Schlagwort: Duldung

  • Keine Chance – Das neue Aufenthaltsrecht kommt für viele zu spät

    Zurzeit leben rund 241.255 geduldete Personen in Deutschland (Stand April 2022 – Statistisches Bundesamt). Die meisten von ihnen kommen aus Afghanistan, dem Irak, Russland, Serbien und Pakistan. Viele von ihnen könnten durch das von der Bundesregierung geplante Chancen-Aufenthaltsrecht den lang ersehnten Übergang von der Duldung zur Aufenthaltserlaubnis schaffen.

    Was ist eine Duldung?

    Geduldete Menschen sind Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber nicht in ihre Heimatländer abgeschoben werden können. Die Gründe für einen Abschiebungsstopp sind komplex und vielfältig, wie Pro Asyl erklärt: Personen dürfen zum Beispiel nicht abgeschoben werden, wenn die Sicherheitslage in ihren Heimatländern ihr Leben gefährden oder sie dadurch auf unvertretbare Weise von ihrer Familie getrennt werden würden. Andere Gründe können sein, dass die Person zu krank ist, um die Rückreise anzutreten. Ein weiterer Grund könnten fehlende notwendige Ausweisdokumente sein.
    Bei solchen Abschiebungshindernissen stellt die Ausländerbehörde eine Duldung aus. Die gilt jedoch nur für einen bestimmten Zeitraum – zum Beispiel sechs Monate. Die geduldete Person muss immer wieder eine Verlängerung beantragen, um in Deutschland bleiben zu dürfen.

    Das Problem der Kettenduldungen

    Mehr als 100.000 geduldete Personen leben schon seit mehr als fünf Jahren in Deutschland. Im Laufe der Jahre schöpfen sie Hoffnung, lernen Deutsch und fangen an, sich ein neues Leben aufzubauen. Trotzdem müssen sie in ständiger Angst leben, dass es beim nächsten Gang zur Ausländerbehörde nicht mehr für eine Verlängerung reichen könnte.  Ein Ausbildungsvertrag oder eine vollzeitige Berufstätigkeit können Geduldete für die Zeit des Beschäftigungsverhältnisses vor einer Abschiebung schützen. Damit könnten sich ihre Chancen zu bleiben langfristig erhöhen.
    Doch egal was sie tun, Geduldete in Deutschland können sich nie komplett sicher fühlen. Der Fall von Jan zeigt, dass der Ausbildungsvertrag nur einen einzigen Tag zu spät kommen muss, damit der Traum als Erzieher in Deutschland bleiben zu können, in einer Nacht zerstört wird. Und das ist kein Einzelfall. Pro Asyl berichtet immer wieder von Menschen, die wegen der kleinsten formellen Fehler abgeschoben werden.
    Der sogenannte Spurwechsel von einem Duldungsstatus zu einem Aufenthaltsrecht ist langwierig und kompliziert. Nach den aktuellen Regelungen können sich geduldete Personen erst nach einer langen Wartezeit von acht Jahren für ein Bleiberecht bewerben. Familien mit minderjährigen Kindern dürfen dies aktuell nach sechs Jahren tun. Diese ewigen Kettenduldungen sind für die Betroffenen psychisch sehr belastend und werden schon lange von Hilfsorganisationen wie Pro Asyl kritisiert.

    Was soll das Chancen-Aufenthaltsrecht ändern?

    Der   von der Ampel-Regierung verabschiedete Gesetzesentwurf soll die langen Wartezeiten auf ein mögliches Bleiberecht deutlich verkürzen. Geduldete, die zum Stichtag 1. Januar 2022 seit mindestens fünf Jahren in Deutschland gelebt haben, nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen, sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten. Innerhalb dieses Jahrs haben sie Zeit, die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht zu erfüllen. Dazu zählen unter anderem Sprachkenntnisse, der Identitätsnachweis und die Sicherung des Lebensunterhalts. Wer es nicht schafft, fällt in die Duldung zurück.

    Was ist das Problem?

    Das geplante Gesetz geht vielen Hilfsorganisationen wie Pro Asyl nicht weit genug, doch es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt, der jedoch für viele zu spät kommt.
    Das Chancen-Aufenthaltsrecht wurde bereits im November 2021 mit dem Koalitionsvertrag angekündigt. Wann genau der bereits vorgelegte Gesetzesentwurf vom Bundestag verabschiedet wird, ist allerdings immer noch unklar. Bis dahin kann und wird weiter abgeschoben – vor allem auch die Menschen, die schon bald von dem neuen Gesetzt profitieren könnten. So berichtet der NDR zum Beispiel vom Senegalesen Mbaye Faye. Er hatte schon seit mehr als fünf Jahren in Deutschland gelebt und konnte sich selbstständig um seinen Lebensunterhalt mit einem Job in einem Restaurant kümmern. Jetzt wurde er abgeschoben – ein paar Monate länger und er hätte durch das neue Gesetz bleiben dürfen.
    Eine Situation, die paradoxer nicht sein könnte. Die Menschen, die laut offizieller Regierungsseite als Teil der Gesellschaft geschätzt und vor allem als Bereicherung für den deutschen Arbeitsmarkt gesehen werden und nun eine Chance bekommen sollen, werden zum aktuellen Zeitpunkt weiterhin abgeschoben. Nur, weil das Gesetz zu langsam kommt.
    Deswegen fordert Pro Asyl eine sogenannte Vorgriffsregelung. Diese forder von den Ausländerbehörden, niemanden mehr abzuschieben, wenn die Person vom baldigen Chancen-Aufenthaltsrecht Gebrauch machen würde. In Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Bremen, Thüringen und Niedersachsen gibt es bereits eine solche Vorgriffsregelung. Doch Hamburg, sowie zehn weitere Bundesländer fehlen noch. Deswegen hat Pro Asyl die Aktion Recht auf Zukunft gestartet.
    Auf ihrer Website kannst du jetzt eine E-Mail an das Innenministerium deines Bundeslandes schicken und fordern: „Beschließen Sie eine Vorgriffsregelung! Weisen Sie die Ausländerbehörden an, schon jetzt niemanden abzuschieben, der von den baldigen Neuregelungen profitieren würde.“

  • Stirbt die Hoffnung zuletzt?

    17. August 2013. Ankunft in der Türkei.

    18. Juli 2018. Flug nach Kroatien.

    19. August 2019. Ankunft in Deutschland.

    20. November 2020. Erster Abschiebungsversuch.

    21. Juni 2021. Abschiebung nach Kroatien.

    „Ich erinnere mich an jedes dieser schlechten Daten.“, sagt Jan (sprich: Dschan). Er grinst, obwohl er gerade von Dingen erzählt, die zum Heulen sind. Jans erster Name ist Muhammed, aber so wird er nicht gerne genannt. „Ich möchte nicht mehr der kleine Muhammed sein. Der hat so viele Sachen gesehen, die er nicht sehen sollte. Ich will endlich erwachsen werden. Außerdem ist Jan ein kurdischer Name, das gefällt mir.“ Jan ist syrischer Kurde, 19 Jahre alt, aufgewachsen in Aleppo. Als er zehn Jahre alt ist, beginnt der Bürgerkrieg in Syrien, und damit auch Jans Migrationsgeschichte: Er und seine Familie verbringen viele Jahre in Istanbul, gelangen dann mithilfe der Internationalen Organisation für Migration nach Kroatien und schließlich nach Deutschland

    Immer wieder auf die Beine kommen

    Heute ist Jan zurück in Kroatien. Wenn ihn hier Leute verwundert fragen, warum er Deutsch spricht, weicht er aus: „Das ist eine lange Geschichte.“ Eigentlich redet Jan nicht gerne über diese Geschichte. Er bewohnt ein kleines Zimmer im Osten von Zagreb: ein Bett, eine Stafette mit einem Bild, das er gemalt hat. Auf dem Bücherregal: 1000 Redensarten Deutsch, Der kleine Prinz auf Kroatisch, daneben weiße Blätter und ein Farbkasten mit Acrylfarben.

    Deutsche Redensarten verwendet Jan bereits: „Leider bin ich jetzt hier. Aber ich versuche, wieder auf die Beine zu kommen.“ Auf seinem Schreibtisch hat Jan Platz gemacht für Oliven, Brot und gefüllte Auberginen, die seine Mutter ihm aus Deutschland geschickt hat. Jan ist der Einzige aus seiner Familie, der abgeschoben wurde, seine Eltern und seine Brüder sind noch in Deutschland. Wie lange sie bleiben können und wann er sie wiedersehen kann, weiß Jan nicht.

    Plötzliches Ende der Kindheit

    Jans Kindheit endet schlagartig, als er 2013 als Elfjähriger mit seiner Familie in die Türkei flüchtet: Anstatt in die Schule zu gehen, näht er mit seiner Mutter in einer Textilfabrik Schuhe, damit sie sich das Leben in Istanbul leisten können. Kinderarbeit unter syrischen Flüchtlingskindern in der Türkei ist keine Seltenheit: 2017 lebten in der Türkei 1,2 Millionen geflohene Kinder, die Mehrheit von ihnen in Großstädten. Viele von ihnen schuften wie Jan in der Textilindustrie oder der Landwirtschaft.

    Heute sagt Jan, er habe damals gar nicht verstanden, dass das Kinderarbeit war: „Es hat mich einfach gefreut, wenn ich vom Chef ein Lob für meine Arbeit bekommen habe. Je mehr ich arbeitete, desto mehr Energie bekam ich.“ Jans Tage in der Türkei sind straff getaktet: Morgens geht er mit seiner Mutter zur Arbeit in die Textilfabrik. Nach der Arbeit geht er direkt nach Hause, um für seinen Bruder Essen zu machen. „Deswegen kann ich heute gut kochen“, sagt Jan lächelnd.

    Für die Schule zu groß, für die Arbeit zu klein

    Mithilfe der Internationalen Organisation für Migration gelangen Jan, mittlerweile 16 Jahre alt, und seine Familie schließlich nach Europa. Im Juli 2018 kommen sie in Velika Gorica an, eine Kleinstadt nahe der kroatischen Hauptstadt Zagreb. Doch sein größter Wunsch, endlich in die Schule gehen zu können, erfüllt sich auch hier nicht. Jan wartet und wartet auf einen Schulplatz, doch nach zehn Monaten Vertröstung ist er völlig verzweifelt. „Ich wollte einfach irgendwas machen. Aber es gab nirgendswo Platz für mich: Ich war für die Schule zu groß und für die Arbeit zu klein. Aber dann hat meine Mutter etwas sehr mutiges gemacht.“ Sie beschließt, es in Deutschland zu versuchen.

    Etwa ein Jahr nach der Ankunft in Kroatien kommen Jan und seine Familie nach Deutschland. Jan ist jetzt fast volljährig. Sie werden zunächst von Unterkunft zu Unterkunft geschickt, bis sie sich in Waldenburg in Baden-Württemberg niederlassen können, nur wenige Wochen bevor die Corona-Pandemie Deutschland zum Stillstand bringt. Trotz des Lockdowns und der unsicheren Bleibeperspektive scheint es langsam bergauf zu gehen: Jan bringt sich während des Lockdowns Deutsch bei und beginnt ein Praktikum im Kindergarten. Die Arbeit im Kindergarten macht ihm viel Freude, denn er kann gut mit Kindern umgehen – vielleicht auch, weil er selbst keine Kindheit hatte.

    Ein schwarzer Tag

    In der Berufsschule trifft er auf Gleichgesinnte: Menschen, die aus dem Iran, aus Mazedonien, aus Afghanistan oder afrikanischen Ländern nach Deutschland migriert oder geflüchtet sind. Seine Lehrerin verspricht ihm, dass er den Hauptschulabschluss machen kann, wenn er die A2 Prüfung in Deutsch besteht. Doch dann wacht Jan eines Nachts umrundet von Polizist*innen auf. Es ist der erste Versuch, ihn und seine Familie abzuschieben. Der Versuch scheitert nur aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes seines Vaters und seines Bruders. „Das war ein schwarzer Tag, ein langer Tag. Ich will gar nicht darüber sprechen.“

    Das hat einen guten Grund: Laut eines Berichts der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) reaktivieren nächtliche Abschiebungen ohne Vorankündigung alte Traumata. Auch psychisch gesunde Menschen werden durch das nächtliche Eindringen von Polizist*innen in ihr Zuhause, einen sicher geglaubten Ort, traumatisiert. Insbesondere dann, wenn die Abschiebung mit gewaltvollen Übergriffen einhergeht. Doch oft ist die Psyche von Menschen mit Fluchtgeschichte durch Gewalterfahrungen, durch ihren unsicheren Aufenthaltsstatus und das Zurechtfinden in einem fremden Land besonders zerbrechlich.

    Die Angst bleibt

    Abschiebungen von Menschen in einer so verletzlichen Situation sind eine unmenschliche Praxis, die Menschen kriminalisiert, traumatisiert und ihre Psyche und Würde zerstört. Die IPPNW fordert daher, dass nächtliche Abschiebungen ohne Vorankündigung und insbesondere die Abschiebung von Kindern und Jugendlichen aufhören müssen.

    Auch Jan wacht nach dem ersten Abschiebungsversuch jede Nacht um drei Uhr auf, aus Angst, dass wieder Polizist*innen in seine Wohnung stürmen. Während seine Familie sich von Duldung zu Duldung hangelt, malt Jan das Erlebte Nacht für Nacht auf, wenn er nicht schlafen kann. Im April bekommt er schließlich eine Zusage für einen Ausbildungsplatz im Kindergarten – die wichtigste Voraussetzung, damit er in Deutschland bleiben kann.

    An einem Dienstagabend im Juni 2021 lädt ein Freund ihn und seinen Bruder zu sich nach Hause ein. Nur Jans Bruder geht. Jan selbst bleibt zuhause, um für eine wichtige Deutschprüfung am nächsten Tag zu lernen. Kurz vor Mitternacht geht Jan schlafen. „Um 2 Uhr öffnete ich meine Augen, und es waren von hier…“ – Jan macht eine ausladende Bewegung mit der Hand – „bis dorthin mehr als 10 Polizist*innen um mich. Sie sagten, ich muss nach Kroatien. Oh je.. damit hatte ich nicht gerechnet. Ich dachte, der Ausbildungsplatz schützt mich.“

    Abschiebung in die Wohnungslosigkeit

    Jans Mutter erleidet einen Nervenzusammenbruch, Jans Bruder ist nicht vor Ort und sein Vater kann aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht abgeschoben werden. Also wird dieses Mal nur Jan mitgenommen. Er und die Polizist*innen steigen ins Auto: „Wir fahren, und fahren, und fahren. Es war so dunkel, alle schliefen und ich saß in diesem Polizei-Auto. Als ich zur Toilette wollte, haben die Polizist*innen mir die Beine verbunden, wie einem Hund. Als ob ich etwas Kriminelles gemacht hätte. Da waren so viele Leute, die mich angeguckt haben…“

    Jan schluckt, in seinen Augen hat er Tränen. „Das war sehr schwierig für mich.“ Während er zu seiner Abschiebung gefahren wird, will er mit seinem Rechtsanwalt oder seiner Integrationsmanagerin telefonieren. Aber die Polizist*innen nehmen ihm das Handy nach wenigen Sekunden Telefonat wieder aus der Hand.

    Um 12 Uhr mittags hebt schließlich am Kölner Flughafen ein Flugzeug Richtung Zagreb ab. Mit an Bord ist Jan, ein 19-Jähriger, der allein in die Wohnungslosigkeit in einem fremden Land abgeschoben wird.  Noch am Tag seiner Ankunft in Zagreb erhält seine Familie den Ausbildungsvertrag, der die Abschiebung verhindert hätte.

    Zuhause ist da, wo meine Familie ist

    Als Jan mir das erste Mal von seiner Abschiebung erzählt, sitzen wir Mitte Januar in einem Café in Zagreb. Der Raum ist verraucht und die Atmosphäre viel zu unbekümmert, um über so ernsten Sachen zu sprechen. „Du fragst dich bestimmt, wie ich weitermachen kann, nachdem mir das passiert ist“, sagt Jan. „Aber ich muss alles positiv nehmen. Wenn ich immer nur darüber nachdenken würde, wie ungerecht das Leben zu mir war, würde ich verrückt werden.“

    Jan geht jetzt auf eine Berufsschule in Zagreb und lernt einen Pflegeberuf. Er malt weiter, lernt Kroatisch und besucht abends Deutschkurse im Goethe-Institut. Fragt man ihn, wo er sich zuhause fühlt, zuckt er mit den Schultern: „Ich habe mich nie irgendwo richtig zuhause gefühlt. Ich denke, dort wo deine Familie ist, ist dein Zuhause.“

    Doch wegen der zweijährigen Einreisesperre nach einer Abschiebung darf Jan seine Eltern in Deutschland nicht besuchen. Und seine Eltern dürfen Deutschland nicht verlassen, um ihn zu besuchen. „Schlafende Hunde soll man nicht wecken“, sagt Jan über die deutschen Behörden, die besser nicht auf seine Familie aufmerksam werden sollen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, steht in der Beschreibung seines Instagram-Profils, und vielleicht lernt Jan auch deswegen weiter Deutsch. „Ein Junge in dem Kindergarten, in dem ich gearbeitet habe, hat mich mal gebeten, einen Stock zu zerbrechen“, erzählt Jan, kurz bevor er geht. „Ich habe den Stock für ihn zerbrochen, und der Junge sagte: ‚Du bist der stärkste Mann der Welt‘. Das hilft mir manchmal hier.“

  • Wie bekomme ich einen Pass?

    Antwort

    Lieber Ratsuchender,

    da hast du dich ja sehr ausgiebig mit den deutschen Behörden und dem iranischen Konsulat auseinandersetzen müssen, aber alles bisher gut überstanden. Du bist wahrscheinlich im Besitz eines elektronischen Aufenthaltstitels mit dem Status Duldung und wahrscheinlich bist du auch berufstätig….Herzlichen Glückwunsch zur Geburt einer Tochter!

    Den „blauen Reisepass“ erhalten nur Geflüchtete, die als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlings Konvention (GFK) anerkannt sind (Artikel 28 GFK). Das ist bei dir nicht der Fall.

    Du kannst aber versuchen, einen Reiseausweis für Ausländer (sogenannter grauer Reisepass) nach §5 Aufenthaltsverordnung zu beantragen. Ein solcher kann bei der Ausländerbehörde beantragt werden, wenn es keine Möglichkeit gibt, einen Pass vom Heimatland zu erhalten. Er berechtigt zu Reisen ins Ausland. Oftmals ist aber zusätzlich ein Visum erforderlich. Voraussetzung ist u.a., dass es dir unzumutbar ist, einen iranischen Pass zu beantragen. Wir gehen jetzt davon aus, dass du alle Versuche, einen iranischen Pass zu erhalten, dokumentiert hast und der Ausländerbehörde vorlegen kannst.

    Viel Erfolg

    Weiteren Rat von Angelika findest du z.B. hier .

  • Die neuen Außenseiter

    Die Geschichte der Gastarbeiter im Deutschland der Nachkriegszeit ist bekannt. Das Wirtschaftswunder und der Mangel an Arbeitskräften begründeten damals die Anwerbeabkommen. Millionen Menschen kamen nach Deutschland, um in der Industrie zu arbeiten. Ein Rotationsmodell, nach dem ihr Aufenthalt begrenzt war, sollte dafür sorgen, dass die Gastarbeiter Gäste bleiben. Dies gelang auf Intervention der Arbeitgeber aber nicht. Nicht wenige Arbeiter kehrten nach ein paar Jahren in ihre Herkunftsländer zurück. Für die meisten sollte aber Deutschland eine neue Heimat werden.

    Der Ausgangspunkt der Einwanderungsgeschichte Deutschlands ist überraschenderweise die Ankunft von Gastarbeitern. Sie wurden erstmal nicht als Einwanderer betrachtet. Ihr Besuch sollte den temporären Bedarf des Arbeitsmarkts bedecken und deshalb nur vorübergehend sein. Aus diesem Grund waren die Integration und die Eingliederung dieser Menschen in die Gesellschaft noch keine Frage. Integrationskurse und Sprachförderung schienen letztendlich für einen temporären Besuch überflüssig.

    Integration war Voraussetzung, aber kein Angebot

    Dieser Anfangspunkt bringt den offenen deutschen Arbeitsmarkt in Erinnerung, allerdings auch die geschlossene politische Gesellschaft. Die Thematisierung und dementsprechende Regelungen der Rechtsstellung von den Neuankömmlingen wurden lange Jahre verzögert. Die Integration und die Einbürgerung haben auf sich warten lassen. Erst nach dem Anwerbestopp und der Gewissheit, länger in Deutschland bleiben zu wollen, kamen die Familien verstärkt nach. Langsam tauchten dann die Fragen nach der Integration auf. Trotzdem wurden die meisten immer noch als Gäste betrachtet.

    Der Zugang zur Bürgerschaft verkörperte eine bürokratische Hürde: Frühestens nach 15 Jahren ab der Niederlassung und mit Erfüllung weiterer Voraussetzungen (Beherrschen der deutschen Sprache in Wort und Schrift sowie Ausbildung) durften sie einen deutschen Pass erhalten. Dabei war die Integration eine Voraussetzung, aber kein Angebot. Sie durften in Deutschland bleiben, waren aber in den Augen der Behörden dennoch nicht von hier. Sie wurden gerufen und mit Freude willkommen geheißen, dies aber nur, solange sie Gäste waren. Die deutsche Einwanderungsgeschichte fing insofern mit der Nichtanerkennung eines Teils der Gesellschaft an.

    Geduldet

    Jedoch sollte man von der Geschichte lernen. Dementsprechend ist die Arbeit an Integration nicht zu übersehen. Letzten Endes will keiner eine Parallelgesellschaft. Viele Änderungen des Aufenthaltsrechts ermöglichten vielen den Zugang zu einem stabilen Leben, darunter auch den Zugang zur Bürgerschaft. Dabei gelten zum Beispiel die Regelungen verschiedener Aufenthaltstitel sowie Integrationsmaßnahmen im sogenannten Zuwanderungsgesetz (2005).

    Weiterhin wurde auch eine wertvolle Änderung sichtbar mit der Einführung des Geburtsprinzips bei der im Jahr 2000 in Kraft tretenden Reform des Staatsangehörigkeitsrechts (StAG). Trotz aller Gesetzesänderungen und Bemühungen zur Integration und zur Aufrechterhaltung der Willkommenskultur werden heute wie damals viele Menschen ausgeschlossen, die im deutschen Staatsgebiet niedergelassen sind.

    Wie das Wort „Duldung“ unter dem Stempel der Ausländerbehörde ausdrückt, wird die Präsenz dieser Menschen nur toleriert. Die Geduldeten sind in der Regel abgelehnte Asylbewerber. Sie wurden mit der Absage ihres Asylantrags ausgewiesen, können allerdings aus humanitären oder persönlichen Gründen nicht zurück in ihre Heimatländer geschickt werden (AufenthG §60a Absatz 2).

    Die Duldung verhindert die Strafbarkeit ihrer Anwesenheit im Staatsgebiet. Als bloße vorübergehende Aussetzung der Abschiebung von ausreisepflichtigen Ausländern stellt die Duldung keinen Aufenthaltstitel dar und daher besteht für die Geduldeten weiterhin die Ausreisepflicht. Die Duldung bedeutet für die Betroffenen eine extrem instabile Situation. Sie war deshalb (nur) für kurze Zeiträume angedacht (drei Monaten mit einer Verlängerung von bis zu sechs Monaten). Sie funktioniert in der Praxis dennoch anders.

    Kein Leben als Gleiche unter Gleichen

    Ein letztes bekanntes Phänomen der Einwanderung in Deutschland ist die Kettenduldung, nämlich eine Duldung, die nach und nach verlängert wird. Menschen, die an die Duldung angekettet sind, können oft weder in ihre Heimatländer zurück, noch in Deutschland einen langfristigen Aufenthaltstitel erhalten. Nicht alle schaffen es, die Voraussetzungen für die Aufenthaltserlaubnis zu erfüllen (Verfügung über einen Ausweis, Sicherung des Lebensunterhalts, ausreichender Wohnraum, ausreichende Deutschkenntnisse und qualifizierte Berufsausbildung oder berufliche Erfahrung in Deutschland, etc.).

    Aufgrund dieses Phänomens werden Menschen zu einer Situation der Unsicherheit und Instabilität gezwungen, die ihnen unter anderem die Möglichkeit nimmt, ihr Leben als Gleiche unter Gleichen auszuführen und im Voraus zu planen.

    Anders als für die Gastarbeiter, die in den 60er Jahren willkommen waren, gibt es für die Geflüchteten kein Anwerben. Niemand hat sie gerufen und der millionste abgelehnte Asylbewerber erhielt kein Motorrad. Allerdings ähneln sie einander: Beide, Gastarbeiter und Geduldete, waren und sind da, letztendlich dauerhaft und werden trotzdem nicht aufgenommen.

    Nicht mal Bürger zweiter Klasse

    Geduldete erleben Ausgrenzung. Der Weg zum Aufenthaltstitel und damit eventuell zur Bürgerschaft ist oft nach langwierigen Versuchen nicht für alle möglich. Sie sind dennoch hier und leben in einer instabilen Situation, die als vorübergehend angedacht war, die aber über Jahre hinweg ziehen kann. Sie sind nicht mal Bürger zweiter Klasse, weil sie keine Bürger sind. Die deutsche Einwanderungsgeschichte, die mit dem Ankommen von Gastarbeitern beginnt, bestätigt die Kontinuität einer Haltung gegenüber Neuankömmlingen. Ihr Fortschritt verbirgt immer noch die Ausgrenzung vieler.

  • Ausbildungsduldung – was ist das?

    Antwort

    Lieber Ratsuchender,

    du sprichst in deiner Frage das Bleiberecht in Deutschland aufgrund einer Ausbildungsduldung an. Um es schon einmal vorweg zu nehmen: Du hast eine Duldung (oder einen der Duldung nach deutschem Recht ähnlichen Aufenthaltsstatus) in einem anderen Staat. § 60a Abs.2 Satz 4ff AufenthG ist aber nur anwendbar für Geflüchtete, die in Deutschland eine Duldung haben. Ich weiß nicht, in welchem Land du eine Duldung hast und ob es dort auch die Möglichkeit einer Ausbildungsduldung gibt. Auf jeden Fall kannst du dich hier in Deutschland leider nicht darauf berufen. Auch wenn du hier einen Ausbildungsplatz hast, musst du zuvor hier in Deutschland ein Aufenthaltsverfahren durchlaufen haben.

    Vorraussetzugen für eine Ausbildungsduldung

    Die sogenannte Ausbildungsduldung (§60a Abs.2 Satz 4ff AufenthG) schafft für Geflüchtete mit einer Duldung die Möglichkeit für die Aufnahme einer Ausbildung mit anschließender Beschäftigung im erlernten Beruf (sogenannte 3+2 Regelung).

    Voraussetzung dafür ist u.a. eine Beschäftigungserlaubnis (wird von der Ausländerbehörde erteilt). Es gibt richterliche Beschlüsse, die besagen, dass eine für die betriebliche Berufsausbildung erforderliche Beschäftigungserlaubnis, deren Erteilung im Ermessen der Behörde steht ( §4 Abs.2 S.3 AufenthG iVm § 32 Abs.1, Abs.2 Nr.2 BeschV), zu gewähren ist, um den gesetzgeberischen Zielen der Ausbildungsduldung Rechnung zu tragen ( VG Neustadt, Beschluss vom 12.12.2016,AZ 2L993/16NW).

    Weitere Voraussetzungen sind:

    • Ausbildungsvertrag mit einem Betrieb, der in das Ausbildungsverzeichnis der zuständigen Handwerks-/Handelskammer eingetragen ist.
    • Im Falle einer schulischen Berufsausbildung die Aufnahmezusage der jeweiligen staatlichen oder privaten Berufsfachschule mit Bezeichnung des konkreten Ausbildungsberufs
    • Wenn es sich nicht um eine Person handelt, die aus einem sicheren Herkunftsland kommt (§29a AsylG) und deren nach dem 31.8.2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde.
    • Die Identität der Person muss geklärt sein (es muss nicht unbedingt ein Pass vorgelegt werden!).
    • Die Person darf nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt sein (Geldstrafen bis 50 Tagessätzen bzw. 90 Tagessätzen bei Straftaten, die nach dem Asylgesetz oder Aufenthaltsgesetz begangen wurden, sind ausgenommen). Die Duldung kann aber auch wegen während der Ausbildung begangener entsprechender Straftaten aufgehoben werden.
    • Keine Person, für die ein Verfahren nach Dublin III anhängig ist oder die nach Dublin III in einen sicheren Drittstaat zurück überstellt werden soll.
    • Keine Person, die bereits in einem sicheren Drittstaat als schutzberechtigt anerkannt wurde.

    Wenn die Ausbildung vorzeitig beendet oder abgebrochen wird, besteht weiterhin eine Duldung für 6 Monate zum Zwecke der Suche nach einer weiteren Ausbildungsstätte (§ 60a Abs.2 Satz 10 AufenthG).

    Auch Vorlaufzeiten und vorbereitende Maßnahmen werden berücksichtigt:

    Sobald der Ausbildungsvertrag unterschrieben vorliegt und eingetragen ist, akzeptiert die Ausländerbehörde die u.U. gegebene Vorlaufzeit bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn (z.B. Vertragsschluss im November, Ausbildungsbeginn im darauffolgenden August).

    Auch bei ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen kann die Ausländerbehörde eine Ausbildungsduldung erteilen:

    • Einstiegsqualifizierung nach § 54SGB III (IQ)
    • Qualifizierung und Arbeit für Schulabgänger (QuAS)
    • Berufliche Qualifizierung im Hamburger Modell (BQ)

    Bei diesen Qualifizierungsmaßnahmen liegt die Übergangsquote in eine duale Ausbildung in Hamburg bei über 85%.

    Die Ausbildungsduldung ist nach allem eine sehr gute Möglichkeit für Geflüchtete, eine qualifizierte Ausbildung zu erhalten und nach der Ausbildung von 3 Jahren noch eine Beschäftigungsduldung für weitere 2 Jahre zu erhalten. Und dann einmal schauen …

    Wir wünschen dir auf jeden Fall viel Erfolg und Glück auf deinem weiteren Weg!

     

     

     

     

  • Duldung und unbefristeter Arbeitsvertrag – Härtefallersuchen?

     

    Antwort:

    Lieber Leser,

    Zunächst einmal Glückwunsch, dass dein Freund einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekommen hat.

    Geduldete Ausländer sind Personen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben (wie hier z.B. abgelehnte Asylbewerber) nach §60a Abs.4 AufenthG.

    Bei einem Mindestaufenthalt von 15 Monaten in Deutschland kann auch ein Geduldeter nach § 32 Abs.5 Nr. 2 BeschV ein Arbeitsverhältnis eingehen. Ich gehe davon aus, dass die Ausländerbehörde darüber informiert wurde.

    Die Ausländerbehörde hat wahrscheinlich eine Ermessensduldung nach § 60a Abs.2 S.3 AufenthG ausgesprochen, wonach dein Freund bis 2020 auf jeden Fall in Deutschland bleiben kann, sofern er nicht einen Pass seines Heimatlandes (Irak) hat, mit dem er dort wieder einreisen könnte (dann erlischt seine Duldung hier unverzüglich).

    Er könnte eine Petition bei der Hamburgischen Bürgerschaft einreichen (Verfahren für ein Härtefallersuchen), dabei sollte er sich von einem kundigen Anwalt vertreten lassen.

    Ich sehe aber momentan keine Probleme bei einer Duldung, wenn er sich hier in Deutschland an die Gesetze hält, seinen Arbeitsvertrag erfüllt und sich weiter integriert.

    Viel Erfolg für Deinen Freund!

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