Schlagwort: Bundestagswahl

  • Duha und Hamza blicken auf ihre erste Bundestagswahl

    Für Duha und Hamza war die Entscheidung, nach Deutschland zu migrieren, nicht einfach. Wie viele Menschen, die aus Krisengebieten fliehen, suchten sie nicht nur nach Sicherheit, sondern auch nach einer Möglichkeit, ein neues Leben aufzubauen. Der Krieg in Syrien trieb sie beide in die Flucht, jeweils auf eine eigene Weise.

    Der Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft

    Duha Marati (28) ist Master-Studentin im Bereich Architektur und verließ Syrien vor zehn Jahren, als die Bombardierungen und willkürlichen Verhaftungen in ihrem Heimatland immer unerträglicher wurden. „Wir mussten unser Zuhause verlassen und flohen vor den heftigen Bombenangriffen“, erinnert sich Duha, die heute in einem Ingenieurbüro arbeitet, um ihr Studium zu finanzieren. In Deutschland angekommen, stellte sie fest, dass der Weg zu einem neuen Leben voller Herausforderungen war – angefangen bei bürokratischen Hürden über das Erlernen der deutschen Sprache bis hin zum Finden eines Arbeitsplatzes.

    Ähnlich erging es Hamza Nhile, (27), der als Bauingenieur bei der Deutschen Bahn arbeitet und einen Masterabschluss in Bauingenieurwesen besitzt. Auch er musste aufgrund des Krieges in Syrien mehrfach fliehen und sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, seine akademische und berufliche Laufbahn unter extremen Bedingungen fortzusetzen. „Vor meiner Ankunft in Deutschland musste ich innerhalb Syriens mehrfach fliehen, was dazu führte, dass ich mein Studium ein Jahr lang unterbrechen musste“, erzählt Hamza. „Als der Krieg eskalierte, verlor ich die Hoffnung, meine Ausbildung fortzusetzen, und sah in Deutschland die einzige Chance, dem Krieg zu entkommen und neu zu beginnen.“

    Jedoch war der Weg in die deutsche Gesellschaft nicht einfach. Duha und Hamza mussten ihre beruflichen Qualifikationen anerkennen lassen, sich mit den Herausforderungen des deutschen Arbeitsmarktes auseinandersetzen und die deutsche Sprache meistern – eine enorme Leistung, die sie beide schließlich erfolgreich bewältigten.

    Ein Moment der Zugehörigkeit

    Nach Jahren des Kampfes haben Duha und Hamza endlich die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Diese Anerkennung ihrer Anstrengungen ist für sie nicht nur ein bürokratischer Akt, sondern ein bedeutender Schritt in ihrem Leben. Für Duha bedeutet der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft vor allem eines: „Ich fühle mich sehr stolz und dankbar, die deutsche Staatsbürgerschaft nach zehn Jahren im Land erhalten zu haben. Ich betrachte mich nun als ein integraler Teil der deutschen Gesellschaft und habe das Recht, die Staatsbürgerschaft dieses Landes zu tragen, das mich aufgenommen hat.“ Ihre Worte sind von einer tiefen Dankbarkeit geprägt, die auf den Erfahrungen eines schwierigen Weges basiert.

    Auch Hamza zeigt sich stolz: „Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft nach diesem langen Weg der Anstrengung und Herausforderungen war eine wohlverdiente Belohnung.“ Die Jahre der Unsicherheit, der Sprachbarrieren und der Anpassung an eine neue Kultur, die oft als fremd empfunden wurde, sind nun Vergangenheit. Sie sind angekommen. Als deutsche Staatsbürger*innen haben sie nun nicht nur ein Stück Papier in der Hand, sondern auch das Gefühl, in der Gesellschaft und dem Land, das sie aufgenommen hat, einen festen Platz zu haben.

    „Ich bin stolz darauf, dass meine Stimme nun gehört wird und dass ich aktiv zur Gestaltung der Zukunft dieses Landes beitragen kann.“

    Mit der deutschen Staatsbürgerschaft kommt eine neue Verantwortung – und das Recht, an demokratischen Prozessen teilzunehmen. Für Duha und Hamza bedeutet die Teilnahme an der Bundestagswahl ein ganz besonderes Ereignis. Für Duha ist es eine Gelegenheit, ihre Stimme in der deutschen Politik zu erheben und aktiv zur Gestaltung der Zukunft dieses Landes beizutragen. „Es bedeutet mir sehr viel“, sagt sie. „Ich bin stolz darauf, dass meine Stimme nun gehört wird und dass ich aktiv zur Gestaltung der Zukunft dieses Landes beitragen kann.“

    Hamza teilt diese Begeisterung: „Es wird meine erste Wahl in einem demokratischen System sein, und ich bin sehr aufgeregt. Die Teilnahme an den Wahlen gibt mir das Gefühl, zur deutschen Gesellschaft zu gehören und meine Meinung zu äußern.“ Für Hamza ist es nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verantwortung, seine Stimme abzugeben und sich an der politischen Gestaltung der Gesellschaft zu beteiligen.

    Doch auch wenn der Moment der Wahl ein Anlass zur Freude ist, blicken beide mit einer gewissen Besorgnis auf die politischen Entwicklungen in Deutschland. Die zunehmende Unterstützung rechter Parteien und der wachsende Populismus bereiten sowohl Duha als auch Hamza Sorgen.

    Der Aufstieg rechter Parteien

    Ein Thema, das beide in den letzten Jahren zunehmend beschäftigt hat, ist der Aufstieg rechter und extrem rechter Parteien in Deutschland. In ihren Antworten auf die Fragen zu den aktuellen politischen Entwicklungen wird deutlich, dass Duha und Hamza nicht nur die politische Lage aufmerksam verfolgen, sondern auch eine klare Haltung zu den Herausforderungen und Gefahren eingenommen haben, die mit dieser Entwicklung verbunden sind.

     „Ja, ich habe echte Bedenken. Dieser Aufstieg verstärkt meine Motivation, aktiv an den Wahlen teilzunehmen, um der Ausbreitung extrem rechter Parteien entgegenzuwirken“, äußert sich Duha besorgt. Für sie ist der politische Diskurs rund um Migrant*innen und Geflüchtete oft von einer Sprache geprägt, die eine Feindseligkeit schürt und Spannungen verstärkt. Doch sie hofft, dass ihre Teilnahme an den Wahlen und die Stimmen anderer Migrant*innen einen positiven Einfluss auf das Wahlergebnis haben werden.

    „Ja, es gibt klare Bedenken wegen des Aufstiegs rechter extremistischer Parteien, die zu einer verstärkten Feindseligkeit gegenüber Migranten führen und Spannungen in der Gesellschaft schüren“, teilt Hamza diese Sorge. Auch er hat den Eindruck, dass politische Rhetorik in den letzten Jahren immer mehr auf Polarisierung setzt und Migrant*innen als Sündenböcke und Feindbild genutzt werden. Für ihn steht fest, dass die Teilnahme am demokratischen Prozess eine Möglichkeit ist, sich gegen diese Entwicklung zu stellen.

    Hoffnung auf Solidarität in einem vielfältigen Land

    Trotz der Herausforderungen, die sie während ihrer Zeit in Deutschland gemeistert haben, sind Duha und Hamza zuversichtlich, was die Zukunft des Landes betrifft. Ihre Erwartungen für Deutschland als neue Staatsbürger*innen sind optimistisch: Duha hofft, dass Deutschland ein Land bleibt, das für kulturelle Vielfalt offen ist. Ich hoffe, dass Deutschland ein offenes Land für verschiedene Kulturen bleibt und weiterhin Frieden und Stabilität genießt“, sagt sie. Auch Hamza teilt diese Vision. „Ich hoffe, dass Deutschland ein offenes, multikulturelles Land bleibt und dass die deutsche Wirtschaft ihre Stärke wiedererlangt, wovon alle profitieren können.“

    Für beide ist der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft nicht nur ein persönlicher Erfolg, sondern auch eine Verpflichtung, das Land aktiv mitzugestalten und positiv zu beeinflussen. Sie sehen sich als Teil einer Gesellschaft, die sich weiterentwickeln kann, wenn alle – einschließlich der Migrant*innen – ihren Beitrag leisten.

    Ihre Botschaft an andere Migrant*innen, die noch keine Staatsbürgerschaft erhalten haben, ist klar: „Arbeitet hart, um dies zu erreichen. Ein deutscher Reisepass zu haben, gibt ein großartiges Gefühl von Stolz und Zugehörigkeit.“ Hamza fügt hinzu: „Lernt die deutsche Sprache gut, haltet euch an die Gesetze und seid ein aktiver Teil der Gesellschaft. Es gibt viele Chancen, aber sie erfordern kontinuierliche Anstrengung und Arbeit, um erfolgreich zu sein.“

    Für das deutsch-syrische Paar ist die Teilnahme an den Bundestagswahlen ein Symbol für die Verwirklichung ihrer Träume und Anstrengungen. Ihre Geschichte ist nicht nur die einer Migration, sondern auch die einer erfolgreichen Integration in ein Land, das ihnen die Möglichkeit gegeben hat, ein neues Leben zu beginnen. Am heutigen Sonntag werden sie ihre Stimmen abgeben – für sich selbst, für die Gesellschaft, in der sie leben, und für die Zukunft Deutschlands.

     

  • Wie syrischstämmige Wahlberechtigte Deutschlands politische Zukunft mitbestimmen

    Ende 2023 lebten 1,3 Millionen Menschen mit syrischen Wurzeln in Deutschland, darunter 214.000 mit deutschem Pass. Durch das neue Einbürgerungsgesetz, das kürzere Fristen und die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht, dürfte die Zahl der Wahlberechtigten mit syrischer Migrationsgeschichte weiter steigen. 2023 erhielten 75.485 Syrer*innen die deutsche Staatsbürgerschaft. Selbst wenn die politische Debatte von strengeren Asylgesetzen und Rückkehrbewegungen geprägt ist, wächst mit jeder Einbürgerung ihr Gewicht im politischen Diskurs Deutschlands.

    Denn für viele syrischstämmige Menschen markiert die Einbürgerung das Ende des politischen Abseits: Endlich nicht mehr nur Zaungäste, sondern Mitgestaltende der Demokratie. Obwohl nicht alle politischen Kräfte sie willkommen heißen, ist eines klar: Keine demokratische Partei kann es sich leisten, diese Wähler*innengruppe zu ignorieren. Wer langfristig erfolgreich sein will, muss ihre Anliegen ernst nehmen.

    Was bewegt Wähler*innen mit syrischen Wurzeln?

    Lebensrealitäten, Erfahrungen und Werte prägen die politische Haltung aller Wähler*innen in Deutschland, auch der syrischstämmigen. Dabei spielen nicht nur kollektive Erfahrungen, sondern auch persönliche Überzeugungen eine Rolle.

    Viele Syrer*innen erleben soziale Unsicherheit im Alltag – von beengten Wohnsituationen bis hin zu prekären Arbeitsverhältnissen. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiten 75 Prozent der syrischen Erwerbstätigen in qualifizierten Berufen – doch oft unterhalb ihres Ausbildungsniveaus. Fragen nach sozialer Gerechtigkeit und fairen Arbeitsbedingungen sind deshalb für viele von hoher Relevanz und machen eher linke Parteien attraktiv. Mit wirtschaftlichem Aufstieg könnten in Zukunft auch konservativere Parteien stärker in den Fokus rücken.

    Erfahrungen mit Diskriminierung sind ein weiterer Faktor, der politische Einstellungen beeinflusst. Laut einer Bertelsmann-Studie haben 35 Prozent der Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland in den letzten zwölf Monaten Diskriminierung erlebt. Besonders bei der Arbeitssuche oder der Wohnungsvergabe berichten besonders muslimische Menschen von Benachteiligungen – weshalb Parteien, die sich für Antidiskriminierung und Minderheitenrechte starkmachen, in dieser Wählergruppe an Vertrauen gewinnen könnten.

    Auch Werte und Ideale sind prägend für die politische Orientierung. Die Flucht vor dem Assad-Regime hat zahlreiche Syrer*innen für soziale Gerechtigkeit und eine offene Gesellschaft sensibilisiert – Themen, die insbesondere progressive Parteien aufgreifen können. Gleichzeitig gibt es religiös geprägte Gruppen, darunter konservative Muslim*innen und christliche Minderheiten, die traditionellen Familienstrukturen große Bedeutung beimessen. Diese könnten sich stärker zu konservativen Parteien hingezogen fühlen.

    Parteien auf dem Prüfstand: Wem vertrauen syrischstämmige Wähler*innen?

    Demnach sind unterschiedliche Entwicklungen des Wahlverhaltens möglich – von einer stärkeren Neigung zu linken Parteien bis hin zu konservativen oder themenbezogenen Entscheidungen. Doch ein genauerer Blick zeigt bereits klare Tendenzen auf.

    So verdeutlicht eine aktuelle Studie des DeZIM-Instituts, dass sich Menschen mit Migrationsgeschichte häufiger als Menschen ohne Migrationsgeschichte Sorgen um ihre materielle Sicherheit, Wohnsituation und Altersversorgung machen. Diese Faktoren deuten darauf hin, dass soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stabilität für viele Wahlberechtigte mit syrischer Migrationsgeschichte zentrale Themen sind – und warum Parteien, die diese Aspekte priorisieren, besonders von ihrer Unterstützung profitieren.

    Befragte mit Bezug zur sogenannten MENA-Region (“Mittlerer Osten” und Nordafrika), zu denen auch syrischstämmige Wähler*innen gehören, nennen soziale Ungleichheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt häufiger als zentrale politische Herausforderungen. In Fragen sozialer Gerechtigkeit gelten SPD und Die Linke als besonders kompetent. Entsprechend sehen viele in der MENA-Gruppe die SPD als stärkste Partei, während auch Die Linke und das BSW hohe Zustimmung erhalten. Die AfD hat in dieser Wähler*innengruppe das geringste Potenzial, obwohl sie gezielt versucht, Menschen mit längerer Migrationsgeschichte für sich zu gewinnen, indem sie diese gegen neuere Migrant*innen ausspielt.

    Gleichwohl bedeutet programmatische Nähe nicht automatisch Vertrauen in das politische System. Das Misstrauen in Parteien ist bei vielen Wähler*innen verbreitet, insbesondere bei Wahlberechtigten mit Migrationsgeschichte. Sie fühlen sich vor allem in Wahlkampfzeiten umworben – und danach schnell wieder vergessen.

    Härtere Asylgesetze, schwindendes Vertrauen

    Eine zunehmend restriktive Migrationspolitik verstärkt dieses Misstrauen. Neben rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien setzen auch weite Teile der Union auf Abschottung und Härte.

    Friedrich Merz setzte jüngst seinen „Fünf-Punkte-Plan“ zur Migrationspolitik, der unter anderem Inhaftierungen ausreisepflichtiger Personen vorsah, mit den Stimmen der AfD durch. Mit diesem Manöver hat er die Brandmauer der politischen Mitte zur extremen Rechten eingerissen. Die dazugehörige Gesetzesvorlage, das „Zustrombegrenzungsgesetz“, scheiterte nur zwei Tage später knapp. Solche Strategien untergraben nicht nur das Vertrauen von Migrant*innen in etablierte Parteien, sondern beschädigen auch den Anspruch der Union, Volkspartei zu sein.

    Doch nicht nur AfD und CDU/CSU stilisieren Migration als Bedrohung – auch innerhalb der etablierten Regierungsparteien gewinnen restriktive Positionen zunehmend an Einfluss. Für syrischstämmige Menschen wirken diese Maßnahmen wie ein Angriff auf ihre Zukunft. Statt klare Orientierung zu bieten, senden Parteien widersprüchliche Signale: Einerseits betonen sie die Bedeutung der Integration, andererseits verschärfen sie Gesetze, die diese Integration erschweren.

    Neue Stimmen, alte Muster: Begreifen Parteien den Wandel?

    Wähler*innen mit syrischen Wurzeln sind keine homogene Gruppe, doch ihre politische Präsenz ist nicht mehr zu übersehen. Gleichwohl stehen sie den Parteien oft skeptisch gegenüber, da sie an ihrer Lösungskompetenz zweifeln – ein deutliches Signal an die Politik.

    „Ich habe Angst, mich für eine Partei zu entscheiden, und dann erfährt man am nächsten Tag, dass sie ganz andere Absichten hat. Ich glaube, viele Syrer denken wie ich, weil wir das Vertrauen in Politik und Parteien verloren haben“, erklärt Waed Boßler (29), eine Erstwählerin aus Nordheim in Baden-Württemberg.

    Auch Ukba Aldjmaideh aus Hannover (30), der erstmals in Deutschland wählt, teilt diese Skepsis: „Flüchtlinge, insbesondere aus Syrien, werden oft als Mittel zur Wählerstimmengewinnung benutzt, statt nachhaltige Lösungen für Integration zu schaffen.“

    Syrischstämmige Wähler*innen sind gekommen, um zu bleiben – und um mitzuentscheiden. Parteien müssen ihre realen Sorgen ernst nehmen und greifbare Lösungen bieten: von Arbeitsplatzsicherheit über Wohnraum bis hin zur Angst vor rechtsextremer Gewalt. Ebenso braucht es Plattformen und Formate für Dialog, Teilhabe und politische Sichtbarkeit, zum Beispiel im Austausch mit syrischen Vereinen und Selbstorganisationen.

    Denn viele syrischstämmige Wähler*innen möchten trotz mancher Vorbehalte mitgestalten und von ihren neuen demokratischen Rechten Gebrauch machen. Waed Boßler sieht die anstehende Bundestagswahl mehr als eine Pflicht: „Es ist ermutigend für uns, am politischen Prozess teilzunehmen und zu wissen, dass jede Stimme zählt. Das ist für uns ein wichtiger Schritt, um Veränderungen und die Vielfalt der Meinungen in unserer Gesellschaft zu repräsentieren.“

    Demokratische Parteien müssen die Möglichkeiten erkennen, die sich aus dem wachsenden politischen Engagement von Wähler*innen mit syrischen Wurzeln ergeben. Bleibt diese Chance ungenutzt, wäre das eine vertane Gelegenheit – nicht nur für die Parteien, sondern auch für die Demokratie.

     

  • Wie sich Wähler*innen informieren und entscheiden

    Für die Sozialarbeiterin Nour Al Zoubi ist das Wahlrecht nicht nur eine demokratische Pflicht, sondern auch ein persönlicher Erfolg. Als syrische Geflüchtete, die in Deutschland Sicherheit gefunden hat, ist sie durch Bildung und Integration deutsche Staatsbürgerin geworden. Sie sieht ihre doppelte Identität als Bereicherung – doch gleichzeitig hat sie in den letzten Jahren festgestellt, dass Migrant*innen und Geflüchtete in der Politik oft benachteiligt werden.

    Für viele Menschen, insbesondere für diejenigen mit Migrationsgeschichte, ist das Wahlrecht ein Privileg, das nicht selbstverständlich ist. Es bedeutet Mitbestimmung, Verantwortung und die Möglichkeit, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Wer wählt, trifft nicht nur eine Wahl für sich selbst, sondern auch für die kommenden Generationen.

    „Rechte Parteien gewinnen an Einfluss, und selbst demokratische Parteien rücken nach rechts, indem sie Migranten für gesellschaftliche Probleme verantwortlich machen“, kritisiert Nour. Dabei sieht sie die wahren Herausforderungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Arbeitsmarkt – Bereiche, in denen Deutschland dringend Lösungen braucht. Statt Migration als Chance zu begreifen, werde das Thema immer wieder für Wahlkampagnen missbraucht. Dennoch bleibt sie optimistisch: „Ich werde mein Wahlrecht nutzen und meine Stimme für eine gerechte Gesellschaft abgeben.“ Ihre Empfehlung ist klar: Linke Parteien setzen sich stärker für Menschenrechte und wahre Gerechtigkeit ein und sind daher für sie die beste Wahl.

    Auch Christina Kiefer, Lehrerin der Internationalen Klasse am Berufskolleg in Leverkusen, legt großen Wert darauf, gut informiert zu sein. Sie verfolgt politische Nachrichten, hört Podcasts und liest Wahlprogramme – auch in einfacher Sprache, um die Inhalte besser zu verstehen. Ein zentrales Hilfsmittel ist für sie der Wahl-O-Mat, der eine erste Orientierung bietet. Auch der Real-O-Mat wurde von vielen Menschen in diesem Jahr als Bereicherung für die Wahlentscheidung gesehen. Doch sie verlässt sich nicht nur auf digitale Tools: „Wichtig sind für mich auch Gespräche mit meinem Vater und meinem Mann über politische Fragen“, erklärt sie. Ihr Tipp für Neuwähler*innen: sich nicht nur oberflächlich mit Wahlprogrammen (Übersicht zu den asylpolitischen Vorhaben der Parteien und den außenpolitischen Plänen) zu beschäftigen, sondern gezielt nach Themen zu suchen, die einem selbst wichtig sind.

    Die Bundestagswahl ist mehr als ein politisches Ereignis – sie ist eine Entscheidung über die Zukunft des Landes. Jede Stimme zählt (so kannst du deine Stimme abgeben), und jede Wahlentscheidung trägt dazu bei, die gesellschaftlichen Weichen für die kommenden Jahre zu stellen.

    In Zeiten von Unsicherheit, wachsendem Populismus und gesellschaftlichen Spaltungen ist es wichtiger denn je, sich intensiv mit den Parteien auseinanderzusetzen, verschiedene Perspektiven zu betrachten und eine informierte Entscheidung zu treffen. Denn Demokratie lebt von Vielfalt – und diese Vielfalt beginnt an der Wahlurne.

    Hier findest du ergänzend Antworten auf die häufigsten Fragen zur Bundestagswahl in Einfacher Sprache.

  • Außenpolitik der Parteien zur Bundestagswahl 2025 in der Übersicht

    Welche außenpolitischen Ziele verfolgen die zur Wahl stehenden Parteien? Hier gibt es eine Übersicht vor der Bundestagswahl. Wenn du wissen möchtest, was die Parteien in Sachen Asyl- und Migrationspolitik vorhaben, findest du hier eine Übersicht.

     

    SPD

    – Stärkung der NATO und EU-Sicherheitsstrukturen.

    – Unterstützung der Ukraine, inklusive Waffenlieferungen, aber ohne Eskalation.

    – EU-Erweiterung für Westbalkan, Ukraine, Moldau.

    – Klare Unterstützung Israels, aber Forderung nach Zwei-Staaten-Lösung.

    – Strategische Partnerschaft mit China unter Wahrung europäischer Interessen.

    B90/Die Grünen

    – Feste Unterstützung für Ukraine durch diplomatische, finanzielle und militärische Hilfe.

    – Ausbau der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

    – Verstärkte Zusammenarbeit mit Globalem Süden in Klima- und Handelsfragen.

    – Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit der EU

    – Schutz kritischer Infrastruktur vor ausländischer Einflussnahme.

    FDP

    – NATO als zentrale Verteidigungssäule, Stärkung des europäischen Pfeilers

    – Unterstützung der Ukraine inkl. Waffenlieferungen und eingefrorener russischer Vermögenswerte.

    – Strenge Haltung gegenüber China mit wirtschaftlichem De-Risking (De-Risking bezeichnet die Praxis von Finanzinstituten, Geschäftsbeziehungen mit bestimmten Kunden oder Kundengruppen zu beenden oder einzuschränken, die als risikoreich gelten, um mögliche Risiken zu minimieren).

    – Perspektivische Unterstützung eines EU- und NATO-Beitritts der Ukraine.

    – Aufbau einer Europäischen Armee langfristig geplant.

    CDU/CSU

    – Stärkung der transatlantischen Partnerschaft mit den USA.

    – diplomatische, finanzielle und humanitäre Unterstützung der Ukraine sowie  Waffenlieferungen

    – Mehr Präsenz im Indo-Pazifik zur Eindämmung Chinas.

    – EU-Kooperation mit Frankreich und Polen.

    – Erhöhung der Verteidigungsausgaben und Modernisierung der Bundeswehr.

     

    Die Linke

    – Diplomatische Initiativen für Friedenslösungen statt Waffenlieferungen (Ukraine, Nahost, Syrien).

    – Keine weiteren Waffenlieferungen an Konfliktparteien.

    – NATO als überholtes Militärbündnis; stattdessen langfristig europäische Sicherheitsarchitektur basieren auf Vereinbarungen der KSZE

    – Kritik an westlichem Imperialismus und globalen Machtblöcken.

    – Unterstützung des Globalen Südens durch faire Handelsstrukturen

     

    AfD

    – Souveräne Außenpolitik ohne Einmischung Deutschlands in fremde Konflikte.

    – Keine Sanktionen gegen Russland, stattdessen Handelsbeziehungen wiederherstellen.

    – Nein zu einer gemeinsamen EU-Außenpolitik.

    – Wiederherstellung der Wehrpflicht und Aufbau einer starken nationalen Armee.

    – Kritische Haltung zur NATO, stärkere Annäherung an Russland und China.

    – Gegen Osterweiterung von NATO und EU

     

    BSW

    – Strikte Ablehnung von Waffenlieferungen und Militärinterventionen.

    – Neutralitätskurs Deutschlands und Fokus auf diplomatische Lösungen.

    – Keine Stationierung von US-Waffen in Deutschland.

    – Multipolare Weltordnung fördern.

    – Sicherheitsarchitektur, die längerfristig auch Russland einschließen sollte.

  • Es geht nicht nur um eine Identität

    „Identitätspolitik“ ─ das erste Mal habe ich diesen Begriff in einem Artikel über eine meiner Lieblingspolitikerinnen gelesen: Alexandra Ocasio Cortez. Die Abgeordnete und Kongressabgeordnete der Demokratischen Partei in den USA,  „AOC“ genannt, ist die Frau, die ich sein möchte, wenn ich groß bin. Ja, in meinen Tagträumen sehe ich mich als Kind, das noch Zeit hat, irgendwann in der Zukunft erwachsen zu werden. Auch wenn ich schon 32 Jahre alt bin.

    Viele Aspekte der politischen Werte von Ocasio Cortez entsprechen meinen Überzeugungen und all dem, wovon ich in der Welt der Politik träume. Sie ist eine New Yorkerin aus der Arbeiterklasse – stark, mutig und entschlossen tritt sie auf. Eine Aktivistin, die Themen anpackt, die sie aus erster Hand kennt. Sie hat einen puertoricanischen Hintergrund. Sie spricht Spanisch und wuchs in der Bronx auf, einem Bezirk, der hauptsächlich aus migrantischen Gemeinschaften besteht. Ihre politische Arbeit basiert auf einer progressiven Plattform. Diese zielt darauf ab, ein für alle zugängliches Gesundheitssystem zu schaffen und Arbeitsgesetze sowie den Zugang zu höherer Bildung zu verbessern. AOC kritisiert furchtlos die Kriminalisierung von Migranten und fordert die Abschaffung der US-Einwanderungs- und Zollbehörden. Sie ist dafür bekannt, sich für die Rechte der LGBTIQ-Gemeinschaft einzusetzen und hat einen „New Green Deal“ entworfen, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen.

    Differenzierter sprechen lernen

    In besagtem Artikel wurde Ocasio Cortez vorgeworfen, Identitätspolitik zu ihrem Vorteil zu nutzen. Der*die Autor*in, der*die unter dem Namen „revolutionäre Ideen“[1] veröffentlichte, behauptete, sie nutze ihre Identität und Herkunft, um die Unterstützung von Latinx[2]-Wähler*innen zu gewinnen. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, woher diese Annahme kommt. Das Konzept der Identitätspolitik wird in vielen Diskussionen ungenau verwendet. Der Definition wird nie so viel Bedeutung beigemessen wie der Frage nach dem Warum der Verwendung.

    Anhänger*innen der Rechten und sogar Menschen des linken politischen Spektrums argumentieren oft, dass Identitätspolitik eine „egoistische“ und gespaltene Gesellschaft schaffe, in der jede*r nur auf seine*ihre Interessen achten würde. Für Leser*innen, die zum ersten Mal mit dem Konzept der Identitätspolitik in Berührung kommen, mag dies eine berechtigte Sorge sein. Wenn jede*r eine*n Kandidat*in wählt, dessen Identität der eigenen am ähnlichsten ist, bedeutet das dann, dass dies auf lange Sicht eine polarisierende Wirkung auf die Politik des Landes haben wird? Nein, nicht wirklich – wir müssen aber differenzierter über dieses Konzept sprechen.

    Identitätspolitik (neu) definieren

    Laut dem Cambridge Dictionary kann Identitätspolitik definiert werden als „politische Überzeugungen und Systeme, die der Gruppe, der sich die Menschen zugehörig fühlen, große Bedeutung beimessen, insbesondere in Bezug auf ihre Rasse, ihr Geschlecht oder ihre sexuelle Orientierung“. Es ist nicht einfach, eine genaue und objektive Beschreibung des Konzepts zu finden. Je nach Kontext wird Identitätspolitik oft so interpretiert, dass eine Gruppe sich selbst gegenüber einer anderen bevorzugt. Rechtsgerichtete Parteien nutzen diese Interpretation im Allgemeinen, um Politiker*innen anzuprangern, die eine bessere Vertretung der Gruppen anstreben, denen sie angehören. Rechte Parteien, wie die AfD, haben jedoch eine Zielgruppe, die sie öffentlich gegenüber anderen bevorzugen. Sie profitieren von einer Version der „deutschen Identität“, die ihre Wähler*innenschaft anspricht.

    Man braucht nur an einem AfD-Plakat vorbeizugehen, um sich zu erinnern, an wen sich ihre Werbung richtet. Während ich mich vielleicht nicht zugehörig (oder gar diskriminiert) fühle, kann ich mir die Emotionen vorstellen, die sie bei den durchschnittlichen weißen konservativen Wähler*innen mittleren Alters auslösen. Bei den Menschen also, die an die auf ihren Plakaten dargestellte „deutsche Identität“ glauben. Identitätspolitik wurde von rechten und konservativen Parteien bereits ausgiebig genutzt, lange bevor das Konzept zu einem viel diskutierten Thema wurde. Doch wenn marginalisierte Gemeinschaften politischen Einfluss suchen, indem sie für Kandidat*innen stimmen, mit denen sie sich identifizieren, wird ihnen vorgeworfen, die Einheit zu gefährden.

    Vielfalt und Verschiedenheit der Interessen gleichermaßen vertreten

    Während meiner Recherche stieß ich auf ein Interview mit der politischen Aktivistin und Gründerin des Center for International Justice (CIJ) in Berlin, Dr. Emilia Roig, die sich gegen Diskriminierung und Rassismus einsetzt. In ihrem Interview mit dem BR Puzzle Kulturmagazin erklärt sie, dass es bei Identitätspolitik darum geht, „die Vielfalt und Verschiedenheit der Interessen gleichermaßen zu vertreten“[3]. Laut Roig steht das Konzept für den Kampf um ein politisches System, in dem die Bedürfnisse und Anliegen der Menschen, die in den Hintergrund gedrängt wurden, sichtbar werden. Infolgedessen kann es marginalisierte Gemeinschaften in mehrfacher Hinsicht begünstigen.

    Menschen aus diesen Gemeinschaften, die politische Ämter bekleiden, haben mit größerer Wahrscheinlichkeit persönliche Erfahrungen mit Ungleichheit und Diskriminierung. Ihre Erfahrungen mit diesen Themen können dazu beitragen, den Weg für eine Politik zu ebnen, die sich nicht nur an eine privilegierte Gruppe von Menschen wendet. Ein weiterer Vorteil ist die Repräsentation. Vertreter*innen in öffentlichen Ämtern zu haben, ist für das kollektive Selbstwertgefühl einer Gruppe wesentlich und für die politische Ermächtigung unerlässlich. Die Definition von Roig zeigt also, warum Identitätspolitik auch als etwas Positives und sogar Notwendiges im Kampf für Gleichberechtigung interpretiert werden kann.

    Jede Definition kritisch betrachten

    Es ist von entscheidender Bedeutung, jede Definition dieses Konzepts kritisch zu betrachten. Ganz gleich, ob wir sie in einem Artikel lesen oder in einer politischen Debatte hören. Vor allem, wenn sie dazu verwendet wird, die Stimmen von Menschen zu untergraben, die sich für ein vielfältigeres politisches System einsetzen.

    Roigs Definition brachte mich zurück zu Ocasio Cortez und den Gründen, warum ich ihren politischen Weg bewundere. Menschen, die Identitätspolitik in Frage stellen, könnten sagen, dass der Teil ihrer politischen Persönlichkeit, der mich am meisten inspiriert, die Gemeinsamkeiten sind, die wir teilen. Und dass dies der Grund ist, warum ich ihre politische Haltung unterstütze. Damit haben sie vielleicht nicht ganz unrecht.

    „Ich möchte mehr Schwarze, Indigene und People of Color im deutschen Kabinett“

    Ohne zu viele Aspekte ihres persönlichen Lebens zu kennen, gebe ich zu, dass ich mich von ihrer persönlichen Geschichte angezogen fühle. Ich kann mich mit ihrem Kampf identifizieren und verstehe die Hindernisse, die sie überwinden musste, um ihre Ziele zu erreichen. Aber zu behaupten, dies sei der einzige Grund, warum ich eine*n Kandidat*innen unterstützen würde, ist reduktiv. Und auch ein wenig herablassend. Nicht jede*r Kandidat*in einer marginalisierten Gruppe kann alle Facetten der Gemeinschaft repräsentieren, aus der er*sie kommt. Auch stimmen die Werte von Ocasio Cortez nicht mit denen aller Menschen der Latinx-Gemeinschaft überein.

    In ihrem Wahlkampfvideo fassen ihre Worte zusammen, worum es meiner Meinung nach bei der Identitätspolitik geht: „Es ist ein Unterschied, ob jemand sagt: ‚Wählt mich, ich bin Latina‘ oder ob er*sie sagt: ‚Latinos verdienen eine gleichberechtigte Vertretung und einen Platz am Tisch‘“[4].

    Es geht nicht nur um eine Gruppe oder eine Identität

    Gerade vor dem Hintergrund der Bundestagswahl wünsche ich mir eine Kandidat*in wie AOC. Ich möchte mehr Schwarze, Indigene und People of Color im deutschen Kabinett sehen, die die spezifischen Probleme von Migrant*innen in diesem Land verstehen. Wir brauchen einen potenzielle*n Kanzler*in, der*die sich mit den Themen Asyl und Integration beschäftigt. Und der*die aus erster Hand weiß, was es heißt, diskriminiert und übergangen zu werden.

    Darüber hinaus erwarte ich von politischen Vertreter*innen, die gleiche Empathie und Bereitschaft für die Interessen der LGBTIQ-Gemeinschaft, von Menschen mit Behinderungen, Sexarbeiter*innen und einer langen Liste von entrechteten Gruppen, denen ich nicht direkt angehöre. Es geht nicht nur um eine Person, eine Gruppe oder eine Identität. Wir alle brauchen und verdienen mehr Vertretung, mehr Sitze am Tisch. Ich hoffe, dieser Traum wird eher früher als später wahr.

     

    Übersetzt aus dem Englischen von Luisa Stühlmeyer

     

    Quellen:

    [1] Alexandria Ocasio-Cortez: Fetishizing “Identity Politics” can pay big, at times, Revolutionary Ideas, Medium. Stand: 27.06.2018

    [2] Latinx ist ein genderneutraler Begriff, der auf Menschen aus Lateinamerika oder. Das “x” ersetzt das “o/a” amm Ende der gegenderten Form Latina und Latino.

    [3] Über Privilegien und Identität, mit Politologin Dr. Emilia Roig, von Andreas Krieger

    Stand: 17.05.2021br.de

    [4] Alexandria Ocasio-Cortez Could Be The First Latina to Represent Her District in Congress

    Stand: Jun 19, 2018, youtube.com

     

    Diesen Artikel wurde am 9.9 auf Englisch veröffentlicht / nach der Bundestagswahl lektoriert und minimal überarbeitet von Susanne Brandt.

    https://kohero-magazin.com/ocasio-cortez-a-candidate-like-me/

     

  • „Wir werden das Demokratiedefizit zur Bundestagswahl sichtbar machen!“

    Bei DaMigra e.V., dem Dachverband der Migrantinnenorganisationen, kämpft Daria Aukudinova für ihre eigenen Rechte und die ihrer Mitmenschen. 71 Organisationen werden bundesweit durch den Verband repräsentiert – zu Themen wie politischer Teilhabe, Antidiskriminierung und Gesundheit. DaMigra vernetzt, empowert und bewegt die Bundespolitik mit Lobbyarbeit, damit nicht nur über, sondern mit Migrantinnen gesprochen wird. Zur aktuellen Bundestagswahl hat der Verband anhand konkreter Fragen, bzw. Wahlprüfsteinen, eine Wahlampel erstellt. Diese verschafft einen Überblick zu den Standpunkten der Parteien zu den Themen Arbeit, Bildung, Gesundheit, Gewalt und politische Teilhabe.

     

    Nur deutsche Staatsangehörige können bei Bundestagswahlen wählen oder gewählt werden. Auf kommunaler Ebene haben EU-Bürger*innen zwar ein passives Wahlrecht, Drittstaatsangehörige können aber auch hier nicht wählen. Warum kann das für unsere Gesellschaft ein Problem darstellen?

    Die Diversität in Deutschland, von der oft gesprochen wird, wird politisch nicht repräsentiert. Wenn ich mich als Teil dieser Gesellschaft nicht repräsentiert fühle, dann ist das natürlich auch eine Ausgrenzung. Das heißt, ich darf hier leben, ich darf hier Steuern zahlen, aber ich darf nicht mitbestimmen, wer über mein Leben regiert. Es geht jetzt nicht um große Fragen, sondern generell um Entscheidungen für meine Stadt, meine Straßen und so weiter.

    Ich finde es traurig, dass es nach wie vor nicht der Fall ist, dass wir alle gleichberechtigt sind. Was ich auch sehr problematisch finde, ist, dass auf diese Weise die Drittstaatsangehörigen, die hier länger leben, so zu Menschen zweiter Klasse gemacht werden. Privilegien sind hier nicht gleichberechtigt verteilt.

     

    Schon seit über einem Jahrhundert kämpfen Frauen weltweit für Emanzipation und Gleichberechtigung. Zusätzlich Migrantin zu sein, scheint insbesondere politische Teilhabe zu einer riesigen Doppelaufgabe zu machen.

    Die mehrfache Diskriminierung wird besonders jetzt sichtbar: Wenn wir auf die weltweite Situation schauen, was gerade in Afghanistan passiert, wo die hart erkämpften Frauenrechte einfach zunichte gemacht werden von patriarchalen Strukturen. Aber auch die politische Situation in Deutschland – wir sehen, dass Frauen in der Politik unterrepräsentiert sind und die Zahl sogar weiter zurückgeht. Und wenn wir von Migrantinnen sprechen, dann ist die Zahl noch niedriger.

    Ich glaube, genau diese Mehrfachdiskriminierung, erstens diskriminiert zu sein aufgrund des Frauseins, aber zweitens auch aufgrund von diversen Merkmalen, wie zum Beispiel Herkunft oder Hautfarbe, ist ein riesiges Problem. Wenn Rassismus mit Sexismus verschränkt wird, dann wird die Lage noch prekärer. Es ist sehr wichtig, diese Realität, die bittere Realität, die wir jetzt erleben, sichtbar zu machen und natürlich etwas dagegen tun.

     

    „Wählen zu dürfen sollte kein Privileg sein, sondern ein Grundrecht für alle, die hier leben.“

     

    12,8% der Bevölkerung werden von unserer aktuellen Politik nicht repräsentiert. Das ist ein riesiges Meinungsspektrum, das gar keinen Anklang findet, oder?

    Es ist ein Defizit der Demokratie, wenn so viele Menschen, die Teil dieser Gesellschaft sind, nicht mitbestimmen dürfen. Zum Teil leben und arbeiten sie seit Jahren in Deutschland, haben also ihren Lebensmittelpunkt hier. Es ist schade, dass die deutsche Bundesregierung dies nicht so sieht. Deswegen werden wir besonders in diesem Superwahljahr diese Probleme sichtbar machen, zum Beispiel mit unseren Wahlprüfsteinen.

    Wir haben Fragen mit für uns relevanten Punkten an alle demokratischen Parteien verschickt und uns am Wahlomat und Wahltraut beteiligt, um noch einmal deutlich zu machen, wie wir jetzt zumindest dem Ziel der gleichberechtigten politischen Teilhabe näherkommen können.

     

    Politische Bewegungen von Ausländer:innen in Deutschland gibt es schon seit Jahrzehnten, spätestens seit der Arbeiter:innenmigration in den 70er- und 80er-Jahren. Warum ist bis jetzt so wenig passiert? Was könnte die anstehende Wahl verändern?

    Möglicherweise ist der politische Wille nicht da, obwohl so viel von Betroffenen gekämpft wurde und gekämpft wird. Allerdings gibt es auch Hoffnung, dass Deutschland endlich begreift, was es bedeutet, ein Einwanderungsland zu sein. Dass alle politisch mitbestimmen dürfen oder lassen zu dürfen. Ich selbst lebe seit 13 Jahren in Deutschland und bin trotzdem kein Teil dieser Gesellschaft, weil ich nicht alle Rechte habe. Ich habe kein Wahlrecht.

    Obwohl Deutschland ein sehr diverses und hochentwickeltes Land in Europa ist, scheint es nicht zu begreifen, dass man durch erweiterte Rechte auch Teile der Bevölkerung gewinnen kann. Politische Teilhabe sollte als Menschenrecht anerkannt werden. Wählen zu dürfen sollte kein Privileg sein, sondern ein Grundrecht für alle, die hier leben. Ich glaube, dass es dazu ein wenig an Solidarität fehlt. Es ist schon lange überfällig, das Wahlrecht für Drittstaatsangehörige in Deutschland einzuführen.

     

    Wie kann DaMigra als Dachverband der Migrantinnenorganisationen bei solchen Themen Druck ausüben?

    Als bundesweiter Dachverband fördert uns die Bundesregierung. Insofern haben wir die Möglichkeit, in Gremien unsere Interessen zu repräsentieren. Wir machen viel auf politischer Ebene, sowohl nationale, europäische als auch internationale Politik. Wir sprechen Themen offen an, oft auf Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen.

    Meistens sind bei unseren Veranstaltungen jedoch Gleichgesinnte, die alle derselben Meinung sind. Unsere Anliegen bauchen noch mehr Aufmerksamkeit und Reichweite, damit sich etwas bewegt. Wir können nicht mehr nur beobachten, wie es weiter geht, sondern es ist so weit, dass wir gemeinsam etwas aktiv dagegen tun sollten.

     

    Was können Einzelne konkret tun? Wie können diese Menschen trotzdem unterstützt werden?

    Auf jeden Fall wählen gehen. Ich glaube, das machen die meisten, die dieses Privileg haben und es ist sehr wichtig, davon Gebrauch zu machen. Wir haben uns, als wir die Wahlprüfsteine für die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt geschrieben haben, gefragt, welche Partei wie mit Migrationsthemen umgeht, insbesondere mit frauenspezifischen Themen, wie z.B. dem Schutz in Geflüchtetenunterkünften, Gewalt oder dem Schutz der ökonomischen Lage.

    Außerdem zur politischen Teilhabe und dem Wahlrecht für Drittstaatsangehörige. Menschen, die sich nicht entscheiden können, wen sie bei der Bundestagswahl wählen wollen, können den Wahlomat oder Wahltraut, bei der es um feministische Themen geht, nutzen. Sein Wahlrecht zu nutzen, ist eine gute Chance, sich zu engagieren.

     

    Was rätst du Menschen, die eben nicht eine solche Stimme haben?

    Politische Teilhabe ist natürlich viel mehr als nur das Wahlrecht. Wir verstehen das auch als soziales Engagement oder an sich etwas verändern zu wollen. Zum Beispiel in der Nachbarschaft oder in den Vereinen. Deswegen empfehle ich, einfach aktiv zu sein.

     

    Was sind deine persönlichen Hoffnungen für die Bundestagswahl 2021?

    Für diese Wahl hoffe ich natürlich, dass die Menschen, die das Wahlrecht haben, auch davon Gebrauch machen. Dass immigrierte Menschen, die hier seit Jahren leben oder die deutsche Staatsangehörigkeit haben, auch wählen gehen dürfen. Ich finde, das ist sehr wichtig. Ich werde bei der Bundestagswahl selbst auch durch die Stimme einer Freundin wählen und ich hoffe, dass die Menschen, selbst wenn sie nicht politisch aktiv sind, sich wenigstens in diesem Sinne einbringen.

  • „In Deutschland gibt es ein demokratisches Defizit“

    Khaled ist Sozialarbeiter und kommt aus Damaskus, Syrien. Inzwischen ist der 39-Jährige seit 17 Jahren in Deutschland, allerdings mit Unterbrechungen. Er lebte 1989 kurz in Berlin, kam zum Studieren zwischen 2001 und 2008 wieder her und traf 2015 die Entscheidung, nach Deutschland zu flüchten. Khaled wohnt in Hamburg und arbeitet in der Kinder- und Jugendhilfe. Privat engagiert er sich u.A. in den Bereichen des Zusammenlebens, der Integration und gegen Rassismus.

     

    Du kommst aus Damaskus, Syrien und bist später aus deiner Heimat geflüchtet. Wie war dein Leben dort?

    Ich habe in Damaskus mein Abitur absolviert und ein Semester an der Universität Mathe studiert. 2001 bin ich dann aber nach Deutschland gekommen und habe einen Sprachkurs gemacht. Danach habe ich ein Pharmaziestudium an der Universität Münster aufgenommen, aber nicht abgeschlossen. Ich hatte mich in dieser Zeit mit anderen Dingen beschäftigt, Sport zum Beispiel.

    2008 bin ich nach Katar gegangen, weil ich meinen Militärdienst leisten musste. Man kann zwar eine bestimmte Summe bezahlen, um sich davon abkaufen zu können, doch ich habe die Voraussetzungen dafür nicht erfüllen können. Ich bin dort also drei Jahre, bis 2011, geblieben und dann im Juli, als die Revolution angefangen hat, nach Syrien zurückgekommen. Ich dachte, dass die nicht lange anhält oder Assad bald zurücktritt. Dass es so eskaliert, hätte ich nie gedacht.

     

    Wie ging es dann für dich weiter?

    Ich bin bis 2013 geblieben. Dann habe ich eines Tages eine Explosion erlebt, ganz in meiner Nähe. Das war der Moment, in dem ich dachte, hier kann ich nicht bleiben und dann bin ich in die Türkei abgehauen. Dort habe ich zwei Jahren gearbeitet und bin dann nach Deutschland geflüchtet.

     

    Wieso hast du dich damals entschieden, nochmal nach Deutschland zu kommen?

    2015 habe ich die Entscheidung getroffen, nach Deutschland zu flüchten. Es gab mehrere Probleme wie zum Beispiel mit einer Studien- und Aubildungszulassung.

    Du bist am 25. Juli in Deutschland angekommen. Doch der Weg war nicht so leicht. Möchtest du darüber mehr erzählen?

    Ich hatte mich mit einer kleinen Gruppe getroffen, in der wir uns gemeinsam auf mögliche Notfälle vorbereitet haben. Wir haben uns auch die Route auf das Handy heruntergeladen, damit wir wissen, wo wir ungefähr sind. Und dann lief das eigentlich ganz gut. Wir haben ca. 20 Tage gebraucht. In Serbien hatten wir Schwierigkeiten, da hatten wir mehrmals Kontakt mit der Polizei. Sie wollten uns zurückschicken, aber meinten, dass wir etwas bezahlen können, um weiterzudürfen. Da haben wir die Polizei bestochen.

    In Deutschland bin ich zuerst in Passau angekommen, also an der Grenze zu Österreich. Dann waren wir fünf Tage in München. Anfang August war ich in Hamburg.

     

    Wie war es dann in Hamburg? Wo bist du untergekommen?

    Irgendwann wurden wir von Harburg nach Veddel oder Wilhelmsburg gefahren und in einem Gymnasium untergebracht. Dort waren wir eine Woche und am 8. oder 9. August kam ich dann in die Messehallen.

     

    Du warst nicht zum ersten Mal in Deutschland und sprichst sehr gut Deutsch. Damit konntest du vielen Geflüchteten helfen, hast ehrenamtlich gearbeitet. Was hast du genau gemacht?

    Also ich kam nach Deutschland, um wieder Pharmazie zu studieren, weil ich das Studium beenden wollte. Doch in den Messehallen war ich der Einzige unter den 1.200 Menschen, der Deutsch gesprochen hat. Deshalb habe ich meine Hilfe angeboten, Geflüchtete und Ehrenamtliche zu begleiten und für sie zu übersetzen, falls irgendetwas ist. Am Anfang hat mir das Spaß gemacht, aber dann bin ich an meine Grenzen gekommen, weil ich nicht immer nur übersetzen wollte.

    Damals war ich 35, wenn ich mein Pharmaziestudium wieder aufnehme, dauert das nochmal drei, vier Jahre. Darauf hatte ich keine Lust. Deshalb habe ich mir etwas gesucht, was für mich mehr Sinn ergab. Ich hatte 2016 angefangen, im Bereich Sprache und Integration zu arbeiten, doch gemerkt, dass ich mehr kann, als Übersetzen und Tipps geben. Deshalb habe ich dann Soziale Arbeit studiert.

     

    Inwiefern war es anders für dich, zum zweiten Mal nach Deutschland zu kommen? Du konntest beispielsweise besser Deutsch sprechen, auf C1-Level.

    Beim zweiten Mal kannte ich alles: Ich kann mich verständigen. Ich weiß, wo ich hingehe, wie ich mich in bestimmten Situationen verhalte, wenn ich angesprochen werde. Ich weiß, wie das Land funktioniert, weil ich hier studiert habe. Für viele, die jetzt erst kommen, ist es ein fremdes Land. Nehmen wir mal an, ich bin jemand aus Syrien und sehr gebildet. Wenn ich dann aber nach Deutschland komme und die Sprache nicht kann, bin ich sozial wieder ganz unten. Das Gefühl hatte ich aber nicht, weil ich Deutsch spreche und mich hier sofort behaupten konnte.

     

    Wie war denn die Willkommenskultur?

    Das hat mich überrascht, weil ich Deutschland von meinem ersten Aufenthalt anders in Erinnerung hatte. Damals hatte ich das Gefühl, ich muss hier schnell wieder weg und bin unerwünscht. Das kam zum Beispiel durch Prozesse in der Bürokratie wie der Verlängerung meines Aufenthaltstitels. Oder wenn man auf Sozialhilfe angewiesen war, dann konnte man nicht einfach zum Jobcenter gehen und alles wurde schnell geklärt. Das war sehr kompliziert.

    2015 war das anders. Ich habe Einiges schon früh beantragt, weil ich ja wusste, wie es funktioniert. Ich habe schnell einen Deutschkurs bekommen und einen Job. Außerdem wurde die Dauer der Aufenthaltstitel verlängert. Als Student galt meiner damals nur sechs Monate, jetzt waren es gleich drei Jahre. Da hatte sich echt was verändert.

    Ich war überrascht, wie offen und herzlich die Menschen waren. Da waren meine Erfahrungen auch anders. Früher waren einige so kalt und mir gegenüber verschlossen. Doch 2015 habe ich Menschen kennengelernt, die mir ihre Wohnung angeboten haben, um mal allein zu sein oder zu duschen. Da ist irgendetwas anders, da ist irgendwas passiert.

     

    „Heute erlebe ich die Migrationspolitik eher so, dass so wenig Geflüchtete wie möglich bleiben sollen.“

     

    Du hast gerade die Unterschiede von 2001 bis 2008 zu 2015 beschrieben. Wie nimmst du es heute wahr?

    Wenn die Politik vorgibt, wie mit Geflüchteten umgegangen wird, dann kann die Willkommenskultur machen, was sie will. Wenn mein rechtlicher Rahmen nicht gegeben ist, dann ist es egal, wie sehr ich willkommen bin, ich kann nicht bleiben.

    Angenommen, jemand kommt aus Afghanistan, einem Kriegsgebiet, und die Dokumente sind verloren gegangen. Dann bekommt man ein Schreiben, dass man sich die Dokumente besorgen muss. Sonst bearbeiten die Behörden den Fall nicht und die Person bekommt keine Unterstützung. Es gibt kein Geld und man erhält nur einen Duldungsstatus. Ich sehe das als Rückschritt zu 2015.

    Damals war es so, dass so vielen Menschen wie möglich geholfen wurden, etwa durch Sprachkurse, damit sie in Deutschland Anschluss finden. Heute erlebe ich es eher so, dass so wenig wie möglich bleiben sollen. Auch diese ganze Debatte über die „deutsche Leitkultur“ ist heute viel größer als 2015 und auch Haltungen gegen Geflüchtete sind heute durch Soziale Medien wie Facebook, YouTube oder Twitter sichtbarer als noch 2001.

     

    Du hast eben auf Schwierigkeiten hingewiesen, die unter anderem durch politische Entscheidungen entstanden sind. Ende September ist Bundestagswahl. Darfst du wählen und so deine eigene Zukunft hier in Deutschland mitgestalten?

    Ich lebe inzwischen 17 Jahre in Deutschland, darf aber nicht wählen. Ich komme nicht aus Europa und bin kein Deutscher. Ich habe keinen deutschen Pass. Die Zeit zwischen meinen Aufenthalten in Deutschland war zu lang und deshalb wurde es mir nicht anerkannt.

    Wie fühlt sich das für dich an, so lange in einem Land zu leben, das dir keine Stimme gibt?

    Ich frage mich die ganze Zeit, wieso ich nicht wählen darf. Ich lebe hier. Jetzt durchgehend seit 2015. Seit 2016 arbeite ich Vollzeit und zahle Steuern, genau wie jede*r, die*der hier arbeitet. Ich darf aber nicht mitentscheiden, was ich will und was ich nicht will. Gleichzeitig frage ich mich, wie Freunde von mir, die hier nur Erasmus-Studierende sind, also nur sechs Monate hier sind, wählen können. Nicht auf Bundesebene, aber mit dem Europäischen Pass zumindest kommunal.

    Aber ich, obwohl ich seit Jahren hier lebe, darf nicht kommunal bestimmen, wer mich vertritt. Da frage ich mich, wo das Problem liegt. Ich habe mich damit auseinandergesetzt und gelesen, dass man Angst hat, dass diese Menschen, wenn sie wählen, irgendwie das Wahlsystem unterwandern. Das sind Aussagen, die einfach nicht stimmen.

    Die Kommunalwahl für Menschen zu öffnen, die seit einigen Jahren in dem jeweiligen Ort leben, wäre eigentlich ein ganz guter Anfang.

     

    Würdest du das an bestimmte Bedingungen knüpfen, beispielsweise das Beherrschen der deutschen Sprache oder das aktive Einbringen in die Gesellschaft?

    Diese Menschen sind Teil der Gesellschaft. Egal, wie gut sie die Sprache können oder das Land kennen, die Gesetze betreffen sie trotzdem. Das sind Sozialgesetze oder andere Gesetze, die den Aufenthalt in Deutschland regeln.

    Laut Grundgesetz steht die Menschenwürde über allem, alle haben die gleichen Rechte und sind vor dem Gesetz gleich. Und so zahle ich Steuern oder müsste ins Gefängnis, wenn ich eine Straftat begehe. Mir geht es erstmal darum, Wählen gehen zu dürfen, nicht wählen zu gehen. Ich will das Recht haben. Das Recht steht mir zu. Das nimmt man mir weg.

    Es gibt acht Millionen Menschen in Deutschland, die nicht wählen dürfen, obwohl sie hier leben. Das sind zehn Prozent der Bevölkerung. Ich nenne das ein demokratisches Defizit.

     

    Du hast eine sehr klare Haltung zum Wahlrecht. Inwiefern setzt du dich denn trotzdem mit den Inhalten auseinander, etwa für die kommende Bundestagswahl?

    Ich fühle mich von den Inhalten der Parteien nicht angesprochen. Es gibt wenig Themen, die mich zurzeit betreffen. Die CDU sagt, dass alle kriminellen Ausländer abgeschoben werden müssen. Ausländer bin ich zumindest.

    Aber ich fühle mich von den Menschen auch nicht repräsentiert. Es gibt kaum Politiker*innen mit Migrationshintergrund, keine in der der Bundesregierung. Und so werden auch Themen wie ein Wahlrecht für in Deutschland lebende Ausländer weder von der SPD, den Grünen oder Linken beachtet. Wenn ich an einem Stand der Grünen vorbeigehen würde, dann würden die mich nicht ansprechen und um meine Stimme bitten. Die Politik beachtet nur Menschen, die deutsch gelesen werden. Es würde sich nichts verändern, selbst wenn ich einen deutschen Pass hätte. Ich wäre Deutscher, sehe aber nicht deutsch aus.

     

    Hast du solche Erfahrungen schonmal gemacht?

    Zurzeit gibt es überall Stände der Parteien. Ich habe es mal ausprobiert und bin zu einem SPD-Stand gegangen. Da habe ich gefragt, was sie für Migranten machen. Doch das war nicht ihr Thema und sie wollten sich die Zeit für die anderen Schwerpunkte nehmen.

    Es gibt niemanden, der für mich einsteht. Von anderen Bürger*innen erwarte ich nicht, dass sie in meinem Interesse wählen und es gibt keine Politiker*innen, die mich verstehen würden.

     

    Vorhin sprachst du von einem demokratischen Defizit. Meinst du, dass sich keine Partei wirklich für Migration interessiert?

    Es gibt einen Fehler im System und das System muss geändert werden. Es gibt 16 Länder in Europa, wo man als Ausländer wählen darf, teilweise kommunal oder sogar auf Landesebene. Deutschland gehört nicht dazu. Weltweit sind es noch mehr. Neuseeland ist ein gutes Beispiel: Dort darf man nach einem Jahr national wählen, egal ob jemand dort geboren, aufgewachsen oder zugewandert ist. Solange Deutschland das nicht ändert, kann niemand behaupten, dass Migranten in diesem Land von der Politik beachtet werden.

    In Syrien gibt es ein Sprichwort: „Wer auf mich mit einem Finger zeigt, zeigt auf sich mit drei Fingern.“ Wenn immer gesagt wird, Migration ist ein Problem, eine Gefahr, wird sich nichts verändern.

  • Multivitamin-Podcast: Bundestagswahl 21 – Representation Matters!

    Selma Zoronjic spricht mit uns über ihren Weg zur Staatsbürgerschaft. Und darüber, wie es sich anfühlt, zum ersten Mal zu wählen.
    Die Politologin und Autorin Emilia Roig erklärt uns, was unter Intersektionalität verstanden wird –und was diese für Repräsentation in der Politik bedeutet.
    Yonca Dege vom Think Tank für politische Partizipation beantwortet uns die Frage, inwiefern der sogenannte Migrationshintergrund eine Rolle für politische Beteiligung spielt und Prof. Hacı-Halil Uslucan erklärt, wie Migration im Wahlkampf thematisiert wird.
    Außerdem kommt unsere Community zu Wort: Wir wollten wissen, was Wahlen für euch bedeuten und haben spannende Antworten bekommen.
    Ihr hört uns auf Spotify, YouTube, Soundcloud und Apple Podcast! Wenn ihr Fragen, Anmerkungen oder Themenvorschläge für die nächsten Folgen von „Multivitamin“ habt, schreibt uns gern über Social Media oder unter podcast@kohero-magazin.de

    Das Multivitamin-Team:
    Valeria Bajaña Bilbao, Marina Bühren, Florent Gallet, Sassetta Harford, Lionel Märkel, Sina Nawab, Anna Seifert, Anne Josephine Thiel, Lena Tuulia Wilborn, Khanem, Sarah Zaheer

  • Integrationspolitik: Die Parteien im Vergleich

    Welche Ziele und Ansätze verfolgen die unterschiedlichen Parteien bei diesem Thema? In diesem Artikel wollen wir dies klären.

    CDU/CSU

    Die CDU/CSU betonen in ihrem Wahlproramm, dass sie sich zum „Grundrecht auf Asyl und den rechtlichen und humanitären Verpflichtungen Deutschlands und Europas“ bekennen. Die Unionsparteien planen jedoch verschärfte Maßnahmen in der Zuwanderungspolitik. Hinsichtlich des Familiennachzugs von Flüchtlingen lehnen die Christdemokraten eine Ausweitung der bisherigen Regelung ab.

    Grundsätzlich möchten die Unionsparteien schärfer zwischen schutzbedürftigen und nichtschutzbedürftigen Personen unterscheiden. Ausreiseverpflichtungen sollen strenger durchgesetzt werden. Konkret benennt die CDU/CSU die Abschiebehaft an Flughäfen als eine Maßnahme, um Sammelabschiebungen einfacher durchzuführen. Des Weiteren soll die EU-Grenzschutzagentur Frontex personell aufgestockt und mit mehr Befugnissen ausgestattet werden.

    Die Unionparteien betonen, dass sie Integration als eine Grundlage des Zusammenlebens ansehen. Die Anerkennung ausländischer Qualifikationen bei Migrantinnen und Migranten will man fördern. Personen, die bisher geduldet werden, müssen bei ihren Aufenthaltserlaubnissen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die CDU/CSU benennt die Einhaltung der Werte, Normen und Verfassung sowie das Erlernen der Sprache als wichtige Bestandteile der Integration.

    SPD

    Die SPD fordert in ihrem Wahlprogramm eine Europäisierung des Asylsystems und „steht für eine humanitäre und solidarische Asyl- und Flüchtlingspolitik.“

    Die Partei plant eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten auf die EU-Länder.

    Abschiebungen in Länder, in denen Lebensgefahr droht, lehnen die Sozialdemokraten ab. Seenotrettungen sieht die Partei als eine Verpflichtung an. Ferner fordern sie, dass für Flüchtlinge legale und sichere Zugangswege geschaffen und Fluchtursachen bekämpft werden.

    Um die Integration von Geflüchteten zu verbessern, plant die SPD eine Förderung von Integrations- und Sprachkursen. Einen weiteren Ansatz zur Integration soll die Abschaffung bisheriger Arbeitsverbote leisten. Auch Duldungen, die mehrmals aufeinander folgen, sollen beendet werden, um Geflüchteten die Integration zu erleichtern. Des Weiteren befürworten die Sozialdemokraten eine Erleichterung des Familiennachzugs.

    Die Möglichkeit mehrere Staatsangehörigkeiten zu besitzen, will die SPD gesetzlich festlegen und somit zu Erleichterungen in der Einbürgerung führen.

    Die Linke

    Die Linke sieht Einwanderung als einen Bestandteil unserer Gesellschaft und als ein Recht jedes Menschen an. Sie fordert in ihrem Programm eine Ausweitung der Flüchtlingsrechte auf Armuts-, Umwelt- und Klimaflüchtlinge.

    Die Partei fordert, sichere und legale Zugangswege für Flüchtlinge zu schaffen. Die Abweisung an Grenzen und auf dem Mittelmeer sieht die Linke als eine Verletzung des Asylrechts an, auf dessen Einhaltung sie in Zukunft bestehen werden. Die bisherige EU-Grenzschutzagentur Frontex will man durch ein europäisches Seenotrettungsprogramm ersetzen.

    Des Weiteren plant die Linke ausländische Qualifikationen anzuerkennen, um Migrantinnen und Migranten den Arbeitsmarktzugang zu erleichtern. Abschiebungen von Geflüchteten lehnt sie konsequent ab. Die Linke möchte Integration fördern, indem man kostenfreie Sprachkurse bundesweit anbietet und Geflüchtete dezentral verteilt. Sie fordert außerdem einen uneingeschränkten Familiennachzug für Flüchtlinge.

    Die Partei setzt sich dafür ein „Fluchtursachen wie Waffen, Umwelt- und Klimazerstörung sowie Armut“ zu bekämpfen.

    Bündnis 90 / Die Grünen

    Die Grünen fordern in ihrem Wahlprogramm, dass die Europäische Union ihrer Verpflichtung nachgeht, „den Zugang zum Grundrecht auf Asyl zu garantieren.“ Des Weiteren setzen sie sich für ein faires und transparentes Asylverfahren ein. Es ist ihnen wichtig, dass Asylentscheidungen bezüglich des Aufenthaltstitels zeitnah getroffen werden. Einem Familiennachzug von Geflüchteten stehen die Grünen positiv gegenüber und mann will entsprechende Anträge zukünftig schnell bewilligen.

    Die Grünen kritisieren die bisherigen Zustände für Flüchtlinge, beispielsweise in den Lagern auf den griechischen Inseln, und sehen diese als Menschenrechtsverletzung an. Die bisherigen Routen für Geflüchtete stuft die Partei als lebensgefährlich ein und möchte dementsprechend sichere und legale Zugangswege schaffen. Des Weiteren lehnen sie zentrale Ankunftszentren ab und fordern eine dezentrale Verteilung von Geflüchteten.

    In der bisherigen Integrationspolitik kritisieren die Grünen gesetzliche Regelungen wie Arbeitsverbote und Leistungskürzungen, die ihnen zufolge eine Integration erschweren und die sie abgeschaffen wollen. Ebenso sieht die Partei den Zustand der Duldung, der für derzeit 200.000 Menschen mit hohen Unsicherheiten verbunden ist, als kritisch an. Nach drei bzw. fünf Jahren sollte ein Aufenthaltstitel erteilt werden, damit sich die Anzahl der in Duldung lebenden Menschen deutlich reduziert.

    Personen, die aufgrund rechtlicher Bestimmungen keinen Aufenthaltstitel erhalten können und bei denen kein Abschiebehindernis besteht, sollen zur Ausreise verpflichtet werden. Abschiebungen sehen die Grünen nur im äußersten Fall als probates Handlungsmittel.

    FDP

    Die FDP sehen gemäß ihres Wahlprogramms das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte als unantastbar an. Dazu gehören auch Verfolgungen aufgrund der Religion und Sexualität. Die Freien Demokraten fordern jedoch Regeln für Geflüchtete und unterscheiden zwischen verschiedenen Arten von Flüchtlingen.

    Flüchtlinge, die vor dem Hintergrund eines Krieges fliehen, sollen gemäß der FDP die Erlaubnis erhalten, in Deutschland Asyl zu beantragen. Nach Ende des Krieges sollen diese jedoch in ihr Land zurückkehren. Die Freien Demokraten sprechen sich für Abschiebungen aus und sehen den Bund in der Pflicht, diese durchzusetzen.

    Politisch Verfolgte sollen sichere Verfahren und Unterkünfte bekommen sowie eine Beratung zur Asylantragsstellung erhalten.

    Insgesamt stehen die Freien Demokraten einer Integrationspolitik positiv gegenüber und möchten diese mit Kursen zur Sprache und Gesellschaft fördern. Die FDP möchte gemäß dem Wahlprogramm „Einwanderinnen und Einwanderer (einladen), Teil unserer Gesellschaft zu werden, ihnen aber auch eine eigene Integrationsleistung (abverlangen)“.

    Eine weitere Forderung der FDP ist es, die EU-Grenzschutzagentur Frontex personell und strukturell auszubauen, damit diese die Aufgabe der Seenotrettung auf dem Mittelmeer übernehmen kann.

    AfD

    Die AfD sieht die momentane Asylpolitik als problematisch an und kritisiert, dass finanzielle Anreize und nicht durchgeführte Abschiebungen zu illegaler Migration führen. Die Partei möchte vor Ort in Krisenregionen Hilfen anbieten, anstatt Asylsuchende aufzunehmen. Asylsuchende sollen dementsprechend an der Grenze abgewiesen werden. Die AfD fordert, dass nur vom Bundestag ausgewählte schutzbedürftige Personen, die bestimmte kulturelle und religiöse Voraussetzungen mitbringen sowie ihre Staatsangehörigkeit und Identität nachweisen können, Asyl erhalten.

    Familiennachzug für Geflüchtete lehnt die AfD ab. Des Weiteren sollen asylantragsstellende sowie abgelehnte Asylbewerber keine Arbeitserlaubnis bekommen. Die AfD fordert, dass Abschiebungen von straffälligen Asylbewerbern auch in die Länder Syrien, Afghanistan und Irak durchgesetzt werden. Darüber hinaus fordert die Partei gemäß ihres Wahlprogramms das Durchsetzen einer „Abschiebeoffensive zum Abbau des Überhangs an Ausreisepflichtigen“. Außerdem will die AfD  mehr Länder als sichere Herkunftsstaaten benennen.

    Die Partei plant ein ‚Fit4Return‘Programm durchzusetzen. Es zielt darauf ab, Geflüchtete in einem handwerklichen Beruf auszubilden, damit diese sich eine Existenz in ihrem Heimatland aufbauen können.

    Die bisherigen Integrationsprogramme will man überprüfen.

    Weitere Artikel zum Thema Wahlen findest du z.B. hier.

  • Die Wahlprogramme in Leichter Sprache

    Am 26. September 2021 findet in Deutschland die Bundestagswahl statt. In einem Bundestag arbeiten Abgeordnete verschiedener Parteien. Abgeordnete treffen Entscheidungen in Deutschland und bestimmen Gesetze. Bei der Bundestagswahl bestimmen die Menschen, welche Abgeordneten im Bundestag sitzen dürfen.

    Die Hauptziele der Parteien werden in einem Wahlprogramm vorgestellt.

    Im Folgenden werden die Wahlprogramme dieser Parteien in leichter Sprache vorgestellt CDU/CSU, SPD, FDP, Die Grünen, Die Linken und die AfD.

     

    CDU/CSU

    Arbeit und Soziales

    Menschen sollen überall eine gute Gesundheitsversorgung haben. Ärzte und Apotheken sollen auf dem Land und in der Stadt leicht zu erreichen sein. Auch die Medizin soll verbessert werden.

    Menschen, die keine Arbeit haben, sollen unterstützt werden. Sie sollen sich ausbilden lassen können.

    Alle Menschen sollen gut von ihrer Rente leben können. Menschen, die bisher wenig Rente hatten, sollen bessergestellt werden.

     

    Wirtschaft

    Die Wirtschaft soll gestärkt werden. Viele Menschen haben wegen Corona ihre Arbeit verloren. Die CDU/CSU will, dass es wieder mehr Arbeitsplätze gibt.

    Die Menschen sollen weniger Steuern zahlen müssen. Familien, Alleinerziehende und Menschen, die wenig verdienen, sollen weniger Steuern zahlen. Auch für Unternehmen sollen die Steuern nicht steigen.

    Die Arbeitszeiten sollen flexibler werden. Das heißt: Die Menschen können sich ihre Arbeitszeit selbst einteilen.

    Deutschland soll keine neuen Schulden mehr machen. Schulden bedeuten, dass sich ein Land Geld leiht. Die bestehenden Schulden sollen schnell abgebaut werden.

     

    Digitalisierung

    Die Digitalisierung in Deutschland soll besser werden. Die Ämter sollen digitaler werden. Dann können mehr Anträge online gestellt werden.

    Es soll überall in Deutschland ein besseres Internet geben. Das Internet soll auch sicherer vor Kriminalität werden.

    Es soll neue Technologien geben. Dadurch können die Menschen auch umweltfreundlicher arbeiten.

     

    Klima

    Deutschland soll bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein. Klimaneutral bedeutet, dass das Klima nicht mehr geschädigt wird. Der Mensch ist schuld am Klimawandel. Ein Grund für den Klimawandel ist die Produktion von CO2 durch Autos oder Fabriken.

    Um das Klima zu schützen, sollen Maßnahmen erfolgen. Ein Beispiel ist, dass Strom durch Sonnenlicht erzeugt wird. Auch die Produktion von Autos soll sich ändern.

    Die Arbeitsplätze von Menschen sollen dadurch aber nicht verloren gehen.

    Die Preise für Strom sollen nicht steigen.

     

    Außenpolitik und EU

    Es ist wichtig, dass Deutschland mit anderen Ländern zusammenarbeitet. In der Europäischen Union soll die Politik gemeinsam gemacht werden. Das Ziel der gemeinsamen Politik ist, dass es allen gut geht.

    Es soll keine gemeinsamen Schulden mit der Europäischen Union geben. Jedes Land soll für sich selbst Geld aufnehmen, wenn es das braucht. Dieses Land muss es dann alleine zurückzahlen.

     

    Integration und Zuwanderung

    In Europa sollen die Grenzen kontrolliert werden. Nur wer eine Genehmigung hat, soll nach Deutschland einreisen dürfen.

    Es soll strenger entschieden werden, welche Flüchtlinge in Deutschland bleiben dürfen. Wer keine Erlaubnis mehr erhält, muss Deutschland verlassen.

    Wahlprogramm der CDU/CSU in Leichter Sprache

    Wahlprogramm der CDU

     

     

    SPD

    Arbeit und Soziales

    Menschen, die länger als 2 Jahre nicht arbeiten, bekommen Hartz IV. Hartz IV soll abgeschafft werden. Der SPD gefallen mehrere Punkte an Hartz IV nicht. Die SPD will lieber Bürger-Geld einführen. Bürger-Geld hat einfachere Regeln als Hartz IV.

    Alle Menschen sollen mindestens 12 Euro pro Stunde für ihre Arbeit bekommen. Es soll zudem Regeln geben, wie viel Menschen in einer Branche mindestens verdienen.

    Die SPD will Familien besser mit Geld unterstützen. Wenn Familien viel Geld verdienen, sollen sie weniger Geld für ihr Kind vom Staat bekommen. Wenn Familien wenig Geld verdienen, sollen sie mehr Geld für ihr Kind bekommen.

    Die Arbeit der Pflegekräfte ist sehr wichtig für die Gesellschaft. Sie sollen bessere Arbeitsbedingungen und bessere Löhne erhalten.

    Die medizinische Versorgung soll verbessert werden. Auf dem Land und in der Stadt soll es gute Arztpraxen geben.

    Wenn ein Mensch Pflege braucht, soll er sie bekommen und sich leisten können.

    Alle Menschen sollen eine sichere und gute Rente haben. Die SPD lehnt eine Erhöhung des Renten-Alters ab.

    Alle Menschen sollen eine Wohnung finden, wo sie die Miete zahlen können.

     

    Wirtschaft

    Die SPD will Unternehmen dabei unterstützen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht zu bezahlen. Auch junge Unternehmen sollen am Anfang finanziell unterstützt werden. Auch die Forschung soll mit Geld unterstützt werden.

    Der SPD zufolge orientieren sich Unternehmen oft an dem, was das meiste Geld einbringt und nicht darauf, was für die Gesellschaft gut wäre. Die SPD will deshalb Regeln für Unternehmen. Ein Beispiel sind Regeln für den Umweltschutz. Auch wenn der Umweltschutz teurer für die Unternehmen ist, ist er für die Gesellschaft besser.

    Die Ziele der SPD für die Wirtschaft sind teuer. Um die Ziele zu erfüllen, sollen Unternehmen und Menschen, die viel Geld verdienen, mehr Steuern zahlen. Wer weniger verdient, soll weniger Steuern zahlen.

     

    Digitalisierung

    Die Digitalisierung ist wichtig. Sie soll das Leben einfacher machen.

    Die Menschen sollen flexibler an jedem Ort arbeiten. Auch soll die Digitalisierung Anträge beim Amt vereinfachen. Anträge können dann online statt vor Ort ausgefüllt werden.

     

    Klima

    Die SPD will, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 aufhört, dem Klima zu schaden. Dinge, die dem Klima schaden, sollen abgeschafft werden. Zum Beispiel Strom aus Kohle. Stattdessen soll es erneuerbare Energien geben. Erneuerbare Energien sind zum Beispiel Strom, der aus Wind erzeugt wird. Erneuerbare Energien schaffen auch mehr Arbeitsplätze.

    Es sollen auch weniger Rohstoffe verbraucht werden. Beispiele für Rohstoffe sind Holz oder Öl.

    Zu viele Menschen fahren noch mit dem Auto. Mehr Menschen sollen mit Bus und Bahn fahren. Die SPD will mehr Verbindungen in Städten und Dörfern schaffen. Die Preise dafür sollen billiger werden.

     

    Außenpolitik und EU

    Die SPD will, dass alle Regierungen in Europa gut zusammenarbeiten. Gemeinsame Probleme sollen zusammen gelöst werden. Beispiele für gemeinsame Probleme sind der Klimawandel oder die Corona-Krise.

    Die Regeln für die Entscheidungen innerhalb der EU sollen sich ändern. Es sollen nicht immer alle Länder zustimmen. Es soll ausreichen, dass eine Entscheidung getroffen wird, der die Mehrheit der Länder zustimmt.

     

    Integration und Zuwanderung

    Menschen, die auf der Flucht sind, sollen in Deutschland aufgenommen werden. Bisher sind die Wege sehr gefährlich. Die SPD will sichere Wege für Flüchtlinge nach Deutschland schaffen.

    Flüchtlinge sollen schnell die Sprache lernen. Dafür soll es Sprachkurse geben.

    Wenn Flüchtlinge Familien in ihren Heimatländern haben, soll die Familie auch nach Deutschland kommen dürfen.

     

     Wahlprogramm der SPD in Leichter Sprache

    Wahlprogramm der SPD

     

      

    Bündnis 90 / Die Grünen

     Arbeit und Soziales

    Menschen mit geringem Einkommen sollen sich die Mieten leisten können. Die Mieten sind sehr teuer, vor allem in Städten. Das soll sich ändern.

    Die Grünen wollen zudem eine Kinder-Grundsicherung für Familien einführen. Das bedeutet, dass jedes Kind einen bestimmten Betrag erhält. Familien mit geringem Einkommen erhalten zusätzlich Geld.

    Frauen bekommen weniger Lohn als Männer. Das soll sich ändern. Frauen und Männer sollen den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit bekommen.

    Die Grünen wollen Hartz IV ändert. Man bekommt Hartz IV, wenn man keine Arbeit hat. Die Grünen wollen ändern, dass man viele Anträge ausfüllen muss. Stattdessen soll es eine Garantie-Sicherung geben. Es soll außerdem mehr Zeit für die Beratung von Arbeitssuchenden geben.

    Die Renten sind teilweise zu gering, um davon gut leben zu können. Um das zu ändern, soll ein Bürger-Topf eingeführt werden. Jeder kann in den Bürger-Topf einzahlen.

     

    Wirtschaft

    Neu gegründete Unternehmen sollen mit Geld unterstützt werden. Das soll ihnen helfen, erfolgreich zu sein.

    Die Grünen wollen einen Mindestlohn schaffen. Die Menschen sollen einen Mindestlohn von 12 Euro für eine Stunde Arbeit erhalten.

     

    Digitalisierung

    Die Grünen wollen das digitale Leben verbessern. Dann kann Deutschland mit anderen Ländern in Europa mithalten. Es soll überall ein besseres Internet geben.

    In den Ämtern ist Technik noch nicht gut. Die Ämter sollen digitaler und einfacher werden.

    Schulen sollen digital mit Laptops arbeiten. So können Schülerinnen und Schüler schon früh an der digitalen Welt teilhaben.

     

    Klima          

    Die Grünen wollen gegen die Klima-Krise vorgehen. Die Klimakrise bedeutet, dass das Wetter extremer wird. Zum Beispiel gibt es überflutete Städte. Der Grund für die Klima-Krise ist das Gas CO2. Große Konzerne, Flugzeuge und Fabriken stoßen sehr viel CO2 aus.

    Die Grünen wollen gegen den Klimawandel vorgehen, indem sie erneuerbare Energien fördern. Das ist zum Beispiel Energie von der Sonne oder von einem Windrad. Nicht erneuerbare Energien sind zum Beispiel Kohle. Diese soll durch erneuerbare Energien ersetzt werden.

    Unternehmen stoßen zu viel CO2 aus. Damit gefährden sie das Klima. Wenn ein Unternehmen zu viel CO2 ausstößt, soll es Geld bezahlen. Dieses Geld soll dann an die Bürgerinnen und Bürger gezahlt werden.

     

    Außenpolitik und EU

    Die Grünen finden es gut, wenn immer mehr Länder zu der Europäischen Union dazukommen.

    Die Grünen wollen eine gute Zusammenarbeit innerhalb von Europa, um gemeinsame Probleme zu lösen. Die gemeinsamen Probleme sind die Klimakrise, die Corona-Krise und die weltweite Ungleichheit.

     

    Integration und Zuwanderung

    Die Wege für Flüchtlinge nach Deutschland sind gefährlich. Es soll sichere Wege geben.

    Flüchtlinge sollen in Deutschland arbeiten dürfen. Wenn Flüchtlinge noch Familien in ihren Heimatländern haben, sollen sie nach Deutschland kommen dürfen.

    Es soll unkompliziert entschieden werden, dass Flüchtlinge in Deutschland bleiben dürfen. Nur in seltenen Fällen sollen Flüchtlinge in ihr Heimatland zurück müssen.

     

     Wahlprogramm der Grünen in Leichter Sprache

     Wahlprogramm der Grünen

     

     

    Die Linke

    Arbeit und Soziales

    Die Linke will Menschen unterstützen, die wenig Geld verdienen. Sie will, dass es in jeder Branche einen Tarifvertrag gibt. Das bedeutet, dass die Menschen in der Branche einheitliche Gehälter bekommen.

    Pflegekräfte sind wichtig. Die Linke will diesen Beruf unterstützen, weil es in der Branche Probleme gibt. Pflegekräfte sollen mehr Geld verdienen und bessere Arbeitsbedingungen haben.

    Die Linke will gegen zu hohe Mieten vorgehen. Sie will einen Mietdeckel durchsetzen. Das bedeutet, dass Vermieter nur noch Mieten bis zu einer bestimmten Höhe verlangen dürfen.

    Oft bekommen Menschen eine Rente, die zu niedrig zum Leben ist. Die Linke will, dass die Menschen höhere Renten bekommen. Bisher müssen die Menschen mit 67 Jahren in Rente. Die Linke will das ändern. Die Menschen sollen früher in die Rente gehen können. Die Rente soll mindestens 1200 Euro betragen.

     

    Wirtschaft

    Menschen, die sehr reich sind, sollen höhere Steuern zahlen. Mit diesen Steuern sollen Schulen und Krankenhäuser finanziell unterstützt werden. Menschen, die weniger Geld verdienen, sollen weniger Steuern zahlen.

    Die Corona-Krise hat der Wirtschaft geschadet. Das hat viel Geld gekostet. Damit der Staat wieder mehr Geld hat, soll es eine Vermögensabgabe geben. Die Vermögensabgabe bedeutet, dass Menschen mit mehr als 2 Millionen Euro einen bestimmten Betrag an den Staat zahlen.

     

    Digitalisierung

    Jeder soll überall schnelles Internet haben. Auf dem Land und in der Stadt.

    Ämter, das Gesundheitswesen und der öffentliche Verkehr sollen digitaler werden.

    Es soll digitale Geräte für Schülerinnen und Schüler geben. Lehrerinnen und Lehrer sollen mehr in Technologie fortgebildet werden.

     

    Klima

    Die Linke will das Klima schützen. Ein Grund für die Klimakrise ist die Produktion von CO2 durch Unternehmen.

    Die Linke will, dass die Menschen kostenfrei mit Bussen und Bahnen fahren können. Außerdem soll es weniger Flüge innerhalb Deutschlands geben.

     

    Außenpolitik und EU

    Die Europäische Union soll besser werden. Bisher gibt es in der Europäischen Union viele Vorteile für Unternehmen und Banken. Es soll auch mehr Vorteile für die Menschen geben.

    Es gibt Verträge für den Handel in Europa. Die Linke hält diese Verträge für schlecht. Die Linke will, dass der Handel für die Menschen gerechter wird. Die Natur soll auch mehr geschützt werden.

    In der Europäischen Union sollen alle Menschen gleich gerecht behandelt werden. Sie sollen gut leben können.

     

    Integration und Zuwanderung

    Wenn Menschen vor dem Krieg fliehen, soll es für sie sichere Wege geben, nach Deutschland zu kommen. Wenn Menschen über das Mittelmeer fliehen, sollen sie gerettet werden.

    Nicht nur Menschen, die vor dem Krieg fliehen, sollen nach Deutschland kommen können. Auch Menschen, die vor Armut oder schlechtem Klima fliehen. Es soll verboten werden, dass Flüchtlinge aus bestimmten Gründen in ihr Heimatland zurückkehren müssen.

    Flüchtlinge haben oft noch Familien in ihrem Heimatland. Die Familien sollen auch nach Deutschland kommen können.

     

    Wahlprogramm Die Linke in Leichter Sprache

    Wahlprogramm Die Linke

     

     

    FDP

     Arbeit und Soziales

    Die FDP will eine bessere Gesundheitsversorgung. Das heißt: Es soll viele gute Krankenhäuser geben. Das Gesundheitswesen soll moderner werden. Jeder soll eine gute Versorgung erhalten.

    Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind schlecht. Sie sollen erneuert und verbessert werden. Damit sollen sich wieder mehr Menschen für den Beruf der Pflegekraft interessieren.

    Arbeitszeiten sollen flexibler werden. Dadurch können die Menschen ihre Arbeitszeit besser einteilen.

    Der Mindestlohn für Minijobs soll höher werden.

     

    Wirtschaft

    Die Corona-Krise hat sich schlecht auf die Unternehmen ausgewirkt. Sie haben dadurch wenig Geld verdient. Damit die Unternehmen jetzt mehr Geld für ihren Betrieb haben, sollen sie weniger Steuern zahlen. Durch die Corona-Krise haben viele Menschen ihre Arbeit verloren. Es sollen mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.

    Viele Regeln belasten die Unternehmen. Zum Beispiel sind es unnötige Anträge für das Amt. Deshalb will die FDP weniger Regeln aufstellen.

    Außerdem sollen Menschen, die neue Ideen für Unternehmen haben, gefördert werden.

     

    Digitalisierung

    Die Digitalisierung in Deutschland soll besser werden.

    Es soll überall schnelleres Internet geben. Dann können Ämter besser arbeiten. Ämter wie die Polizei sollen bessere Computer erhalten. Dann können sie Straftaten im Internet besser und schneller herausfinden.

     

    Klima          

    Das Klima verändert sich in letzter Zeit sehr stark. Es wird auf der Welt immer heißer. Die FDP will Maßnahmen gegen den Klimawandel einführen. Ein Beispiel für eine Maßnahme sind Erlaubnisscheine. Die Unternehmen sollen diese Erlaubnisscheine kaufen. Auf den Erlaubnisscheinen steht, wie viel CO2 die Unternehmen verbrauchen dürfen.

     

    Außenpolitik und EU

    Die FDP setzt sich für eine „außenpolitisch starke“ Europäische Union ein. Sie fordert, dass die Europäische Union reformiert wird.

    Sie ist für ein europaweites Programm, die European Digital University. Diese soll allen Menschen in Europa die Möglichkeit geben, zu studieren.

     

    Integration und Zuwanderung

    Die FDP will Regeln für Flüchtlinge aufstellen. Die FDP unterscheidet zwischen Flüchtlingen. Menschen, die vor einem Krieg fliehen, dürfen nach Deutschland kommen. Nach Ende des Krieges sollen sie aber in ihr Land zurückkehren.

     

    Wahlprogramm FDP in Leichter Sprache

    Wahlprogramm FDP

     

     

    AfD

     Arbeit und Soziales

    Die AfD will den aktuellen Mindestlohn beibehalten.

    Es soll eine Alternative zu Hartz IV geben, die „aktivierende Grundsicherung“. Die Menschen sollen dadurch mehr Geld zur Verfügung haben.

    Jeder Mensch soll selber entscheiden, wann er in die Rente gehen möchte. Die Rentenzahlungen sind für die Menschen eine Belastungen. Die AfD will die Menschen weniger belasten. Sie will die Rentenzahlungen finanzieren, indem sie teilweise Zahlungen von Themen wie Migration, Klima und EU streicht.

    Die AfD kritisiert Maßnahmen, um das Corona-Virus einzudämmen. Es soll keine Maskenpflicht mehr geben. Auch soll es keine Impfpflicht geben. Die AfD will die Maßnahmen der jetzigen Regierung untersuchen lassen.

     

    Wirtschaft

    Die AfD will die Steuern und Abgaben senken. Menschen mit geringem Einkommen sollen mit Geld für die Miete unterstützt werden.

    Viele deutsche Unternehmen und Fachkräfte gehen ins Ausland. Die AfD will Maßnahmen ergreifen, um dies zu ändern.

    Es soll mehr Geld in Technologie fließen. Es soll mehr Fokus auf MINT-Fächer in Schulen und Universitäten geben. Zu den MINT-Fächern zählen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.

     

    Digitalisierung

    Die AfD will Digitalisierung nur dort fördern, wo sie sinnvoll ist.

    Schulen sollen eine bessere IT-Ausstattung bekommen. Auch in den Ämtern soll mehr digitalisiert werden.

     

    Klima

    CO2 führt zum Klimawandel. Der AfD zufolge ist das nicht nur schlecht.

    Die AfD will weiter Kohle, Öl und Gas als Rohstoffe nutzen. Die AfD will den Ausbau von erneuerbaren Energien einschränken. Unternehmen, die zu viel CO2 ausstoßen, sollen dafür nicht bestraft werden.

     

    Außenpolitik und EU

    Deutschland soll nicht mehr Teil der Europäischen Union sein. Die Europäische Union soll nicht um weitere Länder erweitert werden.

    Das Bargeld soll bleiben. Die AfD ist gegen digitale Währungen.

    Die AfD will die Wehrpflicht wieder einführen.

    Außerdem soll es ein Gemeinschaftsdienstjahr geben. Das soll es für Frauen und Männer geben, die nicht zum Wehrdienst gehen.

     

    Integration und Zuwanderung

    Die AfD will Menschen, die vor dem Krieg fliehen, an der Grenze abweisen.

    Wenn Flüchtlinge Familien in ihren Heimatländern haben, dürfen diese nicht nach Deutschland kommen.

    Die AfD will das Tragen von Kopftüchern und Burkas verbieten.

     

    Wahlprogramm der AfD in Leichter Sprache: Nicht vorhanden

    Wahlprogramm der AfD

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