Kategorie: Kolumne

Mal nachdenklich, mal witzig, mal herausfordernd – in regelmäßigen Abständen berichten unsere Kolumnisten von unterschiedlichen Themen, die sie gerade bewegen.

  • Wann kann ich Deutsche/r sein?

    Ich habe mich an die Frage erinnert, ab wann man davon reden kann, dass man ein Deutscher ist.

    Immer wieder habe ich von dem Problem gehört, dass er oder sie kein Deutscher oder keine Deutsche sei, obwohl sie einen deutschen Pass besitzen. Ich glaube, dass die Menschen keine Ausländer mehr sind, wenn sie die Sprache von diesem Land sprechen können und wenn sie die Kultur von diesem Land verstehen. Aber bisher habe ich die Antwort auf die Frage, wann ich Deutscher sein kann oder darf, nicht gefunden. Ich weiß nicht warum, aber ich glaube, dass alle Ausländer beziehungsweise Migranten genau diese Frage beschäftigt.

    Es gibt viele junge Menschen, die ausländische Eltern haben, die aber hier aufgewachsen sind, in deutsche Schulen gegangen sind und in der deutschen Gesellschaft groß geworden sind. Dennoch glauben sie, dass die deutsche Gesellschaft sie nicht für Deutsche, sondern für Migranten hält. Sie haben ebenfalls darüber nachgedacht, warum sie keine Deutschen sein dürfen.

    Das Problem und Glück zweier Kulturen

    Ich habe darüber mit einer Kollegin auf der Netzwerk Recherche-Konferenz gesprochen. Auch sie beschäftigt die Frage, warum sie keine Deutsche sein darf. Sie sagte mir: „Wenn ich jemanden kennenlerne, der mich fragt, woher ich komme, frage ich zurück: Warum fragst Du mich das? Und warum sagen mir die Leute immer, dass ich gut deutsch sprechen kann? Ja natürlich kann ich deutsch sprechen, weil ich eine Deutsche bin!

    Aber wenn sie meine schwarzen Haare sehen, denken sie, dass ich keine Deutsche bin. Sie fragen mich, „woher kommst du?“, weil sie mich für eine Ausländerin/Migrantin halten.
    Mein Problem- oder vielleicht auch mein Glück ist, dass ich zwei Kulturen habe – die deutsche Kultur und die Kultur meiner Eltern. Aber beide Gesellschaften sagen mir, dass ich nicht beiden Kulturen angehören darf oder kann. Natürlich habe ich eine andere Wurzeln. Aber das bedeutet doch nicht, dass ich keine Deutsche sein kann?!“

    Ich kann mit meinem Artikel nur Fragen stellen, aber Ihr könnt antworten: wann darf oder kann man Deutsche/r sein?

  • Wie die Geschichte politische Entscheidungen beeinflusst

    Alle sagen etwas, was sich auf ihre Geschichte bezieht. Die Deutschen vergleichen Erdogan mit Hitler. Die Deutschen erinnern sich immer daran, was Hitler gemacht hat und sie sagen, dass man nicht sein ganzes Vertrauen in eine Person legen soll. Wir sind immer gegen ein Präsidialsystem, gegen die Macht einer einzelnen Person. Erdogan hat sehr viel falsch gemacht. Er hat Oppositionelle und Pressevertreter eingesperrt und er hat die türkischen Medien eingenommen. Er möchte ein neuer osmanischer Sultan sein.

    Die Türken, die für das Präsidialsystem gestimmt haben, erinnern sich, was beim vergangenen Putsch passiert ist. Alle Putschversuche sind gegen eine islamische Regierung gerichtet und es wurden alle islamischen Parteimitglieder eingesperrt. Der Putsch war falsch und auch eine Absage an die Demokratie. Er machte die Türkei schwach.

    Erdogan ist vielleicht kein guter Mensch, vielleicht möchte er ein Diktator sein, vielleicht schickt er Flüchtlinge nach Europa, nach Deutschland, wenn die Türkei kein Mitglied der EU wird. Aber das passiert alles nur vielleicht. Allerdings benutzt er sicher die islamische Religion, er vermischt Religion mit Politik, weil er das türkische Volk, das sehr gläubig ist, kennt. Er profitiert aber auch davon, was in Europa passiert.

    Europa hat drei Probleme

    Die Europäischen Länder haben drei Probleme: Erdogan, den IS und natürlich europäische Rechtsextremisten. Was können die europäischen Länder machen? Sie müssen mit Erdogan zusammen gegen den IS arbeiten und sie müssen gemeinsam mit Erdogan eine Lösung für das Flüchtlings-Thema finden.

    Aber wenn sie mit Erdogan arbeiten, bekommen europäische Rechtsextremisten viele Wählerstimmen. Wenn sie gegen Erdogan sind, dann erhält dieser viele Wählerstimmen. Er profitiert davon, weil er gesagt hat, Europa sei gegen eine starke Türkei, gegen den Islam.

    Nehmen wir zum Beispiel, was mit der türkischen Familienministerin in den Niederlanden passiert ist. Laut der niederländischen Regelung durfte die türkische Familienministerin nicht in die Niederlande einreisen, um Wählerstimmen für den Verfassungsentwurf in der Türkei zu sammeln, weil in den Niederlanden auch Wahlen waren. Aber Erdogan hat von den Ereignissen profitiert, viele Türken in Europa haben ja für das Präsidialsystem gestimmt.

    Sie machten das, um die europäischen Länder herauszufordern. Aus diesem Spiel gingen die beiden Parteien als Sieger hervor, die niederländische Regierung hat bei den Wahlen gegen die Rechtsextremisten gewonnen und Erdogan hat ebenfalls mit seinem Verfassungsentwurf gesiegt.

    So funktioniert Politik. 

  • Missverständnisse zwischen den Kulturen

    Das ist für alle nicht einfach – nicht für die Deutschen, nicht für die Geflüchteten oder andere Ausländer – weil wir uns leicht missverstehen können, weil wir unterschiedliche Kulturen haben, weil wir unterschiedliche Meinungen haben, weil wir Menschen sind.

    Missverständnisse sind normal unter Menschen, die unterschiedliche Kulturen haben. Aber wie können wir mehr und ein besseres Verständnis untereinander erreichen?

    Kultur ist nicht nur Essen und Musik. Unsere Gedanken sind ebenfalls Teil der Kultur. Kultur bedeutet auch, dass wir – wie alle anderen – unterschiedliche Meinungen verstehen können und dürfen und sogar müssen, wenn wir in dieser Kultur leben möchten.

    Ja, es gibt Menschen, die dieselbe Kultur haben, aber nicht denselben Charakter. Aber das ist es nicht allein. Ich denke dabei an den Unterschied, ob ich als einzelne Person in einer Gemeinschaft nur für mich spreche, oder ob ich als Mitglied einer Gruppe spreche. Das ist ein großer Unterschied.

    Wenn du meine Kultur kritisierst, dann rede ich mit dir sowohl als Mitglied als auch Vertreter und Verteidiger meiner Kultur und fühle mich angegriffen. Ich möchte dir nicht zuhören oder mit dir diskutieren. Das gilt genauso für dich und deine Kultur.

    Aber wenn du Respekt für meine Kultur hast, kann ich mit dir über meine oder deine Kultur diskutieren und reden.
    Danach können wir uns gut miteinander verstehen.

    Die verschiedenen Kulturen haben sich mit der Zeit aufgebaut und natürlich können wir nichts für andere Kulturkritiken, aber wir können Respekt für jede Kultur aufbringen und versuchen, mit der Zeit die Kultur mitzuentwickeln.

    Von Mensch zu Mensch

    Wir Menschen wollen alles immer schnell entwickeln und verändern, aber Kultur braucht viel Zeit dafür. Die Veränderung entsteht von innen heraus, nicht von außen. Ich kann mich aber als Mensch schnell verändern, wenn ich in einer anderen Kultur lebe – als Person selbst und nicht als Mitglied der neuen Kultur. Jedoch können und müssen wir Respekt für unsere jeweiligen Kulturen haben.

    Wir können in Kontakt miteinander treten: Menschen mit Menschen- und nicht Kultur mit Kultur oder Religion mit Religion. Wenn wir aber gegenseitigen Respekt für die jeweilige Kultur haben, können wir über alles diskutieren, damit wir uns als Mitglieder verschiedener Kulturkreise besser verstehen (lernen).

    Wir brauchen Zeit, um unsere Kulturen mit neuen Erfahrungen weiterzuentwickeln, aber das ist normal. Kultur baut sich langsam auf und verändert sich ständig. Die Menschen müssen sich schnell anpassen, wenn sich ihre Lebensumstände ändern.

    Wir sollten nie vergessen, dass jeder Mensch zwei Menschen gleichzeitig ist: Der Mensch, der vom ersten Atemzug an von der Kultur seiner Heimat und Familie geprägt worden ist, bewusst und/oder unbewusst, und der Mensch, der sich ganz bewusst dafür entscheidet, in und mit einer Kultur zu leben.

    Wir müssen uns gegenseitig als Menschen respektieren. Dann können wir mit Respekt über Kultur, Religion und andere Themen, die unser Leben beeinflussen, diskutieren, uns kennenlernen und austauschen.

    Wir können unsere Kulturen gegenseitig kennenlernen. Der Austausch sollte von Respekt geprägt sein, nicht von Kritik.

    Lasst uns gegenseitig kennenlernen, so können wir zusammen in einer Gemeinschaft leben und von unseren unterschiedlichen Kulturen lernen.

     

  • Salam Syria! Konzert in der Elbphilharmonie

    Wir gingen zusammen mit 25 Start with a Friend Tandems- Deutsche und Geflüchtete als eine große Familie- zur Elbphilharmonie, um das Konzert Salam Syria zu hören. Es gab arabische Musik und westliche Musik in einem Konzert, Integration macht Musik.

    Wir sind zur Elbphilharmonie gelaufen. Die Aussicht war toll mit dem Sonnenuntergang und Hamburg von oben, wenn die Sonne Abschied von der Stadt nimmt.

    850,000,000 € hat die Stadt Hamburg für die Elbphilharmonie bezahlt – und das hat sich gelohnt für die Arbeit und das Design. Man vergisst bei dem Anblick, wie teuer die Elphie war.

    Die Kultur der Menschheit

    Als das Konzert mit ruhiger Musik begann, erinnerte ich mich an Damaskus vor dem Krieg. Damaskus mit kleinen Wegen und Jasminduft, und alte Steine, die uns die Geschichte von Damaskus mit aufeinanderfolgenden Zivilisationen erzählen: Hyksos, Pharaonische Zivilisation, Königreich Aram Damaskus, das assyrische Reich, babylonische Kultur, byzantinische Zivilisation, islamische Zivilisationen – alles Kulturen, die in Damaskus waren, Kultur genommen und gegeben haben.

    Ich erinnere mich, was Damaskus ist. Damaskus hat sehr viele Geschichten aus der Vergangenheit und Kultur. Ich erinnere mich an die Kultur der Menschheit.

    Danach war die Musik sehr laut, lebhaft, dynamisch und wütend. Sie drückt aus und beschreibt, was in Damaskus mit dem Krieg und den lauten Waffen passiert. Ich habe an die Vergangenheit gedacht und meine Erinnerung sind zurückgekommen, die mit dem Krieg begannen mit dem Tod und der Zerstörung.

    Später ist ein Sänger auf die Bühne gekommen und hat das Lied „Cherine, Cherine“ begonnen, das ist Kurdisch und bedeutet „süß“ auf Deutsch. Er hat mit lauter Stimme und sehr viel Spaß gesungen und viel Emotion in seine Performance gelegt.

    Er hat uns die Nachricht geschickt: Wir sind in Syrien nicht nur eine Kultur oder eine ethnische Gruppe oder eine Sprache, sondern Viele. Syrien ist eine Multikultur, ohne kleinteilige Kultur gibt es kein Syrien.

    Ich bedanke mich bei der Elbphilharmonie für die tolle Einladung und gute Organisation.

    Und natürlich bedanke ich mich bei meiner großen Familie Start with a Friend in Deutschland für die schöne Gemeinschaft. Übrigens: Start with Friend sucht nach Euch Locals, um mit anderen Geflüchteten eine Tandempartnerschaft einzugehen.

    Kommt zu Start with a Friend und schafft Euch eine große Familiengemeinschaft.

  • Wie können wir diskutieren

    Wir sind Geflüchtete, kommen aus unterschiedlichen Ländern, in denen es nur Diktatur gibt. Wir kommen aus Ländern, in denen es sehr viel Angst gibt. Wir dürfen nicht sagen, was wir denken und was wir glauben. Wir wollen in einem Land leben, in dem es Freiheit gibt. Freiheit ohne Angst.
    Aber wir haben keine Freiheit gefunden, obwohl wir in Deutschland leben, dem Land der Freiheit, weil wir Geflüchtete sind. Mit einem Flüchtlingsstatus können wir keine Freiheit haben. Wir dürfen keine Freiheit haben.
    Wir sollen mit den Deutschen einer Meinung sein, weil die Deutschen das Sagen haben und wir nur Flüchtlinge sind, nichts kennen. Manche behaupten, dass es in unseren Ländern keine Kultur gibt und wir kein Wissen haben. Aber sie kennen unsere Länder doch gar nicht.
    Ja, wir kommen aus Dritte-Welt-Ländern, aber wir sind nicht außerhalb der Welt. Aufgrund der Globalisierung können wir heute alle alles voneinander wissen, und beeinflussen uns gegenseitig- wie in einem Dorf. Außerdem hat unsere Kultur einen großen Einfluss weltweit, aber wegen unserer Diktatur sind unser Länder dritte Welt.
    Aber natürlich müssen wir eure Meinung respektieren – nur müssen wir sie nicht annehmen.
    Wir dürfen Deutschland, oder was in Deutschland passiert, nicht kritisieren, weil wir Geflüchtete sind. Als wir etwas in Deutschland kritisiert haben, haben einige Deutsche gesagt, warum habt ihr das gemacht, warum seid ihr nach Deutschland gekommen, wenn Euch Deutschland nicht gefällt. Ihr wollt euch nicht integrieren, ihr solltet in Eure Länder zurückgehen. Ihr wollt den Islam in Deutschland verbreiten, ihr habt keinen Respekt für die öffentliche Ordnung und so weiter.
    Wir, die Geflüchteten möchten freundschaftlich antworten: wir haben vielleicht eine unterschiedliche Meinung – aber wir können trotzdem alle Freunde sein. Wir, die Flüchtlinge haben nicht Deutschland kritisiert, sondern nur eine Sache in Deutschland, weil wir sie von einer anderen Seite gesehen haben, weil wir eine andere Kultur haben, weil wir eine andere Meinung haben, weil….
    Wir sind nach Deutschland gekommen, das war nicht unsere Entscheidung, aber wir mussten kommen. Und wir sind jetzt hier, was können wir machen. Jetzt müssen wir überlegen, wie und wo wir Integration finden können, das ist sehr wichtig für alle.
    Am Wichtigsten ist es, Deutsch zu lernen und zu sprechen, und danach leben wir in einer deutschen Gemeinschaft, nicht außerhalb, sondern mit den Deutschen. Aber wie können wir mit manchen Personen leben, die keinen Respekt vor unserer Meinung oder Angst vor uns haben? Wie können wir unsere Meinung ausdrücken, wie können wir mit Deutschen diskutieren, wie können wir einander zuhören, wie können wir einander verstehen?

    Zu diesen Fragen machen wir das Flüchtling-Magazin. Wir versuchen mit euch diese Fragen zu beantworten. Wir schreiben mit viel Respekt! Respekt bedeutet für uns auch, meine Meinung ist falsch, aber von der anderen Seite betrachtet ist sie vielleicht richtig. Deine Meinung ist richtig, aber von der anderen Seite gesehen vielleicht falsch. Aber vielleicht sind unsere Meinungen ungewöhnlich, weil wir aus einer anderen Kultur kommen. Vielleicht werden sie von uns oder von euch missverstanden, aber mit Respekt können wir einander verstehen. Flüchtling-Magazin möchte mit euch diskutieren über alles, über uns, über euch, über Integration, über Kultur, über Sport, über Essen, über….
    Und Flüchtling-Magazin geht auch zu Menschen, die Angst vor uns haben. Wir hören ihnen zu.
    Wir sind Geflüchtete, aber wir sind Menschen, normale Menschen, das bedeutet, wir haben sehr viele unterschiedliche Meinungen zu einem Thema. Wir sind nicht einer, aber viele, wir haben nicht einen Charakter, sondern jeder von uns hat einen Charakter. Jeder schreibt, was er oder sie denkt – nicht, was Geflüchtete denken.
    Schlussendlich arbeitet das Flüchtling-Magazin mit einem Motto, das lautet:
    “Das können wir miteinander (Deutsche und Geflüchtete, Schreiber und Leser) schaffen.”

     

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