasiia ist klar: „Den Krieg kann nicht beenden, wer ihn nicht begonnen hat.“

     

    Dankbarkeit ohne Illusion

    Ihr Vertrauen mag Risse bekommen haben – doch Anastasiia und Mariia sehen in Deutschland keinen feindlichen Ort. Sie betonen die Unterstützung und die Chancen, die ihnen hier ermöglicht wurden. „Ich fühle ausreichend Unterstützung seitens der Gesellschaft“, sagt Anastasiia. Auch Mariia findet klare Worte: „Ich danke Deutschland für die Unterstützung, das Verständnis und die Möglichkeit für uns und unsere Kinder, unser Leben im Glauben an eine bessere Zukunft zu leben.“ Doch diese Dankbarkeit bedeutet nicht, dass ihre Sorgen kleiner werden. Sie existiert neben ihnen – nicht als naive Hoffnung, sondern als bewusste Entscheidung, das Gute zu sehen, ohne das Schwierige auszublenden.

    Mariia fragt sich, wohin sie als Nächstes gehen könnte. Denn eine Rückkehr in die Ukraine erscheint kaum als sichere Perspektive – selbst ein möglicher Frieden würde die Bedrohung durch Russland nicht aus der Welt schaffen. Während die Ukraine zur Verhandlungsmasse wird, zeigt sich auch in Deutschland, wie schnell Schutz relativiert und Solidarität brüchig werden kann. Anastasiia erinnert daran, dass es längst nicht mehr nur um ihr Land geht. Es geht darum, ob sich eine Gesellschaft autoritären Bedrohungen entschieden entgegenstellt – oder ihnen Stück für Stück Raum gibt.

     

  • Wie der Kieler Nähtreff Frauen stärkt

    Mary aus dem Sudan besucht zum ersten Mal den offenen Nähtreff des Vereins Kiel hilft e. V. und wagt sich an eine der Nähmaschinen. Hier, in einem Raum voller Stoffe, entstehen nicht nur Kleider, sondern auch Freundschaften und ein starkes Gefühl der Gemeinschaft. Frauen unterschiedlicher Herkunft finden beim Nähen Ruhe und Ablenkung und lernen ganz nebenbei auch Deutsch.

    Mary ist aufgeregt, denn sie wird heute etwas Neues ausprobieren. Sie sitzt an einem der Tische am Fenster, vor ihr eine Nähmaschine und um sie herum Stoffe in den verschiedensten Farben und aus ganz unterschiedlichen Materialien. Ein Bügelbrett steht vor einem Schrank, daneben lagern große, schwere Säcke mit Stoffspenden.

    „Ich habe bei mir zuhause einige Kleiderstücke, die ich gerne reparieren möchte. Bei einer Jacke ist beispielsweise der Reißverschluss kaputt und eine Hose muss gekürzt werden“, sagt Mary, „ich habe allerdings noch nie mit einer Nähmaschine gearbeitet und bin gespannt, ob das wohl schwer ist.“

    Mary ist das erste Mal beim Nähtreff

    Von der Kleiderkammer zum Nähtreff

    Angeleitet werden die Teilnehmerinnen der Nähstube von Barbara Richter. Die gebürtige Kielerin strahlt eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus, wirkt dabei zufrieden und wenn sie spricht, wird mehr als deutlich, wie wichtig ihr dieser Nähtreff ist.

    2016 hat sie gemeinsam mit weiteren Mitgliedern des Vereins eine Kleiderkammer für Geflüchtete und Bedürftige ins Leben gerufen. Doch viele der gespendeten Kleidungsstücke passten nicht, Hosen waren zu lang, Hemden zu breit und Pullover zu eng.

    Barbara Richter leitet den Kieler Nähtreff

    Barbara erinnert sich: „Das war quasi die Geburtsstunde des Nähtreffs. Wir haben mit einer einzigen Nähmaschine angefangen, Kleidung zu bearbeiten und schnell war klar, dass wir mehr Maschinen brauchen. Also schaltete ich eine Annonce bei Ebay Kleinanzeigen, dass unser Verein gebrauchte, gut erhaltene Nähmaschinen sucht.“

    Mit Erfolg. Mittlerweile verfügt der Verein über sechs funktionierende Nähmaschinen, die fleißig genutzt werden. Es sind überwiegend Frauen, die sich jeden Donnerstagnachmittag treffen. Oft bringt Barbara Kaffee und Kuchen mit und die Frauen nutzen die gemeinsame Zeit auch, um sich in Ruhe auszutauschen.

    Austausch auf Deutsch

    „Wir reden hier sehr viel, und zwar ausschließlich auf Deutsch. Das ist eine meiner Regeln – beim Nähtreff wird Deutsch gesprochen. So lernen die Frauen am meisten. Natürlich ist es manchmal auch schwierig, sich zu verständigen, aber mit Händen und Füßen geht es dann doch.“

    Inzwischen hat sich Mary für einen dunklen, karierten Stoff entschieden. Mit einer Schere scheidet sie zunächst einige Quadrate zurecht und dann geht es direkt ans Nähen. Vorsichtig legt sie die Stoffstücke unter die Nähmaschine, dann ertönt ein leises Rattern und Mary setzt ihre erste Naht. „Das bringt auf jeden Fall Spaß und ist mal etwas Anderes zwischen Sprachkurs und meinem Minijob im Krankenhaus. Und es ist so toll, sich mit den anderen Frauen zu unterhalten“, sagt Mary, und in ihrer Stimme klingt Begeisterung mit.

    Nähen lenkt ab

    Es tut den Frauen gut, einmal ohne ihre Männer und Kinder zusammenzukommen und sich ganz auf sich zu konzentrieren. Viele haben in ihren Heimatländern und auf der Flucht traumatische Erfahrungen gemacht. Das Nähen lenkt davon ab, beruhigt ein wenig und bringt die Frauen auf andere Gedanken. Barbara ergänzt: „Wir sind eine Community, die zusammenhält. Die Frauen helfen sich hier gegenseitig, zeigen einander, wie es geht“, ergänzt Barbara, „und mit der Zeit sind wir zu einer richtigen, kleinen Familie zusammengewachsen und das ist doch wirklich toll. So kann Integration funktionieren.“

    Von Anfang an mit dabei ist auch Brween Sorai. Mit geübten Fingern näht sie eine Kissenhülle aus weinrotem Samt. Es soll für die Couch in ihrem Wohnzimmer sein, dazu passt die Farbe sehr gut. Die Irakerin erklärt: „Für ein solches Kissen brauche ich in etwa 30 Minuten, mittlerweile bin ich echt schnell geworden, das war aber nicht immer so. Aber ich habe sehr viel geübt und Barbara hat mir alles gezeigt. Jetzt bringt es mir große Freude, etwas mit meinen Händen zu machen, kreativ zu sein.“

     Brween Sorai ist von Anfang an mit dabei

    Stolz und Zufriedenheit

    Als der Nachmittag langsam zu Ende geht, ist Marys erste Naht fertig. Sie hält das Stoffstück in den Händen und betrachtet es mit einer Mischung aus Stolz und Zufriedenheit. Die anderen Frauen lächeln ihr aufmunternd zu und freuen sich mit ihr. Und auch Barbara ermutigt Mary und sagt mit einem warmen Lächeln: „Das hast du gut gemacht. Mit ein bisschen Übung wird das immer leichter, glaub mir.“

    Und Mary fühlt sich langsam angekommen – in dieser kleinen Gemeinschaft, in der es nicht nur ums Nähen geht, sondern auch um Zusammenhalt, Solidarität und Unterstützung.

    Denn der Nähtreff gibt den Frauen auch ein Stück Normalität in einem Leben, das für viele von ihnen von Unsicherheit und Veränderungen geprägt ist. Hier, in diesem Raum voller bunter Stoffe und summender Nähmaschinen, entsteht ein Gefühl der Vertrautheit und des Miteinanders.

    Und als Mary ihre Sachen packt und sich von den anderen verabschiedet, weiß sie, dass sie nächste Woche wiederkommen wird. Nicht nur, um ihre Hose zu kürzen oder den Reißverschluss der Jacke zu reparieren, sondern um auch weiterhin ein Teil dieser starken und wachsenden Gemeinschaft zu sein. Sie hat heute etwas Neues ausprobiert – und dabei viel mehr als nur das Nähen gelernt. Denn hier, im Nähtreff, ist Integration greifbar. Und das vor allem durch das stille Miteinander.

  • Driver’s license and registering a car

    Dear Danial,

    First of all, congratulations on having your own car! You can register it in your own name, even if the data in your travel document and on your electronic residence permit are based on your own information. This was decided by the administrative court in Duesseldorf (judgment of 28.08.2013 – 6 K 7524/12):

    It is sufficient for the registration of a car if proof of identity (passport, residence title) is presented, even if the data provided therein is based on own information.

    • Section 6(1) of the Vehicle Registration Ordinance requires proof of personal data such as surname, first name(s), date and place of birth. This is intended to ensure in registration law that it can be reliably checked and guaranteed that the person in whose name the car is to be registered can be unambiguously identified by the official authorities concerned with the registration of the motor vehicle and those to be concerned with it in the future. It should be reliably established that the registration data to be stored in the local and central vehicle register corresponses with the data provided by the applicant and recorded in official documents. It must be possible for the authorities and other road users to identify him reliably, and any actions associated with the registration of the motor vehicle must reach him reliably. Other interests – e.g. those relating to aliens law – are not taken into account. The sole intent of the Vehicle Registration Ordinance is to ensure that the vehicle owner can be traced in registration law. This is the case even if the data of the identity card is based on own information.

     

    For the registration of your own car, you will need the following documents:

    • Registration confirmation
    • Valid identity card (see above)
    • Registration certificate part II
    • Electronic insurance confirmation as eVB code (available from the car insurance company)
    • SEPA direct debit mandate to collect the vehicle tax by direct debit
    • License plate

     

    How to get a driver’s license in Germany

    As a resident in Germany, you can drive a car for the first six months after entering Germany if you already have a driver’s license from your country of origin. If the driver’s license is not in English, a certified translation must be provided (with the original and a copy certified by an automobile club, e.g. ADAC, an accredited translator, a municipality).

    No later than six months after taking up residence in Germany, the foreign driver’s license must be transcribed. Otherwise, one is no longer allowed to drive in Germany.

    Required documents:

    • Valid identity card*
    • Confirmation of residence
    • Biometric passport photo
    • Certificate of participation in a first aid course
    • Theoretical and practical driving test
    • The theoretical driving test can also be taken in languages other than German: including English, High Arabic, French, Turkish.

    For the practical test you must have sufficient knowledge of German, an interpreter may not be used.

    *For the application for a driver’s license and for proof of identity in driving tests, a certificate of residence permit with a photograph is also sufficient. This was decided by the Federal Administrative Court (ruling of 08.09.2016, Ref. 3 C 16.15). This applies even if the data provided in the residence permit is based on personal information.

    If you do not have a driver’s license from your country of origin, you must take driving lessons and pass the two tests (theory and practice).

    We wish you good luck and drive safely!

    This article was first published in German.

     

  • Das Sperrkonto vs. Fachkräftemangel

    Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben geflüchtete Ukrainer*innen in Deutschland sofort Unterstützung bekommen und konnten sich sogleich eine Arbeitsstelle suchen: „Seit dem 1. Juni 2022 bekommen die Ukrainer*innen Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende, Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe) oder Grundsicherung im Alter bei einer Erwerbsminderung.“ Die Geflüchteten werden in Deutschland also gut versorgt, weshalb man ja auch den Pull-Effekt fürchtet. Doch die Menschen fliehen vor dem russischen Angriffskrieg, der schreckliches Leid verursacht und vielen Menschen schon das Leben gekostet hat, argumentieren Gesellschaft und Politik.

    Und es wird, gerade in rechten Kreisen, häufig argumentiert, dass die Menschen aufgrund der vermeintlich tollen Aussichten nach Deutschland kommen. Doch dabei stoßen sie auf viele weitere Herausforderungen. Ein Beispiel: Eine Familie aus Afghanistan beantragt in Deutschland Asyl. „Für Mitglieder einer Familie gilt das Familienasyl. Das heißt, wurde eine sogenannte stammberechtigte Person als asylberechtigt anerkannt, erhalten deren in Deutschland aufhältige Familienmitglieder auf Antrag ebenfalls Asyl.“ Es werden Familien auseinandergerissen, sofern sie über ein anderes EU-Land einreisen, Kinder ab 18 Jahren werden dann an der Grenze abgewiesen, weil sie nicht (nicht mehr) zur Kernfamilie gehören.

    Die Äußerungen von Politiker*innen in Talkshows und Interviews erwecken immer den Eindruck, als wäre Deutschland das gelobte Land in der Welt. Richtig ist, dass bisher alle in unser Land gelassen werden, die Asyl beantragen wollen. Und es gibt auch Menschen, die aus sicheren Drittstaaten kommen oder als Geflüchtete in ein anderes Land der EU eingereist sind, aber gerne in Deutschland arbeiten, studieren oder eine Ausbildung machen würden. Eigentlich müsste die Bundesregierung „hurra“ schreien, schließlich hat sie extra ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz geschaffen.

    Das Sperrkonto

    Doch die Regelung stellt eine Frage: Hat die Person genügend Geld für eine Ausbildung? Ansonsten gibt es nämlich kein Visum. Sollte es eine rein schulische Ausbildung sein oder gar ein Studium, dann muss man Geld mitbringen. Das landet auf einem Sperrkonto.

    Das Sperrkonto wird bei einer Bank eingerichtet, wovon dann Studierende und Auszubildende ihren Lebensunterhalt für die Zeit des Studiums oder der Ausbildung bestreiten müssen. „Ab dem 1. Januar 2023 beträgt der angenommene Regelbedarf, der bei Visumbeantragung auf das Sperrkonto eingezahlt sein muss, 11.208 Euro.“ Es muss kein Sperrkonto eingerichtet werden, wenn die Auszubildenden in ihrem ersten Lehrjahr bereits mindestens 934 Euro verdienen.

    Jetzt kann man sich ausrechnen, wie viel Menschen dadurch ausgegrenzt werden. Menschen, die über Umwege nach Europa gekommen sind, aber in Deutschland gerne eine Ausbildung machen würden, können es sich einfach nicht leisten. Doch, anstatt dass die Bundesregierung daran etwas ändert, jammert sie lieber weiter über den Fachkräftemangel. Es ist statistisch lange belegt, dass wir eine jährliche Zuwanderung von 400.000 Menschen brauchen.

    Die alternde Gesellschaft

    Der Fachkräftemangel ist nicht das einzige Problem. Unsere Gesellschaft wird immer älter, aber es kommen viele junge Menschen aus Syrien und Afghanistan usw. zu uns, die die Politik mit ihren Familien maximal fördern sollten. Doch stattdessen belegen wir sie erst einmal mit einem Arbeitsverbot und lassen sie bis zu einem Jahr auf einen Sprachkurs warten. Ich habe mir von Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, schildern lassen, wie mühsam und bürokratisch es ist, bis diese jungen Menschen einen solchen Kurs besuchen können.

    Diejenigen, die es tatsächlich vom Asylantrag bis zur Ausbildung geschafft haben, auch die sind vor einer Abschiebung nicht völlig geschützt, obwohl sie eine feste Arbeitsstelle haben und der Betrieb zu denen gehört, die dringend Fachkräfte brauchen. Der sogenannte Spurwechsel ist offensichtlich in der Mottenkiste verschwunden. So weit zu dem Narrativ, dass Geflüchtete oder Zuwanderer nur in unsere Sozialsysteme einwandern wollen.

  • Kampf um Akzeptanz und Schutz: Die Herausforderungen queerer Geflüchteter

    Kriege und politische Verfolgung sind nicht die einzigen Gründe, warum Menschen in Deutschland Zuflucht suchen. Laut LSVD ist Homosexualität in 69 Ländern strafbar und in 11 Ländern droht sogar die Todesstrafe. 13 Staaten verfolgen trans Menschen explizit, in mindestens 37 Staaten werden sie faktisch kriminalisiert.

    Wenn queeren Menschen massive Gewalt, Tod, Haft oder unmenschliche Behandlung drohen, können sie in Deutschland Asyl beantragen. Die Rainbow Refugees Mainz engagieren sich seit Ende 2015 ehrenamtlich für queere Geflüchtete in Mainz und Umgebung, bieten einen Stammtisch und Sprachlerntreffs an, leisten Asylberatung und helfen bei den Problemen des täglichen Lebens. 2019 erhielten wir den Brückenpreis des Landes Rheinland-Pfalz. Die meisten, die unsere Hilfe in Anspruch nehmen, haben schwere, oft sexuelle Gewalt in ihren Heimatländern erfahren.

    Unterkünfte sind keine sicheren Orte für queere Geflüchtete

    Ende 2015 wurde bekannt, dass ein schwules syrisches Paar in einer Unterkunft Todesdrohungen erhielt und die Gemeinschaftsunterkunft verlassen musste. Es zeigte sich, dass für queere Geflüchtete die Unterkünfte keine sicheren Orte sind. Offen lebende queere Geflüchtete werden ausgegrenzt, bedroht und manchmal angegriffen. Oft kollaboriert die Security mit den Tätern. 20% der queeren Geflüchteten, die in Mainz unsere Hilfe suchen, wurden in Deutschland Opfer von physischer Gewalt durch andere Geflüchtete.

    Bericht einer Frau aus Armenien
    Triggerwarnung: psychische und sexualisierte Gewalt, Suizid

    Ich musste aus meiner Heimat fliehen, da ich als Lesbe verfolgt wurde. In Deutschland habe ich mein Lesbischsein nie verheimlicht. In der Erstaufnahmeeinrichtung Kusel wurde ich deswegen von Landsleuten angespuckt und beleidigt. Als sich das in einer Unterkunft wiederholte, wandte ich mich an eine Sozialarbeiterin. Die sagte, wenn ich ein Einzelzimmer wolle, solle ich mich von einem Mann schwängern lassen. Sie wusste, dass ich lesbisch bin und mich Männer bedrängten. Ich bekam Depressionen und unternahm einen Selbstmordversuch.

    In einer anderen Unterkunft in Mainz stellte mir ein Landsmann ständig nach und sagte, dass er mich „heilen“ könne, wenn wir nur „ordentlich Sex hätten“. In einer anderen Unterkunft sah mich ein Geflüchteter, als ich von einem CSD wiederkam. Auch er bedrängte mich und wollte Sex mit mir. Ich bat ihn, mich in Ruhe zu lassen, aber er rannte mir hinterher. Ich konnte gerade noch die Tür schließen. Er hämmerte 20 Minuten an der Tür. Unterkünfte waren für mich Orte der Angst. Tagsüber habe ich versucht, mich zu verstecken und nachts konnte ich nicht schlafen.

     

    Ein queerer Geflüchteter aus Bahrein brachte es auf den Punkt: „Die Gemeinschaftsunterkunft ist die Miniaturversion meiner Heimat.“ Dies führt zu Retraumatisierung. Studien belegen, dass sich die psychische Situation von queeren Geflüchteten in Deutschland noch verschlechtert.

    Derzeit sehen wir wenig Chancen für eine Verbesserung der Unterbringung queerer Geflüchteter in Flächenländern wie Rheinland-Pfalz. Aufgrund der steigenden Zahlen an Asylbegehrenden erfolgt die Unterbringung mehr und mehr fernab von Orten der queeren Community und ohne direkten Kontakt mit Sozialarbeiter:innen, die bei Problemen helfen können.

    Diskriminierung im Asylprozess

    Bei Asylanhörungen wurden queere Geflüchtete von Dolmetschern beschimpft und es wurde teilweise bewusst falsch übersetzt. Auch heute scheitern Asylverfahren, da queere Geflüchtete Behörden und Dolmetschern misstrauen, im Interview den Grund für ihre Verfolgung zuerst verschweigen und dann als unglaubwürdig gelten. Für das massenhafte Scheitern der Asylanträge waren bis vor einem Jahr die Verhaltensprognosen des BAMF verantwortlich: Wenn eine queere Person in der Heimat verfolgt wurde, aber in der Gemeinschaftsunterkunft nicht offen aus Furcht um das Leben lebt, wurde geschlossen, dass die Person auch in der Heimat „diskret“ leben könne, somit das Leben nicht in Gefahr sei und der Asylantrag wurde abgewiesen.

    Unserer Erfahrung nach haben queere Geflüchtete erst durch Sonderanhörungen und die Abschaffung von Verhaltensprognosen eine echte Chance in Asylverfahren.

    Zusammengefasst ist zu sagen, dass die Lebenssituation von queeren Geflüchteten sehr schwierig ist. Sie leiden an denselben Dingen wie alle anderen Geflüchteten auch: lange Asylverfahren, sprachliche Barrieren, Probleme im Umgang mit Behörden usw. Sie können in der Regel aber nicht auf die Hilfe von Landsleuten zurückgreifen. Im Gegenteil, sie berichten von Diskriminierung aufgrund ihrer geschlechtlichen und sexuellen Identität.

    Damit möchte ich nicht sagen, dass alle Geflüchteten Vorbehalte gegenüber queeren Menschen haben, denn es gibt auch Gegenbeispiele. Aber dennoch ist zu befürchten, dass Menschen, die aus Ländern kommen, in denen queere Menschen durch Staat, Gesellschaft und Religion verfolgt werden, ihre Auffassung nicht einfach ändern werden. Im Gegenteil, sie sehen dies als eine „westliche Bedrohung“, vor der sie ihre Familien „schützen“ müssen.

    Die Botschaft, dass es Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Glauben, Religion nicht toleriert wird, ist dringend notwendig – für Menschen, die in Deutschland geboren sind und auch diejenigen, die sich erst seit kurzer Zeit in diesem Land befinden.

  • Geflüchtete Syrerinnen in den Arbeitsmarkt integrieren

    Deutschland wird von vielen Migranten als Land angesehen, das zahlreiche Möglichkeiten für bessere Arbeitsangebote und damit auch eine verbesserte Lebensqualität bietet. Allerdings trifft diese Sichtweise nicht auf alle Migranten zu, insbesondere nicht auf geflüchtete Frauen. Für viele syrische Frauen bedeutet Deutschland leider das Ende ihrer beruflichen Zukunft. Syrische Geflüchtete, besonders diejenigen mit akademischem Hintergrund, haben Schwierigkeiten, Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu finden. Viele von ihnen sind gezwungen, ihren bisherigen Beruf aufzugeben oder in einem anderen, meist nicht-akademischen Bereich zu arbeiten.

    Die Hindernisse

    Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) lag die Beschäftigungsquote der geflüchteten Frauen im Jahr 2020 bei lediglich 13 Prozent. Die Studie wies darauf hin, dass Bildungsmangel, Sprachfähigkeiten und traditionelle Rollenmodelle die Integration von geflüchteten Frauen in den Arbeitsmarkt erschweren. Die Studie empfahl die Erweiterung von Sprachförder- und Ausbildungsprogramme für geflüchtete Frauen, um Integration in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Allerdings wurden in der Studie andere Herausforderungen, mit denen bei geflüchteten Frauen der Integration in den Arbeitsmarkt konfrontiert sind, nicht ausreichend beleuchtet.

    Es ist wahr, dass sprachliche Herausforderungen oder familiäre Verpflichtungen, wie die fehlende Kinderbetreuung, Hindernisse für den Eintritt von geflüchteten Frauen in den Arbeitsmarkt darstellen. Jedoch verstärkt die Diskriminierung gegenüber geflüchteten Frauen am Arbeitsplatz diese Herausforderungen noch weiter. Arbeitgeber haben oft stereotypische Vorstellungen von geflüchteten Frauen, was ihre Wahrnehmung und ihre Chancen auf angemessene Arbeitsplätze beeinträchtigt. Darüber hinaus mangelt es auf dem Arbeitsmarkt häufig an effektiven Maßnahmen zur Förderung von Diversität und Geschlechtergleichstellung.

    Die Herausforderungen variieren zudem je nach Berufsfeld, in dem die Frauen arbeiten möchten. Besonders im Bereich Lehramt und Rechtswissenschaften sind die Schwierigkeiten größer. Die Chancen für dieser Frauen, die als Lehrerinnen in ihren Heimatländern tätig waren, in Deutschland eine Anstellung zu finden, sind nahezu ausgeschlossen, da ihre Abschlüsse von den deutschen Lehramtsbehörden nicht anerkannt werden.

    Aber auch die Bürokratie und das Fehlen gezielter Beratung in den Jobcentern können sich negativ auf ihre Chancen auf passende Arbeitsplätze auswirken. Sie könnten Schwierigkeiten haben, die komplizierten bürokratischen Abläufe zu verstehen, und könnten nur unzureichend über geeignete Stellenangebote oder Weiterbildungsprogramme informiert werden, um ihre Fähigkeiten zu verbessern.

    Soziale Netzwerke

    Zusätzlich können auch Kommunikationsschwierigkeiten und das Fehlen sozialer Netzwerke in der deutschen Gesellschaft die beruflichen Erfolgschancen beeinträchtigen. Starke soziale Beziehungen helfen beim Aufbau beruflicher Unterstützungsnetzwerke, erleichtern den Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten und fördern das Verständnis des Arbeitsmarktes durch den Austausch mit anderen. Darüber hinaus könnten professionelle Mentoren ein Schlüssel sein, um geflüchteten Frauen zu unterstützen und ihnen berufliche Ratschläge und Unterstützung anzubieten. Diese Mentoren könnten Anleitung geben, wie sie ihre Fähigkeiten verbessern und erfolgreich in Deutschland eine berufliche Karriere aufbauen können.

    Mehrere syrische Frauen berichteten in Interviews über ihre Erfahrungen. Eine dieser Frauen ist Frau Bayat, 42 Jahre alt und aus Damaskus, Syrien. Sie hat Medizintechnik studiert und arbeitete zehn Jahre lang im syrischen Gesundheitsministerium. Trotz der Verantwortung für ihre zwei Kinder gelang es ihr, ihren beruflichen Weg in ihrer Heimat erfolgreich zu verfolgen. Aufgrund des Krieges verließ sie Syrien und kam 2016 nach Deutschland, wo sie derzeit in Bielefeld lebt. Sie erlernte die deutsche Sprache bis zum B2-Niveau und ließ ihre Studienabschlüsse anerkennen.

    Keine Stellen im angestrebten Berufsfeld

    Frau Bayat berichtete von den Schwierigkeiten, in Deutschland eine passende Arbeit zu finden. Über einen Zeitraum von zwei Jahren bewarb sie sich mehrfach für verschiedene Stellenangebote und Praktikumsplätze, erhielt jedoch stets Absagen. Sie betonte, dass sie bisher keine spezialisierte Beratung oder berufliche Weiterbildung erhalten hat.  Seit ein paar Monaten arbeitet sie in Teilzeit als Produktionsmitarbeiterin in einem Unternehmen. Jedoch liegt ihr aktuelles Arbeitsgebiet weit entfernt von ihrer früheren Erfahrung.

    Dennoch ist sie gezwungen zu arbeiten, um gemeinsam mit ihrem Ehemann die steigenden Lebenshaltungskosten bewältigen zu können. Es betrübt sie zutiefst, dass sie bisher keine geeignete Gelegenheit gefunden hat, in ihrem angestrebten Berufsfeld zu arbeiten. Sie fühlt sich verloren und weiß nicht, wie sie vorgehen soll.

    Bei einem weiteren Gespräch mit der 48-jährigen Frau Ali prägten Frustration und Enttäuschung ihre Worte. Ali ist eine kurdische syrische Frau aus Al-Qamishli, einer Stadt im Nordosten Syriens, die bereits in Syrien unter dem Verlust ihrer bürgerlichen Rechte litt. Ihr wurde die syrische Staatsbürgerschaft verweigert, was sich auf alle Aspekte ihres sozialen und beruflichen Lebens auswirkte.

    Obwohl sie in Syrien Jura studierte, konnte sie aufgrund der fehlenden syrischen Identität ihre Anwaltstätigkeit nicht ausüben. Dennoch ließ sie sich nicht von ihrer beruflichen Laufbahn abhalten und arbeitete im Bereich der Kindertagesstätten. Sie gründete sogar ihre eigene private Kindertagesstätte und meisterte dabei bürokratische Herausforderungen. Aufgrund des Krieges in Syrien musste Ali in die Türkei fliehen und kam schließlich 2015 nach Deutschland, wo sie seit etwa acht Jahren in Aachen lebt. Sie erlernte die deutsche Sprache bis zum B2-Niveau.

    Ali äußerte ihre Frustration darüber, dass sie bisher keine spezialisierte berufliche Beratung von Jobcentern oder anderen offiziellen oder inoffiziellen Stellen erhalten hat. Sie fühlt sich verloren und weiß nicht, welcher Beruf oder welche Weiterbildung sie befähigen würde, in den deutschen Arbeitsmarkt einzusteigen.

    Mangelnde Unterstützung

    Nach ihren Aussagen haben die Mitarbeiter des Jobcenters keine Informationen über die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes und setzen sich nicht ausreichend dafür ein, Arbeitssuchende zu unterstützen. Frau Ali wünscht sich eine berufliche Weiterbildung, um im Rechtsbereich tätig zu sein, aber es wurde ihr vorgeschlagen, eine Schulung für die Altenpflege zu absolvieren, was nicht ihren Interessen entspricht. Von anderen syrischen Frauen erfuhr sie, dass es eine berufliche Weiterbildung im Bereich OGS Schultag gibt, und nahm an einer Online-Schulung teil, musste jedoch die Kosten selbst tragen, da die Jobcenter-Mitarbeiter sich weigerten, diese zu übernehmen.

    Seit mehreren Monaten bewirbt sich Ali auf verschiedene Stellenangebote im Bereich der Kinderbetreuung, hat jedoch bisher noch keine Einladungen zu Vorstellungsgesprächen von Arbeitgebern erhalten. Obwohl sie seit etwa acht Jahren in Deutschland lebt, hat sie bisher noch nicht den passenden beruflichen Weg für sich gefunden. Am Ende unseres Gesprächs drückte Frau Ali ihre Gefühle voller Unterdrückung aus: „Ich möchte auch ein erfülltes Leben führen. Ich wünsche mir, wie andere Menschen zu leben und meinen geliebten Beruf ausüben zu können.“

    Diese beiden Frauen stehen stellvertretend für viele Frauen, denen der Einstieg in den Arbeitsmarkt ohne gezielte Unterstützung schwerfällt. Es lässt sich sagen, dass geflüchtete Frauen ein enormes Potenzial besitzen und eine wertvolle Bereicherung für den deutschen Arbeitsmarkt darstellen können.

    Doch um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, müssen wir die vielfältigen Herausforderungen bewältigen und gezielte Maßnahmen ergreifen, um eine echte Gleichstellung von geflüchteten Frauen und anderen Frauen in der deutschen Gesellschaft zu gewährleisten. Dies erfordert die Förderung von Chancengleichheit, die Implementierung gezielter Beratungsprogramme und die Überwindung von Stereotypen, um den Arbeitsmarkt für sie nachhaltig zu verbessern. Nur durch gemeinsame Anstrengungen können wir sicherstellen, dass diese talentierten Frauen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in Deutschland entfalten können.

     

  • Warum Diversität im Ehrenamt so wichtig ist

    Sportvereine sind auf ehrenamtliche Beteiligung angewiesen, doch besonders viele Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte findet man in solchen Positionen nicht. Dabei könnte eine homogene Vereinskultur mit mangelnder Diversität in Sportvereinen zusammenhängen. Warum es so wichtig ist, dass Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte im Ehrenamt vertreten sind, erfahren wir von Dave Rahimi, einem afghanischen Geflüchteten, der sich seit 5 Jahren im Sportverein Eidelstedt engagiert.

     

    Wie engagierst du dich zurzeit im Sportverein?

    Ich bin beim Sportverein Eidelstedt als Boxtrainer tätig. Ich bin fast jedes zweite Wochenende mit meinen Jungs in ganz Deutschland unterwegs zu Turnieren und Kämpfen. National und international. Seit 10 Jahren bin ich Hamburger Jugendwart, da mache ich sehr viel – von deutscher Meisterschaften bis zu internationalen Turnieren. Seit mindestens 20 Jahren arbeite ich bereits mit Kindern und Jugendlichen zusammen.

     

    Wie bist du dazu gekommen, dich ehrenamtlich zu engagieren?

    Das ist eine lange Geschichte. Ich bin in Afghanistan in Gefangenschaft geraten, das war natürlich Horror und da betete ich zum lieben Gott und sagte: “Bitte hilf mir. Wenn du mir hilfst, werde ich mein ganzes Leben lang Kindern und Jugendlichen helfen.“ Tatsächlich wurde ich gerettet. Der liebe Gott hat mir geholfen und seitdem helfe ich.

     

    Wusstest du damals schon, dass du Kindern und Jugendlichen mit Boxen helfen wirst?

    Nein. Ich habe die Leidenschaft fürs Boxen gehabt, leider war ich wegen dem ganzen Krieg nie richtig frei, kopfmäßig, aber es hat mir immer geholfen. Dann kam ich irgendwann nach Hamburg und habe meine Frau kennengelernt. Als ich ihr erzählt habe, dass ich gerne wieder boxen würde, hat meine Frau einen Boxclub für mich gefunden. Als meine beiden Kinder selbst mit Boxen angefangen haben, habe ich den Trainerschein gemacht. Dabei habe ich gemerkt, dass ich nicht nur meinen Kindern helfen kann, sondern auch anderen. Und das ist eigentlich genau das, was ich mir wünsche. Derzeit arbeite ich mit Kindern und Jugendlichen im Gymnasium Dörpsweg als Pädagoge und Sportlehrer. Durch den SVE und mein Ehrenamt habe ich dort eine Festanstellung bekommen.

     

    Wie war der Zugang für dich zum Ehrenamt?

    Als mein Sohn mit 13 Jahren zur deutschen Meisterschaft nominiert wurde, habe ich jemanden aus dem Verband kennengelernt, der zu mir meinte: “Du bist der richtige Mensch, um anderen zu helfen und es wäre schön, wenn du das nächste Mal im Verein kandidierst.“ Ich habe zu dem Zeitpunkt schon 1-2 Jahre im Verein gearbeitet, die Leute kannten mich schon und dann habe ich es einfach probiert und bin dann tatsächlich zweiter Jugendwart geworden.

     

    Welchen Vorteil hast du im Ehrenamt mit deiner Fluchtgeschichte?

    Verständnis für die Kinder. Ich verstehe sie sehr gut. Wie sie reden, was sie erzählen. Mittlerweile spreche ich mehrere Sprachen. Von arabisch bis russisch über persisch und afghanisch und darüber hinaus. Ich arbeite in der Schule auch mit Kindern aus verschiedenen Ländern zusammen. Wenn du auf jemanden zugehst und seine Sprache sprichst, schaut er dich an, vertraut dir, öffnet sich und kommt zu dir. Als ich hierherkam, war das ganz anders, da wurde ich angeguckt, „sprich Deutsch“, obwohl ich diese Sprache noch nie vorher gehört habe. Dadurch, dass ich einiges erlebt habe, gehe ich mit den Kindern auch ganz anders um und die Kinder lieben mich und ich sie auch.

     

    Braucht es mehr Menschen mit Fluchtgeschichte im Ehrenamt in Sportvereinen?

    Ja. Es ist sehr wichtig. Gerade die Kinder, die jetzt kommen, die haben nichts Gutes erlebt. Die wenigsten haben freiwillig ihr Zuhause, ihr Leben verlassen, um irgendwohin zu gehen. Da muss man auf die Kinder ganz anders eingehen, sie aufbauen und integrieren. Sport ist dabei ein wichtiger Zugang und Katalysator.

     

    Mehr zum Thema Diversität im Sport erfährst Du in unserer Printausgabe #6: „In Bewegung

    Wenn du mehr über die Zugänge für Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte im Hamburger Sport erfahren möchtest, abonniere den Hamburg in Bewegung-Newsletter!

     

  • Neues aus Afghanistan im April

    “Talk to Me, Not About Me.”

    Wiener Gesprächsrunde

    Die Teilnehmenden der zweiten Wiener Gesprächsrunde haben eine gemeinsame Erklärung geschrieben. Hierin fordern sie einen stärkeren Zusammenhalt zwischen politischen, sozialen, kulturellen, zivilen und unabhängigen Persönlichkeiten, die gegen die Taliban kämpfen. Sie riefen auch zur Anerkennung und Unterstützung aller Formen des Widerstands gegen die Taliban durch die internationale Gemeinschaft auf.

    Afghanische Geflüchtete

    Fast ca. 54.000 afghanische Geflüchtete, darunter Familien und Einzelpersonen, wurden aus dem Iran entweder zwangsweise oder freiwillig nach Afghanistan abgeschoben. Dies hat bei den Menschenrechtsorganisationen, die sich für die Rechte der Geflüchteten einsetzen, Besorgnis ausgelöst.

    Afghanische Frauen

    Die afghanische Frauenrechtsbewegung hat ihre Aktivitäten in der Provinz Herat aufgenommen. Am 13. April hat die Bewegung in einem Rundschreiben erklärt, dass sie nicht schweigen und bis an ihr Lebensende für die Menschenrechte der Frauen kämpfen wird.

    Angesichts der anhaltenden Restriktionen gegen Frauen haben die Taliban die Autofahrer in der Provinz Herat gewarnt, keine unverschleierten Frauen in ihre Fahrzeuge zu lassen. Die „Moralpolizei“ ist überall in der Stadt präsent und kontrolliert die Autos.

    Drohung

    Der ehemalige Sprecher des Innenministeriums der Taliban hat in einem Tweet den Feinden der Taliban gedroht: „Tötet die Flüchtigen einen nach dem anderen mit Messern. Wenn jemand gegen das Land predigt, geht und tötet ihn. Sie sind sehr rücksichtslose und schreckliche Tiere.“ Er fügte hinzu: „Wir haben Hunderte von Freiwilligen in Europa und Amerika. Sie wollen nur Einigkeit und Führung.“

    Reaktion auf Treffen in Doha

    Die afghanische Zivilgesellschaft und Frauenorganisationen haben ein Schreiben verfasst, um auf das Treffen in Doha zu reagieren. Hier sprechen die UN und andere Länder über die Anerkennung der Taliban, während die Mitglieder der Zivilgesellschaft und die Mediengruppen ihrer grundlegenden Menschenrechte beraubt werden.

    In dem Brief heißt es: „Wir fordern die UNO auf, alle ihre Pläne sofort abzubrechen, auch wenn es sich nur um kleine Schritte zur Anerkennung eines illegitimen Regimes handelt, das systematisch die Menschenrechte aller Afghanen verletzt und dessen Handlungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind“: „Redet mit mir, nicht über mich“.

    Brutalität gegen ehemalige  Regierungsmitarbeiter

    Die Brutalität der Taliban gegen die ehemaligen Mitarbeiter geht weiter. Im vergangenen Monat wurde ein ehemaliger Regierungsmitarbeiter, General Abdul Manaf Khan Dara, von den Taliban in Kabul verhaftet. Auch in Badghis nahmen sie 2 ehemalige Soldaten fest und eine Polizistin, deren Schicksal unbekannt ist. In Nuristan wurde ein ehemaliger Militäroffizier erschossen.

    Treffen

    Der Iran, Tajkistan, China, Usbekistan, Turkmenistan und Pakistan sowie voraussichtlich der russische Außenminister werden an einem Treffen teilnehmen und sich über humanitäre Hilfe und politische Herausforderungen in Afghanistan austauschen. Die erste und zweite Runde des Treffens wurde von Pakistan und Iran via Zoomkonferenz ausgerichtet.

    Neues aus Afghanistan aus dem letzten Monat findet ihr hier.

  • Ein Flüchtlingsgipfel bringt Abschiebungen statt Lösungen

    Das Flüchtlingsthema hat in Deutschland einen Gipfel erreicht. Am Mittwoch wurden die Ergebnisse eines Treffens zwischen Kommunen, Ländern und Bund, genannt Flüchtlingsgipfel, bekannt. Es ging auch in den Tagen und Wochen davor vor allem um die starke Belastung der Kommunen durch Geflüchtete.

    In vielen Kommunen können Sprachkurse nicht stattfinden und die Kitas und Schulen sagen, sie sind an ihrer Belastungsgrenze. Und es fehlt überall an Wohnraum und Unterbringungsplätzen. Natürlich stellt sich die Frage, warum die Kommunen nicht auf eine mögliche Notsituation vorbereitet sind? Haben sie nicht darüber nachgedacht, oder fehlt ihnen die Kreativität? Oder sind wir jetzt in dieser Notsituation angekommen, ohne dass es die breite Öffentlichkeit bemerkt hat?

    Auch wenn wir als Gesellschaft viel seit 2015 gelernt haben, wird “das Flüchtlingsthema” sehr oft mit Belastungen, Problemen und Krisen verbunden. Ich frage mich, warum das so ist. Liegt es daran, dass die Opposition ein Thema gegen die Regierung braucht und dieses Thema am besten funktioniert? Oder wollen die Kommunen Druck machen, weil sie dringend mehr finanzielle Unterstützung wollen? Oder liegt es daran, dass die Medien und Journalisten sich nicht mehr für den Kontakt zu Geflüchteten interessieren?

    Warum sprechen wir so viel über Belastungen, jetzt, wo 80% der neuen Geflüchteten aus der Ukraine kommen? Die Mehrheit der deutschen Gesellschaft und Politiker*innen haben sich zu Recht für die Aufnahme und Unterstützung von Ukrainer*innen entschieden. Das ist also eine Last, die wir als Gesellschaft tragen wollen.

    Diskussion über dir Finanzierung

    Die Diskussion fokussierte sich in den letzten Wochen aber vor allem auf die Fragen der Finanzierung. Wer zahlt für Unterbringung, Sprachkurse, Schulen und Gesundheitsversorgung?

    Die Unterbringung und Integration von Geflüchteten ist Aufgabe der Länder und Kommunen, so steht es im Grundgesetz. Der Bund hat in den letzten Jahren Milliarden investiert, um sich zu beteiligen. Seit 2015/16, also seit der sogenannten Flüchtlingskrise, wurden 15 Milliarden Euro ausgegeben, 2022 sollen es weitere 15,6 Milliarden Euro sein. Nun ist das Hauptergebnis des Flüchtlingsgipfels, dass der Bund wieder mehr Geld zur Verfügung stellt.

    Die Kommunen und Länder werden also entlastet, heißt es. Gleichzeitig wurde eine Pauschale pro Geflüchteter Person vorgeschlagen, die auf 1,25 Milliarden Euro pro Jahr festgelegt war. Bund und Länder konnten sich aber nicht einigen, weshalb jetzt erst eine Einmalzahlung kommt. Viele weitere Details soll eine Arbeitsgruppe bis November dieses Jahres klären.

    Was mich überrascht hat: obwohl die Finanzierung das Hauptthema der Kommunen ist, haben sich die Teilnehmer*innen des Flüchtlingsgipfels auch damit beschäftigt, wie sich Geflüchtete angeblich stoppen lassen. Das Beschlusspapier fokussiert sich auch auf mehr Abschiebungen, Möglichkeiten zu “Ausreisegewahrsam”, Grenzkontrollen und Befugnisse für Polizei und Ländern.

    Die Ministerpräsident*innen und auch die Innenministerin haben auch ihre Unterstützung für die EU-Pläne zur Asylrechtsreform geäußert. Es geht um ein Gesetzespaket, das in Brüssel bereits diskutiert wurde und an dem sich die Länder beteiligen möchten. Dabei steht im Fokus, dass Asylsuchende ihre Verfahren an den Außengrenzen der EU erhalten sollen. Also sehr ähnlich wie das, was viele Europäer*innen kritisieren, wenn sie Bilder von Geflüchteten an den Mauern der USA sehen.

    Was ist mit den Fluchtursachen?

    Was ich den Ministerpräsident*innen und den Minister*innen der Ampel Regierung gerne erzählen würde: ein Freund von mir, der noch in Syrien lebt, hat mich telefonisch über ein paar junge Syrer informiert, die nach Europa kommen möchten, weil sie nicht zur Armee gehen wollen. Sie werden den teuren, gefährlichen Weg über Libyen und das Mittelmeer versuchen. Denn das ist immer noch besser als in Assads Armee zu dienen.

    Für mich zeigt diese Geschichte, dass die Menschen nicht frei entscheiden, ob sie flüchten möchten, sondern dass sie dazu gezwungen werden. Wenn ich diesen Menschen heute von den Plänen der EU oder der Bundesregierung erzähle, sagen sie mir, es gibt immer Schmuggler. So zeigt die Geschichte auch, wie die FDP gerne erzählt: wenn es Nachfrage gibt, wird der Markt ein Angebot schaffen.

    Leider beschäftigen sich Politiker oft nur mit den innenpolitischen Themen und den Fragen der Grenzsicherheit statt mit der Außenpolitik, wenn es um Flucht und Asyl geht. Man könnte tausende Polizist*innen an die Grenzen stellen, aber sie werden die Grenze nie vollständig schließen können. Denn Geflüchtete sind gezwungen, und die Schmuggler werden immer wissen, wie sie die Not der Geflüchteten ausnutzen können.

    Beim nächsten Flüchtlingsgipfel sollten vielleicht Flüchtlinge dabei sein, dann könnten wir endlich über wirkliche Lösungen für Fluchtursachen sprechen, statt über populistische und unrealistische Abschiebewünsche.

     

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